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Kollege Hund: Willkommen im Team

Mensch und Hund – im Privatleben eine Kombination inniger Freundschaft und Anhänglichkeit! In immer mehr Büros ist der „Partner mit der kalten Schnauze“ schon als „Kollege Hund“ angekommen.

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von Regiomanager 17.05.2019
Ein Gewinn für das Team und die Produktivität: Kollege Hund im Büro (Foto: ©LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com)

Entspannt liegt Percy, der fünfjährige Golden Retriever, neben dem Schreibtisch, reckt sich und schaut von Zeit zu Zeit fragend hoch, als wollte er sagen: „Ist es nicht mal wieder Zeit für eine Arbeitspause?“ Ja, es ist Zeit dafür, und die unausgesprochene Aufforderung kommt mir gerade recht. Beim Spaziergang im nahe gelegenen Wäldchen kann ich mich bewegen, mal wieder das Gehirn durchlüften, schöpfe kreative Gedanken und merke, dass sich verschiedene Punkte, die mir zuvor am Schreibtisch als Probleme vorkamen, nunmehr überhaupt nicht so schwierig darstellen. Mit angeregtem Blutkreislauf und neuen Perspektiven gelingt mir der Blickrichtungswechsel auf meine Arbeit.

Stressreduzierte Work-Life-Balance

Die Zahl der Unternehmen, in denen Vierbeiner gern gesehen sind, nimmt kontinuierlich zu. Genau kann natürlich niemand sagen, wie viele Fellnasen in deutschen Büros täglich mit zur Arbeit gehen dürfen, um dort nachgewiesenermaßen das Arbeitsklima deutlich zu verbessern, aber ein gutes Indiz für die zunehmende Popularität des Trends ist der Aktionstag „Kollege Hund“, zu dem der Deutsche Tierschutzbund e.V. seit einiger Zeit jährlich aufruft. Quer durch alle Branchen haben sich zu diesem tierischen Schnuppertag in den letzten Jahren mehr als 1.000 Teilnehmer angemeldet, um einfach mal zu testen, ob sich beide Seiten ungestresst ein Büro teilen können. Die Bandbreite reichte dabei von Tierarztpraxen über Anwaltskanzleien oder Buchhandlungen bis hin zu Autohäusern und Reisebüros. Sie alle erhielten eine Auszeichnung als tierfreundliche Betriebe. Dass die Anwesenheit von Hunden eine besonders hilfreiche Wirkung haben kann, stellen bereits zahlreiche ausgebildete Therapiehunde in Pflegehäusern und Heimen unter Beweis. Mit der wachsenden Zahl an Bürohunden hält nun auch eine stressreduzierende Work-Life-Balance in vielen Firmen Einzug.
Zurück am Arbeitsplatz muss Percy erst einmal ausgiebig schlafen, nachdem er ein wenig gefressen und gesoffen hat. Zwischen 16 und 20 Stunden Ruhe benötigen Hunde am Tag. Wer also meint, der „Kollege Hund“ würde ständig um Aufmerksamkeit winseln, der irrt. Das hängt allerdings auch ein wenig von der Rasse ab und davon, wie gut der Hund schon von Frauchen oder Herrchen erzogen worden ist. Damit es im Büro nicht zu unerwünschtem Stress kommt, sollte es in der jeweiligen Firma eine breite Akzeptanz für das „Projekt Bürohund“ geben. Hundebesitzer, die ihren Vierbeiner mit zur Arbeit bringen möchten, sollten sich daher nicht nur um die Genehmigung des Arbeitgebers kümmern, sondern auch bei den Kolleginnen und Kollegen für Zustimmung sorgen. Der Nachweis eines Hundeführerscheins kann hier hilfreich sein. Denn ganz wichtig ist natürlich, dass sich bisher „tierlose Kollegen“ nicht belästigt fühlen. Im schlimmsten Fall können sonst Hundehaarallergien oder tiefsitzende Ängste vor einem Hund das Projekt beenden, noch bevor es begonnen hat.
Tipps und Hilfestellungen bei der richtigen Kommunikation und Herangehensweise bietet auch der Berliner Bundesverband Bürohund e.V., BVBH. Hundetrainer Markus Beyer hat die Organisation 2014 gegründet und verweist auf die positiven Effekte für die Gesundheit der Mitarbeiter: „Die psychischen Belastungen im Arbeitsleben sind in den letzten Jahrzehnten immens gestiegen. Chronischer Stress und Burn-out führen bei den Betroffenen oft zu einschneidenden Lebensveränderungen und kosten die Gesellschaft jährlich viele Milliarden Euro. Hunde im Büro bieten dazu eine echte Alternative. Aus meiner Sicht ist die Mensch-Hund-Einheit eine große Erfolgsgeschichte, die sich Unternehmen mehr denn je zunutze machen sollten.“ Denn unter dem Strich kann ein Bürohund zu einer deutlichen Senkung der Krankheitsausfälle und Arbeitsunfähigkeitstage beitragen. „Wir haben den Aufwand der unterschiedlichen Phasen des Burn-out-Krankheitsverlaufes eines Mitarbeiters mit bis zu 125.000 Euro je Fall berechnet. Neben der menschlichen Belastung einer solchen Erkrankung Grund genug, sich aktiv über Problemlösungen Gedanken zu machen“, so Markus Beyer.

Bürohunde steigern die Arbeitseffektivität

Für seinen Verband ist klar erwiesen, dass sich nicht nur die Produktivität derjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter enorm steigert, die ihre Hunde mit in das Büro bringen. Die Leistung des ganzen Unternehmens erhält durch ein gesünderes und motivierteres Personal einen ordentlichen Schub. Bereits 2012 hatte Professor Randolph T. Barker von der Virginia Commonwealth University wissenschaftlich nachgewiesen, dass Hunde im Büro signifikant den Stresslevel der Mitarbeiter senken. Als Professor für wirtschaftliches Management standen für ihn vor allem Faktoren der Effektivitätssteigerung von Unternehmen im Mittelpunkt seiner Untersuchungen. Das Ergebnis war eindeutig: Bürohunde sind einer dieser steigernden Faktoren. Doch was ist der Grund für die positive Auswirkung von Bürohunden auf unsere Leistungsfähigkeit? Eine Antwort auf die Frage ist: Hormone. Ganz konkret das Hormon Oxytocin. Angstlösend, beruhigend, blutdrucksenkend, stressmindernd, Verbesserung der Empathie und Verminderung von Depressionen – all das sind Eigenschaften, die dem Oxytocin zugewiesen werden. „Human-Human and Human-Animal Interaction“ nennt die schwedische Wissenschaftlerin Dr. Linda Handlin die Wechselwirkung zwischen unseren Hormonen bei der Anwesenheit von Hunden. Sie konnte nachweisen, dass die Hormonentwicklung von Oxytocin bei stillenden Müttern nahezu identisch ist zur Hormonentwicklung sowohl bei Menschen, die einen Hund streicheln, als auch beim gestreichelten Hund selbst, beschreibt der BVBH die Wirkungsweisen hinter dem Phänomen.
Mittlerweile hat Percy seinen ausgiebigen Mittagsschlaf beendet und kaut genüsslich auf seinem Spielknochen herum. Als ich aufstehe und meine Jacke anziehe, springt er vergnügt auf und ahnt schon, was nun auf ihn zukommt. Flink hüpft er in das Auto, denn auch zu vielen Kundenterminen darf er als vollwertiges Teammitglied natürlich mitfahren. Nur sehr selten sind Hunde bei meinen Kunden mal nicht erwünscht. Zumeist freuen sich die Angestellten dort schon auf den freundlichen Besuch, der neugierig alle begrüßt und sich über Streicheleinheiten sowie die freundliche Zuwendung der fremden Menschen überschwänglich freut. So ist bei fast jedem Termin das Eis schnell gebrochen und eine positive Gesprächsatmosphäre hergestellt.
Unternehmer und Angestellte, die künftig auch einen Bürohund zu ihrem Team zählen wollen, erhalten eine gute Übersicht über alle wichtigen Regeln eines friedlichen Work-together u.a. beim Bundesverband Bürohund e.V. „Als gemeinnütziger Verein setzen wir uns für die vereinfachte Zulassung von Bürohunden in Unternehmen ein. Mit unserer ehrenamtlichen Arbeit wollen wir Unternehmen und Mitarbeitern Informationen über die Integration eines Hundes im Unternehmen geben und ein Bewusstsein für die vielen Vorteile eines Bürohundes schaffen“, sagt Markus Beyer vom BVBH. Die Natur hat es im Laufe von Jahrtausenden des gemeinsamen Zusammenlebens von Mensch und Hund geschafft, beide Spezies so auszustatten, dass sie sich gegenseitig glücklich und gesünder machen. So gesehen eine Erfolgsgeschichte der Evolution, die es nun auch für die Wirtschaft neu zu entdecken gilt.
Emrich Welsing I redaktion@regiomanager.de

INFO

Aktionstag „Kollege Hund“
Für den 27. Juni 2019 ruft der Deutsche Tierschutzbund zusammen mit den örtlichen Tierschutzvereinen zum zwölften Mal zum Aktionstag „Kollege Hund“ auf. Herrchen und Frauchen sollen an diesem Tag die Möglichkeit bekommen, ihren Liebling mit ins Büro zu nehmen. Der Aktionstag soll zeigen, dass Job und Hund durchaus vereinbar sind, und mögliche Berührungsängste abbauen. Firmen-Anmeldung: www.tierschutzbund.de/aktion/kampagnen/heimtiere/kollege-hund

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