Personal

Flexibilität und Entlastung

Welche Vorteile können die Services von Personaldienstleistern Unternehmen bieten und wie steht die Branche aktuell da? Eine Übersicht.

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von Regiomanager 01.07.2016
Foto: ©Coloures-pic – stock.adobe.com

Das
Hauptbetätigungsfeld der Personaldienstleister – die kurzfristige
Vermittlung von Arbeitskräften – kann Unternehmen viel mehr bieten als
die reine Möglichkeit, auf Produktionsspitzen oder Ausfälle zu
reagieren. Es sind vor allem Effekte der Flexibilisierung, welche den
ausleihenden Firmen zugutekommen. Kosteneinsparungen im Personalwesen
und der Verwaltung bringen wirtschaftliche Vorteile. Der Entleiher zahlt
schließlich nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden der
Leihkräfte, während der Personaldienstleister die Sozialabgaben sowie
die Lohnfortzahlungen bei Krankheit und Urlaub übernimmt. Hinzu kommt,
dass die betriebliche Organisation eines Unternehmens durch den Einsatz
von Leiharbeitern strukturell entlastet werden kann.

Unverzichtbares Instrument

Seit
den 1970er-Jahren existiert die Branche der Personaldienstleister in
Deutschland und wächst seitdem kontinuierlich. Im November 2015 zählte
das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln rund 865.000 Beschäftigte,
die als Zeitarbeiternehmer im Einsatz waren. Das ist zwar ein geringer
Anteil von gut zwei Prozent der Erwerbstätigen insgesamt, doch dieser
kann bis zu 15 Prozent des Wirtschaftswachstums ausmachen. Unter den
derzeit bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten offenen
Arbeitsstellen ist knapp ein Drittel in Zeitarbeit (32,1 Prozent). Diese
Quote ist bereits seit mehreren Jahren stabil. „Die Flexibilität durch
Zeitarbeitnehmer ist in einer modernen Wirtschaft enorm wichtig.
Betriebe erhalten durch Personaldienstleistungen aber nicht nur
passgenau das von ihnen benötigte Personal, sie müssen auch nicht selbst
nach Mitarbeitern suchen, sondern können das Personaldienstleistern
überlassen. Das ist gerade für kleine und mittelständische Unternehmen
ohne eigene Personalabteilung ein nicht zu unterschätzender Vorteil“,
erklärt Thomas Hetz, Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbandes
der Personaldienstleister (BAP).
Die Personaldienstleistungsbranche
hat in den letzten Jahren einen Wandel durchgemacht. Nachdem sie in der
Vergangenheit vornehmlich die Nachfrage um die Vermittlung
geringqualifizierter Hilfskräfte bedient hatte, verschob sich der Fokus
bald auf die Fachkräfte. Dass Zeitarbeit nur Geringqualifizierten
Beschäftigungschancen bietet, war für Thomas Hetz vom BAP schon immer
eher ein Vorurteil, das der Branche anhaftete: „Den klassischen
Zeitarbeitnehmer gibt es nicht, stattdessen lieferte die Branche immer
einen Querschnitt durch die gesamte Arbeitswelt. Lageristen,
Krankenpfleger, Techniker, Buchhalter, Bürokaufleute, IT-Techniker und
Ingenieure finden in der Zeitarbeit Beschäftigung. Es gibt also kaum
eine Branche und Berufsgruppe, die nicht von Personaldienstleistungen
profitieren kann.“ So ist Zeitarbeit heute auch bei Akademikern eine
Option für den Karrierestart geworden. Personaldienstleister bieten
ihnen Beschäftigungsverhältnisse an, die sich kaum mehr von
Direktanstellungen unterscheiden, womit die Bedeutung von Zeitarbeit
steigt.

„Kritik an Leiharbeit veraltet“

Einige
Unternehmen unterhalten dauerhaft Leiharbeiter. Solche Umstände riefen
schon immer Kritiker in Gesellschaft wie Politik auf den Plan.
Leiharbeit ziehe eine Prekarisierung von Arbeitnehmern nach sich, führe
zu Ungleichheiten und Zwietracht in der Belegschaft oder sei pure
Einsparungspolitik. Gegen solche Vorwürfe wehrt sich die Branche.
Immerhin sind die Löhne von Leiharbeitern in den vergangenen Jahren
gestiegen. Seit 2014 wurde mit den DGB-Gewerkschaften ein
allgemeinverbindlicher Mindestlohn für Zeitarbeiter von 8,50 Euro im
Westen vereinbart, der dann stufenweise zum 1. April 2015 sowie zum 1.
Juni 2016 angehoben worden ist (zuletzt von 8,80 Euro auf 9,00 Euro im
Westen). Zusätzlich gibt es in der Zeitarbeit ein spezielles System von
Branchenzuschlagstarifverträgen in insgesamt elf Wirtschaftsbereichen.
Auch der längerfristige Einsatz von Zeitarbeitnehmern sei eine Ausnahme,
so Thomas Hetz. „Die Kritikpunkte stimmen so einfach nicht. Die ganz
überwiegende Anzahl der Einsätze ist im wahrsten Sinne des Wortes
vorübergehend. Leider werden Ausnahmen aber medial immer wieder
hochgejazzt. Eins ist jedenfalls sicher: Unternehmen verlagern niemals
ihre Kernkompetenzen und -aufgaben in Richtung Zeitarbeit“, so der
Hauptgeschäftsführer des BAP. Aktuell stellen vor allem die Pläne von
Union und SPD die Branche vor Herausforderungen. Denn der neue
Gesetzentwurf zur Leiharbeit von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles
(SPD) sieht neue Regelungen, wie z.B. eine Höchstüberlassungsdauer von
18 Monaten, vor.

Nahles-Gesetzentwurf

Anfang
Juni hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Bekämpfung des
Missbrauchs bei Leiharbeit bzw. Zeitarbeit und Werkverträgen
beschlossen, mit dem Zeitarbeitern mehr Rechte zugesprochen werden
sollen. Diese sollen tatsächlich nur noch temporär bei einer Firma
arbeiten und schneller das gleiche Gehalt bekommen wie Festangestellte
in gleicher Position. Zudem soll unterbunden werden, dass durch
Werkverträge Zeitarbeiter „unter der Hand“ eingestellt werden.
Rückenwind bekam Nahles u.a. vom DGB und der Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände, Kritik kam dagegen von der Opposition:
Diese befürchtet ein „Personalkarussell“ dahin gehend, dass der gleiche
Arbeitsplatz nach 18 Monaten mit immer neuen Leiharbeitern besetzt
werden darf. Die betroffenen Firmen sind ebenfalls gespaltener Meinung.
Denn gerade Unternehmen mit längeren Produktionszyklen, bei denen auch
Leiharbeiter für mehr als 18 Monate gebraucht werden, kommen durch den
Gesetzentwurf in Bedrängnis. Das Gesetz tritt nach Plan Anfang 2017 in
Kraft. Thomas Hetz hat zum neuen Gesetzentwurf von Andrea Nahles eine
eindeutige Meinung: „Der BAP lehnt das Gesetzesvorhaben zur Zeitarbeit
ganz klar ab. Angesichts des geringen Anteils der Zeitarbeitnehmer von
nur zwei Prozent am Gesamtarbeitsmarkt und des Flüchtlingszuzugs ist das
Gesetz unnötig, aus der Zeit gefallen und kontraproduktiv für den
Wirtschaftsstandort Deutschland.“

Teils gravierende Mängel

Auch
die Personaldienstleister selbst stehen dem Gesetzentwurf skeptisch
gegenüber und bemängeln dessen Umsetzung. So lautet der Grundtenor der
Kritik, dass die Höchstüberlassungsdauer willkürlich festgelegt und
eindeutig zu kurz sei. Zusätzlich müsse der Begriff Equal Pay viel
genauer definiert werden. Denn bisher fasst er alles zusammen, was als
Entgelt bemessen wird, z.B. auch Subventionen des Arbeitgebers. Hierin
sehen die Zeitarbeitsfirmen eine große rechtliche Unsicherheit. Was die
Equal Pay-Regelung zusätzlich infrage stellt, ist der Umstand, dass in
den meisten Branchen bereits der Branchenzuschlag tariflich geregelt
ist. Hier greift das Gesetz zu spät. Die Bundesrechtsanwaltskammer erhob
zudem Ende Juni in einer Stellungnahme für den Bundestagsausschuss
Arbeit und Soziales „erhebliche Bedenken zur Verfassungsmäßigkeit“ des
Nahles-Gesetzentwurfs. Unter anderem wird die Begrenzung der
Überlassungsdauer auf maximal 18 Monate als Verstoß gegen das
Grundgesetz erachtet, weil sie – gemessen an den gesetzgeberischen
Zielen – unverhältnismäßig sei und daher verfassungswidrig in die
Grundrechte der unternehmerischen Freiheiten eingreife. Allgemein, da
sind sich die meisten Betroffenen einig, bedeutet das Gesetz wohl einen
Mehraufwand an Bürokratie für etwas, das bereits geregelt war. Miriam Leschke | redaktion@regiomanager.de

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