Management

Sich selbst entwickeln

Einmal das tun, was man sich immer schon mal trauen wollte! Der Psychologe Jens Corssen erklärt, wie man dahin kommt und warum es uns weiterbringt.

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von Regiomanager 25.11.2020
(Foto: ©nenetus – stock.adobe.com)

Stellen Sie sich vor, Sie springen auf einer belebten Fußgängerzone alle zehn Meter in die Luft und rufen laut „Kuckuck!“! Währenddessen denken Sie: „Wer hat hier eigentlich das Problem? Höchstens die irritierten Passanten, ich nicht!“

Glück ist eine Überwindungsprämie

Nein, das ist hier keine Anleitung zum Verrücktwerden, sondern der ernstzunehmende Vorschlag eines renommierten Verhaltenstherapeuten. Das Vorbild für diese Übung stammt zwar von der britischen Comedy-Gruppe Monty Pythons, die Idee dahinter ist jedoch ausgesprochen ernst. Psychologe und Coach Jens Corssen erklärt in seinem Buch „Ich und die anderen – Als Selbst-Entwickler zu gelungenen Beziehungen“, dass es uns im Zuge dieser „Übung“ allmählich gleichgültig wird, ob oder wie die anderen uns ansehen. Er nennt es „Desensibilisierung gegen das gesellschaftliche Grundrauschen“, „für einen kurzen Moment anders sein als die anderen.“ Ziel ist das Verknüpfen eines bewussten Abweisungsprozesses mit der positiven Wirkung, die unser Verhalten auf unsere Gefühle haben kann. Kurz gesagt: Ich fühle mich nach der Übung sogar besser als vorher, weil ich mich überwunden habe, sozusagen Endorphine im Blut habe, weil ich „Glück ist eine Überwindungsprämie“ gespielt habe.
Zugegeben, es kostet schon ein wenig Mut, sich so preiszugeben, schließlich ahnen die anderen nicht, dass es sich hier um einen kreativen Selbst-Entwickler handelt, der für sein noch ängstliches Selbst ein kleines Spiel spielt, um für andere, wirklich wichtige Situationen gerüstet zu sein. Dieser Selbst-Entwickler ist ein Persönlichkeitstyp, der durch Corssen zu einem der erfolgreichsten Coaching-Konzepte im deutschsprachigen Raum geworden ist.

Warum Selbst-Entwickler?

Die Philosophie des Selbst-Entwicklers schließt das Streben nach gelingenden Beziehungen ein: Der intelligente Selbst-Entwickler hat sich entschieden, andere nicht verändern zu wollen. Er beginnt mit der Veränderung bei sich selbst. Das reduziert Ohnmachtsgefühle und erzeugt Eigenmacht. Der selbstbestimmte Selbst-Entwickler übernimmt zu hundert Prozent die Verantwortung für seine Gestimmtheit. Sein wichtigster Satz: „Was ist, ist, und wie ich es beurteile, bestimmt mein Erleben und Tun.“ Der weise Selbst-Entwickler klagt nicht, er umgeht die Opfer-Rolle, die ihn schwächt. Er äußert seine Gedanken, Gefühle und Wünsche, aber ohne vorwurfsvollen Unterton. Er nimmt die Fahrt auf der Achterbahn des Lebens nicht als Zumutung, sondern als Trainingseinheit, frei nach dem Motto: „Die Situation ist mein Coach.“ Demzufolge kritisiert er auch nie Personen, sondern höchstens deren Verhalten. Mit dem unerschütterlichen Motto „Willkommen Tag, ich erwähle dich mit allem, was du mir bringst“ sorgt der Selbst-Entwickler für eine mentale Stabilität. Und wird damit zum Chef seiner Gedanken und seines Tuns. Er erhöht seine Eigenmacht – eine wichtige Voraussetzung für den entspannten und verständnisvollen Umgang mit anderen. „Auf die Dauer nimmt deine Seele die Farbe deiner Gedanken an.“ Mit dieser Aussage rät Jens Corssen zu einer gehobenen Gestimmtheit und einem positiven Lebensgefühl – weg mit Aggression und Konfrontation!
Voraussetzung für effektive Führung ist, sich selbst führen zu können. Deshalb ist das Credo des Selbst-Entwicklers, mit der Veränderung seines Denkens und Tuns bei sich selbst zu beginnen und gewappnet zu sein für schwierige Situationen. „Feuchte Hände und zittrige Knie sind die Anzeichen dafür, dass der Selbst-Entwickler seine Komfortzone verlässt und sich einer Herausforderung stellt, an der er wachsen kann“, so Corssen. „Wenn ich mit Leuten über ihre Karriere rede, dann fällt mir häufig auf, dass sie das, was sie an sich könnten, nicht erreicht haben, weil sie sich immer dann, wenn es drauf ankam, zurückgezogen haben. Weil sie Angst hatten, dass sie sich blamieren, wenn sie einen Vortrag halten oder wenn sie sich mal melden; wenn sie dem Chef widersprechen und sagen: ‚Mensch, ich sehe das ganz anders!‘“

Komfortzone verlassen

Es fehlt uns an Zivilcourage, an Mut. Wir nennen es „die Komfortzone verlassen“. Wenn wir uns nicht überwinden, wie sollen wir dann mehr bekommen? Jens Corssen zitiert eines seiner wichtigsten Credos: „Die Angst zeigt mir das Tor zu mehr.“ Also zu mehr Status, zu mehr Geld, zu mehr Verantwortung, zu mehr Freude, zu mehr Wachstum. Die Angst ist ein gutes Signal dafür, dass ich auf dem Weg zu mehr bin.
Nun sind wir in Zukunft stolz darauf, feuchte Hände und Herzklopfen zu haben und ängstlich zu sein. Denn wir wissen, dass wir dabei etwas erreichen können. Das heißt natürlich nicht, dass wir das immer erreichen. Jens Corssen sagt dazu: „Es ist gar nicht so wichtig, dass du es erreicht hast. Wichtig ist, dass du es gemacht hast.“ Man kann Angst letztlich nur verlernen, wenn man sich in die Angst-Situation hineinbegibt und so lange immer wieder etwas trainiert, bis es gar nicht mehr so schlimm ist, seinen Schrecken verloren hat. Also, ab in die Fußgängerzone!
Birgit Marx | redaktion@regiomanager.de

INFO

Jens Corssen, Diplompsychologe, Verhaltenstherapeut, Berater und Autor, gilt als einer der erfolgreichsten Trainer für Persönlichkeitsentwicklung und Zielerreichung. Zu seinen Klienten zählen Vorstandsmitglieder deutscher DAX-Unternehmen ebenso wie Spitzensportler. Jens Corssens Markenzeichen ist die von ihm entwickelte Philosophie und Praxis des Selbst-Entwicklers, die zu einem der erfolgreichsten Coaching-Konzepte im deutschsprachigen Raum avanciert ist. 2004 ist sein Longseller „Der Selbst-Entwickler. Das Corssen-Seminar“ erschienen. Jens Corssen lebt und arbeitet in München.
www.jenscorssen.com

TIPP

Merksätze des Selbst-Entwicklers


• Der Selbst-Entwickler wertschätzt andere, indem er sie nicht nach seinem Bildnis verändern will, ihre Einzigartigkeit anerkennt und sich bemüht, ihnen wertfrei zuzuhören.


• Vertrauen wirkt auf die zwischenmenschlichen Bindungen stärkend und Misstrauen schwächend. Dienen als Hedonismus, statt eigenmächtig sein eigenes Wohlbefinden zu verfolgen.


• Der Selbst-Entwickler hält inne und fragt sich: Was kosten mich auf die Dauer meine wütenden, destruktiven und traurigen oder enttäuschten Gedanken?

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