Management

Lieferkettenmanagement: Netzwerke in Lieferketten

Das Lieferketten-Gesetz stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Was kann man tun, um sich darauf vorzubereiten?

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von Birgit Marx 16.11.2023
(© ­­­deagreez − stock.adobe.com)

Zuallererst ein Hinweis: Eine Lieferkette oder auch Supply Chain genannt, ist keine tatsächliche Kette, sondern eher ein Netzwerk von Akteuren, die entlang der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten, um Produkte herzustellen und an Kunden zu liefern. Die Globalisierung der Wirtschaft und der zunehmende Kostendruck haben dazu geführt, dass Unternehmen viele Produktionsschritte in weit entfernte Länder verlagert haben. Ein T-Shirt legt heute teils 18.000 Kilometer zurück, bis es in unseren Schränken landet. Mittlerweile basieren rund 80 Prozent des Welthandels auf globalen Lieferketten und bilden die Existenzgrundlage für mehr als 450 Millionen Menschen.

Gut für Mensch und Umwelt

Um den Schutz der Menschenrechte entlang globaler Lieferketten zu verbessern, Kinder- und Zwangsarbeit zu verhindern und gefährliche Stoffe für Mensch und Umwelt zu verbieten, haben sich das Bundesentwicklungsministerium, das Bundesarbeitsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium im Februar 2021 auf den Entwurf für ein Lieferkettengesetz geeinigt. Das Gesetz mit dem offiziellen Namen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wurde am 25. Juni 2021 vom Bundesrat gebilligt und gilt ab 2023 zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ab 2024 dann für Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Verantwortung und Erfolg

Unternehmen wie der deutsche Hersteller von Outdoor-Bekleidung VAUDE setzen sich seit Jahren öffentlich für Lieferkettengesetze ein und haben bereits vor der Gesetzesänderung Verantwortung in globalen Lieferketten übernommen. Denn das Fehlen gesetzlicher Mindeststandards für soziale und ökologische Aspekte unterstützt nicht nur die Ausbeutung von Menschen und Natur, sondern schafft auch Wettbewerbsnachteile für Unternehmen wie VAUDE, die sich bereits seit Jahren freiwillig für faire und umweltfreundliche Produktionsbedingungen weltweit einsetzen. VAUDE begrüßt die verpflichtende Sorgfaltspflicht für Unternehmen in der Europäischen Union. “Wir setzen uns für ambitionierte, schnell wirksame und verbindliche Standards für mehr Nachhaltigkeit auf EU-Ebene für möglichst viele Unternehmen ein”, so Antje von Dewitz, Geschäftsführerin von VAUDE. “Das EU-Lieferkettengesetz Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) ist eine wichtige Entscheidung, die mir sehr am Herzen liegt. Es kann ein echter Game-Changer werden, weil nun auch ökologische Faktoren berücksichtigt sind und mehr Unternehmen als im deutschen Gesetz in die Pflicht genommen werden sollen. Ich sehe vor allem die große Chance, dass nun mehr Akteure gemeinsam aktiv werden und echte Verbesserungen in den Lieferketten voranbringen”, so Antje von Dewitz. Trotz der höheren Kosten engagiert sich VAUDE seit langem konsequent für höhere soziale und ökologische Standards in der Lieferkette. “Wir zeigen, dass es möglich ist, Verantwortung zu übernehmen und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich zu sein”, so Antje von Dewitz.


Maßnahmen für erfolgreiche Lieferketten
Die wichtigste Frage, wenn es um das Thema Supply-Chain geht: Wie schaffe ich es, meine Produktion effektiv zu sichern?

Einkaufsstrategien möglichst breit aufstellen Wer sich nicht nur auf einen Stammlieferanten verlässt, sondern Verträge mit verschiedenen Lieferfirmen schließt, kann flexibler agieren. Vor allem dann, wenn die Lieferanten auf verschiedene Regionen verteilt sind.

Auf Netzwerke setzen Auch Konkurrenzunternehmen können gezielt zusammenarbeiten, um beispielsweise Frachtraum gemeinsam zu nutzen und auf diese Weise Kosten zu senken. Hier gibt es viele Möglichkeiten, Synergien zu nutzen, zum Beispiel bei Schnittmengen mit anderen Unternehmen. In der Pharmaindustrie können beispielsweise teure Kühltransporte gemeinsam genutzt werden.

Wieder mehr selbst machen Wer ursprünglich extern vergebene Aufträge wieder selbst erledigt, kann freier agieren. Beispielsweise wenn die Herstellung von Vorprodukten zurück ins eigene Unternehmen verlagert wird. Gibt es Möglichkeiten, ausgelagerte Prozesse wieder einzugliedern? Welche Produktionskomponenten können gegebenenfalls selbst hergestellt werden? Dabei sollte gut kalkuliert werden, ob die eventuell entstehenden Mehrkosten und Aufwände die vermeintliche Unabhängigkeit rechtfertigen.

Lagerkapazitäten ausbauen Wer seine Lagerbestände gezielt ausbaut, kann auftauchende Beschaffungsrisiken vermeiden und seine Produktion absichern. Bei einem Zentrallager ist der Automatisierungsgrad oft höher und daher der Verwaltungsaufwand geringer. Dezentrale Lager sind strategisch-geografisch verteilt und möglichst nah am Kunden. Immer beliebter werden auch sogenannte Konsignationslager, bei denen der liefernde Unternehmer Eigentümer der eingelagerten Ware bleibt, unabhängig davon, ob das Lager von ihm selbst, dem Abnehmer oder einem Dienstleister unterhalten wird.

Prozesse digitalisieren Die Digitalisierung von Prozessen kann dazu beitragen, diese möglichst effektiv zu gestalten und Übertragungsfehler durch Medienbrüche zu verhindern. In der Logistik können mittels Künstlicher Intelligenz (KI) auch Lieferverzögerungen frühzeitig erkannt werden. Eine digitalisierte Bestandsaufnahme– mithilfe von Scannern oder Sender-Empfänger-Systemen (RFID-Technologie) – hilft, den Überblick zu behalten.

Alles im Blick behalten Auch kleinste Probleme können Lieferketten empfindlich beeinträchtigen. Daher kommt es darauf an, die Lieferanten immer im Blick zu haben: Wo und wie produzieren sie? Wie sind sie (finanziell) aufgestellt? Drohen Lieferengpässe? Enge Partnerschaften mit Lieferanten können helfen, um sich auszutauschen und gegenseitige Sicherheit zu gewährleisten.

Auf externe Spezialisten zählen Ein frischer Blick auf eingefahrene Prozesse kann Schwachstellen identifizieren und beseitigen. Logistik- und Lieferkettenexperten helfen dabei, Nachfrageschwankungen aufzudecken, Prognosefehler zu erkennen, Prozesse zu verschlanken und Digitalisierungspotential aufzudecken. Die Kosten eines solchen Beraters können sich rechnen.

Rückverlagerung In der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass die zunehmende Globalisierung für deutliche Lieferschwierigkeiten sorgen kann. Lieferketten in Heimatregionen zurückzuholen, kann eine Lösung sein, wenn nicht höhere Produktionskosten verbunden zu einer Verteuerung der Produkte führen und die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen.

Ein Frühwarnsystem schaffen Mithilfe von analytischen Lösungen können Supply-Chain-Bedrohungen bereits früh erkannt werden. Beispielsweise, indem bestimmte Technologien aus Signalen und Datenquellen mögliche Risiken in Echtzeit erkennen. Oder, indem Nachrichten semantisch analysiert und auf Risiken geprüft werden. Eine Analyse des Liefer- und Zahlungsverhaltens und die Feststellung möglicher Auffälligkeiten – durch Wechsel der Bankverbindung – können Hinweise auf eine drohende Insolvenz geben.

Liquidität sichern Lieferantenkredite können die Liquidität eines Unternehmens gefährden. Wenn der Geschäftspartner das vereinbarte Zahlungsziel nicht einhält, stellt dies ein großes Risiko dar. Mit Hilfe einer Kreditversicherung, auch Warenkreditversicherung, kann dieses Risiko abgesichert werden. Sie greift bei Nichtzahlung oder wenn der Geschäftspartner insolvent ist.

 

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