Sonder-Themen

Warum eigentlich Südwestfalen?

Der Versuch zu verstehen, warum ausgerechnet hier mehr als 150 Weltmarktführer zu Hause sind

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von Regiomanager 01.07.2016
Hoch über dem Bosporus: Die 1400 Meter lange Brücke wird durch Schraubverbindungen der ITH GmbH aus Meschede getragen – einem von 154 Weltmarktführern aus Südwestfalen.

„Topiel 11“ zählt zu den exklusivsten Adressen Warschaus. Hier, nur einen Steinwurf vom Ufer der Weichsel entfernt, steht das „Piano House“. Granit, Quarzstein und Onyx verleihen dem ohnehin imposanten Gebäude eine eindrucksvolle Optik. Die 68 Luxuswohnungen garantieren höchsten Wohnkomfort. Wer aber bislang in seinem Appartement Entspannung suchte, wurde durch Schwingungen gestört, die von der U-Bahn-Linie der Metro verursacht wurden. Wenn die Züge zwischen “Rondo Daszy?skiego“ und dem westlichen Bezirk Wola im Drei-Minuten-Takt unter dem Stadtzentrum hindurchdonnerten, war die Erschütterung bis ins oberste der fünf Stockwerke spürbar. Erst durch einen extrem dauerelastischen Werkstoff auf dem 1500 Quadratmetern Betonfundament wurden die Schwingungen abgefangen. Der erstaunliche Werkstoff: Regupol – international begehrt und ein Produkt der Berleburger Schaumstoffwerk GmbH, die im beschaulichen Bad Berleburg zuhause ist, und von dort aus die Welt beliefert. Ortswechsel. Istanbul: Die beiden Autobahnbrücken über den Bosporus hängen an jeweils zwei Tragkabeln mit 1400 Metern Länge. Wie können diese Tragkabel die Last tausender Fahrzeuge halten, die täglich über die Brücke fahren? Der Trick: Die Kabel bestehen aus zahlreichen, hochfesten Drahtseilen, die durch 84 Kabelklemmen zusammengepresst werden. Rund 700 Schraubenverbindungen wurden dazu erst vor wenigen Monaten während eines groß angelegten Wartungsprojekts präzise und sicher verschraubt – dank moderner Technik und Fachwissen der ITH GmbH & Co. KG aus Meschede im Sauerland. Die Liste lässt sich nach Belieben ergänzen. Es ist doch ausnehmend erstaunlich, wie südwestfälische Unternehmen in der ganzen Welt ihren Platz erobert haben. Mehr als 150 Weltmarktführer sind in Südwestfalen zuhause. Gemeinsam ist ihnen der Erfolg. Aber zumeist auch eine Besonderheit ihrer Produkte: Denn diese sind vielfach im Alltag nicht sichtbar, sondern sorgfältig in Autos, Badezimmern, Maschinen oder sonstigen Produkten verbaut. Aber was macht einen Weltmarktführer aus? Wer wird wie Weltmarktführer? Gibt es ein Patentrezept, eine bestimmte Unternehmensphilosophie? Eine Spurensuche zeigt auf: Südwestfälische Unternehmen sind oft zutiefst lokal verwurzelt. Hier lebt der Kopf des Unter- nehmens, hier engagiert man sich vor Ort, von hier aus werden die Geschäfte geführt. Den Stammsitz ins Ausland zu verlegen, kommt nicht infrage. Forschung und Entwicklung als Schlüsselaufgaben des Unternehmens bleiben oftmals in der Heimat, trotz globaler Märkte. Oft sind es Nischenprodukte, die die heimischen Industriebetriebe an die Weltspitze katapultieren. Vor allem die vielen Mittelständler oder Familienunternehmen in Privatbesitz, die 85 Prozent der südwestfälischen Marktführer stellen Ihnen kommen die kurzen Entscheidungswege sehr entgegen. Mit maßgeschneiderten Produkten oder passgenauen Dienstleistungen zum Erfolg, lautet das Credo. Von wegen Microsoft und Google: „Hidden Champions eignen sich viel besser als Vorbilder und Lehrbeispiele, denn sie sind im Kern ‚normale’ Firmen, die es aber durch bestimmte Strategien geschafft haben, in ihren Märkten die Spitzenpositionen zu erreichen“, erklärt Prof. Hermann Simon, der einmal den Begriff der Hidden Champions salonfähig gemacht hat. Es scheint, als läge genau an dieser Stelle ein Geheimnis des südwestfälischen Erfolgs vor uns. Dr. Michael Schulte Strathaus, Geschäftsführer der F. E. Schulte Strathaus GmbH & Co KG und Vorsitzender des Vereins „Wirtschaft für Südwestfalen“, erläutert: „Die zahlreichen Mittelständler der Region stehen für Qualität und Vertrauen – das ist die Währung, die internationalen Wert hat.“ Zudem zähle der offene Blick für die Entwicklungen in der Welt. Denn auch Weltmarktführer sitzen nicht auf rosa Wolken, sondern müssen sich dem stetig wandelnden globalen Wettbe- werb anpassen.  Zurück nach Warschau: Wer im „Piano House“ auf dem Sofa sitzt und die Leichtathletik-Wettbewerbe mit Sprint-Star Usain Bolt verfolgt, wird wohl kaum ahnen, dass das Material der Trainingsbahn des jetzt neunfachen Olympiasiegers ebenfalls aus Bad Berleburg kommt: Ein weiteres Produkt der Bad Berleburger Schaumstoffwerke. Ein Hersteller, viele Anwendungsbereiche – auch das ein typisches Merkmal zahlreicher südwestfälischer Weltmarktführer.

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