Herausforderung Unternehmensübergabe

Rund 27.000 deutsche Familienunternehmen stehen bis Ende 2018 jedes Jahr vor einem Generationswechsel. Nicht immer gelingt ein reibungsloser Stabwechsel.

Foto: © cirquedesprit – stock.adobe.com
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Da die Unternehmensgründer aus der Babyboomer-Generation derzeit in das Ruhestandsalter kommen, wird die hohe Zahl der Unternehmen, bei denen ein Stabwechsel ansteht, in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen. Die Nachfolgefrage wird zu einer immer drängenderen Herausforderung: 45 Prozent der Senior-Firmenchefs in Deutschland finden keinen geeigneten Kandidaten zur Stabübergabe. Dies geht aus dem Report „Unternehmensnachfolge 2016“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) hervor. Wird die Unternehmensnachfolge zu spät geregelt, kann die Existenz des Unternehmens auf dem Spiel stehen. Viele Unternehmer setzen sich jedoch nicht rechtzeitig mit den Nachfolgeregelungen auseinander, sondern schieben diese hinaus. Vielfach wird die Komplexität des Übergabeprozesses, der manchmal mehrere Jahre andauern kann und mit einem hohen Informationsbedarf verbunden ist, unterschätzt. Es gilt daher, den Stabwechsel nicht hinauszuzögern, bis es irgendwann zu spät ist. Denn wird kein passender Nachfolger gefunden, kann schlimmstenfalls die Schließung des Betriebs drohen.

Veränderte Voraussetzungen

Bei den familiengeführten Unternehmen ergibt sich folgendes Bild: Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn stehen hierzulande bis Ende 2018 jedes Jahr rund 27.000 Familienunternehmen vor einem Generationswechsel. Allerdings werden nur 50 Prozent der Unternehmen an die Kinder oder zumindest im Familienkreis übergeben. „Ich würde nicht sagen, dass es heute unbedingt schwerer ist, das eigene Unternehmen auf einen Nachfolger in der Familie zu übertragen“, erklärt Sabine Rau, Professor of Entrepreneurship and Family Business am King‘s College London. Allerdings hätten sich in den vergangenen Jahrzehnten die Faktoren, die auf eine Unternehmensnachfolge einwirken, grundlegend verändert. „Ein wichtiger Aspekt ist, dass das eiserne Prinzip des ältesten Sohnes als einzig möglichem Firmenerben heute nicht mehr existiert“, so Professor Rau. Der Bruch mit dem alten Prinzip macht eine Firmenübergabe allerdings nicht immer einfacher. „Man muss ja bedenken, dass es in einer Unternehmerfamilie oft viele Kinder gibt, manchmal aus mehreren Ehen“, erklärt die Expertin. Auch wenn sich der Senior bemühe, alle gleich zu behandeln und sie bei der Nachfolge gerecht zu bedenken, komme es leicht zu Eifersucht und Streitigkeiten. Für die betroffenen Unternehmer ist das eine schwierige Situation.

Thematik bleibt komplex

Eine weitere Studie vom Oktober 2016, die die nordrhein-westfälischen IHKs in Zusammenarbeit mit TNS Emnid und der FHDW Paderborn/Bielefeld durchgeführt hatten, deutet darauf hin, dass viele Unternehmer erst dann konkrete Vorstellungen von der Komplexität der Nachfolgersuche haben, wenn sie sich intensiv mit dem Thema befassen. Gehen Unternehmer, die sich noch nicht mit dem Stabwechsel beschäftigt haben, nur zu 35 Prozent davon aus, dass ihr Unternehmen in Familienhand bleibt, haben sich 66 Prozent der Inhaber, die schon an der Übergabe arbeiten, für eine interne Lösung entschieden, wie die Studie ergab – ein weiteres Indiz dafür, dass Unternehmer die Übergabe anfangs anders einschätzen. Laut der landesweiten Studie fühlt sich zudem nur knapp die Hälfte der Unternehmer zu Beginn des Nachfolgeprozesses gut oder gar sehr gut vorbereitet. Die Statistik zeigt also, dass es angebracht ist, die Übergabe frühzeitig zu planen. Unternehmer sollten dieses Thema idealerweise ab dem 55. Lebensjahr angehen. Nicht immer lässt sich ein Nachfolger in der eigenen Familie finden. In diesem Fall bleibt dem Unternehmer die Möglichkeit, einen vertrauten Mitarbeiter zum Nachfolger zu bestimmen oder aber das Unternehmen an Investoren oder Wettbewerber zu verkaufen. In jedem Falle gilt: Frühzeitig handeln!

Miriam Leschke | redaktion@suedwestfalen-manager.de

Ausgabe 05/2017