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Personalberatung 4.0: Headhunter versus KI

Ersetzt die künstliche Intelligenz (KI) bald den Headhunter? Wir haben die Arbeitsschritte des Führungskräfte-Recruitings seziert, um zu klären, wo Platz für die KI ist.

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von Klaus Dr. Heimann 22.05.2025
(© master1305 – stock.adobe.com)

Der Arbeitsmarkt ist in Bewegung: Die Zahl der Arbeitslosen steigt, sie erreicht knapp die Drei-Millionen-Marke. Jeden Monat sinkt die Zahl der Industrie-Arbeitsplätze um 10.000, meldet die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Zur gleichen Zeit suchen Betriebe unverändert qualifizierte Fachkräfte. Gute Führungskräfte sind besonders begehrt.

Die Suche nach den geeigneten Chefs ist immer schon diffizil und deshalb eine Domäne von Headhunting. „Was zählt, sind persönliche Kontakte zu den Firmen und zu potenziellen Kandidaten“, sagt Kaan Bludau, Gründer und Geschäftsführer der Personalberatung Bludau Partners Executive Consultants GmbH in Frankfurt am Main. Trotzdem sei beim Headhunting nicht mehr alles so wie früher: Künstliche Intelligenz (KI) verändert auch dieses Business: Neben persönliche Netzwerke und menschliche Intuition trete zunehmend auch das Thema KI, welche es sinnvoll zu verknüpfen gelte, weshalb Bludau kürzlich das KI-Unternehmen Gemini Executive Search übernommen hat. Letztlich macht aber nicht die neue digitale Technik den Unterschied zwischen einem schlechten und einem guten Headhunter. „Schlechte Berater stellen keinen persönlichen Draht zu den Talenten her, sondern überziehen sie inflationär mit Mails oder LinkedIn-Nachrichten. Sie geben der kontaktierten Person dadurch das Gefühl, sich überhaupt nicht über sie informiert zu haben. Und häufig stimmt das leider auch“, kritisiert Bludau. Häufig passen die Kontaktierten gar nicht ins gesuchte Profil für die jeweilige Managementposition. „Gute Headhunter schaffen über persönliche Kontaktaufnahme sowie professionelle Dialoge Vertrauen und Orientierung.“ Das sei zwar aufwendiger als der schlichte Kontakt via Nachrichten-Funktion in einem Karrierenetzwerk, zahle sich aber für beide Seiten aus.

Um die Möglichkeiten von KI beim Recruiting von Führungskräften abzuschätzen, muss man die Arbeitsschritte des Headhuntings verstehen. „Zuallererst geht es darum, dass der Berater, zusammen mit seinem Auftraggeber, ein Verständnis für die Unternehmenskultur, die strategische Ausrichtung der Firma und die gewünschten Managementfähigkeiten entwickelt“, beschreibt Bludau den Ausgangspunkt.

 

Der Headhunter entwickelt das passgenaue Anforderungsprofil

Um sich vorbereitend einen Überblick über den Kunden zu verschaffen, kann die KI helfen. „Aber die eigentliche Arbeit, das Verständnis für die jeweilige Firma zu entwickeln, mit all ihren Nuancen und kulturellen sowie fachlichen Besonderheiten, kann sie nicht erledigen.“ Gute Headhunter entwickeln aus ihren Recherchen ein passgenaues Anforderungsprofil der gesuchten Führungskraft.

Danach erstellt der Headhunter eine Liste aller relevanten Kandidaten zusammen. Bei der Suche kann ein KI-Tool helfen. Denn: Die KI-Technologie ermittelt und analysiert Informationen aus internen Quellen, Datenbanken und über frei zugängliche Kanäle wie Internet, Social Media und aus Kundenanforderungen.

Nach der Vorstellung der möglichen neuen Aufgabe durch den Berater und dem gezeigten Interesse des Kandidaten gibt es nach dem Erstkontakt ein ausführliches telefonisches Interview oder einen Chat. Im Gespräch geht es dann um die erfolgskritischen Anforderungen (Key Performance Indicators (KPIs)), um Unterlagen und Referenzen.

 

Berater können mehr als die KI

„Man kann nur persönlich die Werte herausfinden, für die ein Mensch eintritt. Welche Motivation ihn antreibt. Oder wieso er eine Position annehmen will, die möglicherweise weit weg von der Familie ist oder von dem, was die Person vorher gemacht hat“, erläutert Bludau. Eine KI kann das nicht. Und ob die neue Führungskraft nachhaltig und erfolgreich im neuen Unternehmen agiert, kann bestenfalls der Berater abschätzen.

Die gesammelten Daten sind die Grundlage für ein Ranking (Scoringsystem) der potenziell geeigneten Kandidaten. Es berücksichtigt wichtige Einflussfaktoren, wie Vorerfahrung, Kompetenzen, Führungsstile, Werte, Motive, Erwartungen und die Wechselbereitschaft. Bei der Erstellung des Rankings hilft die KI. Die Daten werden anschließend in persönlichen Gesprächen des Beraters mit dem Kandidaten validiert sowie nochmals mit dem Anforderungsprofil abgeglichen. Dieser Ansatz des Headhuntings ermöglicht schnelle Einschätzungen und Empfehlungen.

Die Recherche endet im Executive Assessment Report. Er hält fest, wie die Übereinstimmungen der verbliebenen Kandidaten mit dem Anforderungsprofil sind.

 

Die KI kann helfen

Der Headhunter präsentiert dann dem Kunden den Kandidaten. Auf Wunsch des Kunden können es auch mehrere sein. Der Berater moderiert die Präsentation des Kandidaten beim Kunden und – wenn man sich dort einig wird und zusammenfindet – auch die anschließenden Vertragsverhandlungen. Um eine nachhaltig gute Zusammenarbeit in den ersten Monaten zu pflegen, sollte der Kontakt zur Firma und der vermittelten Führungskraft nicht abbrechen.

Aus den skizzierten Arbeitsschritten des Headhunters lässt sich ableiten: Die KI kann nicht den kompletten Job des Beraters übernehmen, aber sie kann helfen bei der Strukturierung von Bewerbungen und bei der Kommunikation. „Die Stärken von Headhunter wie die menschliche Intuition, soziale Kompetenz und Empathie ersetzen sie allerdings auch auf lange Sicht nicht.“ Diese Komponenten seien unerlässlich, insbesondere bei der Beurteilung von Soft Skills und der kulturellen Passung: Passt die neue Führungskraft zur Firma.

 

Win-win-Situation nutzen

„Die KI-Tools sind darauf ausgelegt, Prozesse von Headhunting zu vereinfachen, zu beschleunigen und qualitativ zu verbessern“, erklärt Bludau. Sie seien eine Erleichterung für den Berater, um die richtigen Kandidaten für die zu besetzenden Positionen zu finden.

Aber: Die persönlichen Kontakte, Gespräche und auch offenbar das viel beschworene „Bauchgefühl“ bleiben unverzichtbar. Schließlich geht es meist um Jobs auf der obersten Führungsebene. Da braucht es Chefs, die motiviert, überzeugt sind und die nötige Eignung haben.

Am Ende ist es offenbar eine Win-win-Situation: Es bleibt für den Berater mehr Zeit, um strategische Aufgaben anzupacken. „KI kann einen guten Headhunter nicht ersetzen. Und auch wenn die Technologie künftig weiter voranschreitet: Ein Kandidat wird bei so einer so sensiblen und wichtigen Entscheidung für den weiteren Lebensweg und Karriere immer auf dem menschlichen Gegenüber setzen. Und die Unternehmen, die diesen Personen so wichtige Führungsverantwortung und Entscheidungsmacht anvertrauen, erst recht“, resümiert der Headhunter.

Dr. Klaus Heimann | redaktion@regiomanager.de

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