Management

Unternehmenssicherheit: „Mehr Angriffe auf Infrastruktur“

Überwachungssysteme wie Videoüberwachung, Sensortechnik, Bewegungs- und Einbruchmelder sollten nicht auf den Monitoren des Werkschutzes enden. Cyberattacken sind aktuell die größte Sorge für die globale Wirtschaft.

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von Regiomanager 21.11.2022
Videoüberwachung in der Industrie | Reinhold Häken

Die Bedrohung durch Ransomware-Angriffe, Datenschutzverletzungen und IT-Ausfälle beunruhigen die Unternehmen mehr als Geschäfts- und Lieferkettenunterbrechungen, Naturkatastrophen oder die Covid-19-Pandemie, heißt es im Risk Barometer, das der Industrieversicherer der Allianz AGCS veröffentlicht. In Deutschland reihen sich die Sorgen etwas anders. Hier fürchten die Unternehmen eine Betriebsunterbrechung (Platz 1 mit 55 % der relevanten Antworten) noch stärker als einen Cyberangriff (50 %). Naturkatastrophen (30 %) folgen vor Naturgefahren und Klimawandel (Platz 4 mit 21 %). Weniger Sorgen machen sich die Wirtschaftsbosse über Diebstahl, Betrug und Korruption (5 %). Jens Krickhahn vom AGCS ist überzeugt: „Wir werden mehr Angriffe auf Lieferketten und kritische Infrastrukturen erleben.“


„Umgehend aktiv werden“


„Bei den Ausgaben für IT-Sicherheit müssen die Unternehmen dringend zulegen. Die Erkenntnis, welche dramatischen Folgen ein erfolgreicher Angriff haben kann, ist längst da – den notwendigen Schutz davor gibt es aber nicht zum Nulltarif. Hier müssen Vorstände und Geschäftsleitungen umgehend aktiv werden“, warnt Bitkom-Präsident Achim Berg. Unternehmen müssen sich auf eine veränderte Gefahrenlage durch Cyberangriffe einstellen. Diesem Appell schließt sich der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) an. „Die aktuelle DIHK-Digitalisierungsumfrage zeigt, dass 60 Prozent der Unternehmen bislang nicht über einen IT-Notfallplan verfügen, der im Betrieb den Ablauf bei einem Cyberangriff regelt. Gerade kleine Betriebe sind zwar für das Thema IT-Sicherheit sensibilisiert, wissen aber häufig nicht, womit sie anfangen sollen.“ Für den DIHK steht fest: Ob beim Versand von E-Mails, in der Logistik oder im Umgang mit sensiblen Informationen und Kundendaten – überall ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten.


Daten-Diebstahl


Schließlich entsteht der deutschen Wirtschaft ein jährlicher Schaden von rund 203 Milliarden Euro durch Diebstahl von IT-Ausrüstung und Daten, Spionage und Sabotage. So geben zwei Drittel der Unternehmen (69 %) an, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten von Diebstählen von IT- und Telekommunikationsgeräten betroffen waren, ein Anstieg um 7 Prozentpunkte. 63 Prozent berichten vom Diebstahl sensibler Daten (plus 3 Prozentpunkte), bei 57 Prozent wurde digitale Kommunikation ausgespäht (plus 5 Prozentpunkte) und 55 Prozent sind von der digitalen Sabotage von Systemen oder Betriebsabläufen betroffen oder vermuten dies (plus 3 Prozentpunkte).


Bedrohung variiert


Doch es lauern nicht nur digitale Gefahren: Auch der Schutz vor Feuer, Naturkatastrophen, Einbrüchen, Diebstahl und Vandalismus muss vorbereitet sein. „Die Bedrohungsszenarien variieren. Jeder Standort hat seine eigenen örtlichen Gegebenheiten. Sie spielen für die Auswahl passender Sicherheitssysteme eine entscheidende Rolle“, beschreibt es Michael Simon. Als geschäftsführender Gesellschafter von ZABAG Security Engineering leitet er ein Unternehmen, das weltweit zu den führenden Anbietern für Hochsicherheitslösungen und Zugangsanlagen im Außenbereich zählt. „Alarmsysteme wie Brandmeldeanlagen oder Gasdetektoren müssen im Gefahrenfall sofort einen Alarm auslösen – vor Ort, auf den Rechnern und mobilen Endgeräten des Personals, in der Sicherheitsleitstelle und gegebenenfalls auch bei der Feuerwehr oder Polizei“, verdeutlicht Simon. Dafür sei es notwendig, dass sie in Echtzeit mit den anderen Systemen kommunizieren. Das könne beispielsweise das Zutrittskontrollsystem des betroffenen Bereichs sein, das dann sofort die Fluchtwege öffnet, oder das Produktionsmanagementsystem, das bei bestimmten Anlagen eine Notabschaltung durchführt. „Überwachungssysteme, darunter Videoüberwachung, Sensortechnik, Bewegungs- und Einbruchmelder, sollten ebenfalls nicht auf den Monitoren des Werkschutzes enden“, ist der Diplom-Ingenieur überzeugt. „Bei Unregelmäßigkeiten müssen sie sofort informieren, bei Verdacht eines unberechtigten Zugangs Türen zu besonders sensiblen Bereichen verriegeln oder zusätzlich ein Passwort fordern“, zeigt Simon Grundlagen der Sicherungsmaßnahmen auf.


Technik macht Fahrt


Die Technik ist in der Sicherheitsbranche auf dem Weg zu einem neuen Level. „Vor sechs Jahren lag der Anteil der Umsätze mit technischem Einsatz bei nahe null. Heute steht die Branche bei 30 Prozent“, sagt Herwarth Brune, früherer Deutschland-Chef von Securitas. Ein Grund seien auch die Schwierigkeiten der Sicherheitsdienste, Personal für Aufgaben wie Gebäudesicherung, Passagierkontrollen oder Werkfeuerwehren zu finden. Viele Aufgaben ließen sich in der geschickten Kombination von Personal und technischen Hilfsmitteln besonders effizient erledigen, sagt Brune. So könnten Sensoren und Wärmebildkameras große Komplexe und Gelände bei allen Licht- und Wetterverhältnissen im Blick behalten. Eine Rund-um-die-Uhr-Kontrolle mit Fernüberwachung lasse sich von Kontrollzentren aus wirkungsvoll organisieren, je nach Lage verstärkt durch Wachpersonal vor Ort. „Persönliche Präsenz ist wichtig, aber Menschen können nun mal nicht im Dunkeln um die Ecke schauen“, meint Brune.


Brandmeldetechnik vorn


Er und die Branche müssen sich heute mit Mikrowellenbarrieren, Radarsensorik und Infrarotmeldern arrangieren. Bodendetektionssysteme, Zaunmeldesysteme, Lichtwellenleiter, aber auch Schreckdraht kommen auf Gewerbe- und Industrieflächen zum Einsatz. Brandmeldetechnik ist dabei das mit Abstand größte Gewerk der Sicherheitstechnik, umgesetzt werden 2,3 Milliarden Euro. Überfall- und Einbruchmeldeanlagen konnten 2021 einen Umsatz von 875 Millionen Euro erzielen. Videosysteme kommen auf 700 Millionen Euro. Zutrittssteuerungssysteme haben sich auf 420 Millionen Euro eingependelt. Zusammen mit sonstigen Technologien, wie Rufanlagen, Fluchttürsysteme, Personenhilferuf und weitere Systeme und Komponenten, setzt die Branche fünf Milliarden Euro um und verdeutlicht damit die Bedeutung von Sicherheitstechnik. Dazu addiert sich der Umsatz mit Sicherheitsdienstleistungen. Private Anbieter beschäftigen bundesweit 266.400 Mitarbeiter, nahezu zehn Milliarden Euro setzt die Branche um.Reinhold Häken
| redaktion@regiomanager.de

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