Mobilität & Logistik

Schieflage trotz Geschichte

Nachgehakt: Insolvenzanmeldung in Südwestfalen: Autohäuser setzen ebenso auf Eigenverwaltung wie großer Sozialträger.

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von Regiomanager 01.03.2017
Stammsitz von Rosenthal & Rustemeier: Das Autohaus in Soest

Eine
95-jährige Unternehmensgeschichte schützt nicht vor wirtschaftlicher
Schieflage: „Wir verfolgen das Ziel, das Traditionsunternehmen
fortzuführen und nachhaltig zu sanieren“, erklären die Geschäftsführer
Bernhard Rosenthal und Joachim Zensen, die Ende Januar beim Amtsgericht
Arnsberg einen Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in
Eigenverwaltung für die Autohäuser Rosenthal und Rustemeier sowie Bauer
und Bickmeier gestellt haben. Das mittelständische Familienunternehmen
mit sechs Standorten in Soest, Warstein, Sundern, Meschede, Arnsberg und
Paderborn vertritt die Marken Opel, Chrysler, Fiat, Fiat Professional
und Renault, wird in dritter Generation geführt und beschäftigt 106
Mitarbeiter. Das Amtsgericht Arnsberg hat als vorläufigen Sachwalter Dr.
Jan Janßen, Partner der Wirtschaftskanzlei Görg Partnerschaft von
Rechtsanwälten, bestellt. „Ich glaube, dass mit motivierten Mitarbeitern
und der Bereitschaft aller Beteiligten eine zeitnahe Umsetzung der
geplanten Sanierung gelingen kann“, so Janßen nach einer
Mitarbeiterversammlung. Unterstützt wird das Autohaus im
Sanierungsprozess auch von den Kanzleien Rödl & Partner (Nürnberg
und Köln) und der Beratungsagentur B-K-P aus Kronberg.

„Automobiler Wandel“

Das
Plan-Verfahren biete die Möglichkeit, notwendige strukturelle
Anpassungen zur nachhaltigen Stärkung und einer Neuausrichtung des
Unternehmens durchzuführen, so die Autohaus-Chefs. Im Mittelpunkt stehe
die „begonnene Restrukturierung und die Neu-Positionierung notwendiger
Standorte“. Die Autohäuser seien in den vergangenen Jahren auf die
Zukunft im automobilen Wandel vorbereitet worden, daher für ein
erfolgreiches Plan-Verfahren gerüstet und gut aufgestellt. Der operative
Geschäftsbetrieb sei vom Eigenverwaltungsverfahren nicht berührt. Alle
Dienstleistungen würden ohne Einschränkungen fortgesetzt. „Die Adam Opel
AG und Fiat Chrysler Automobiles AG stehen als wesentliche
Handelspartner voll hinter den Unternehmen und setzen auch für die
Zukunft auf eine Fortsetzung der langjährigen Partnerschaften“, heißt
es.

Größter Arbeitgeber

„Gute
Sanierungsmöglichkeiten“ sehen auch Vorstand und Geschäftsführung des
Gemeinnützigen Vereins für Sozialeinrichtungen Herdecke und seiner
Tochtergesellschaft, der GVS Seniorendienste, die ebenfalls den Gang zum
Insolvenzgericht antreten mussten. Die GVS ist mit 400 Beschäftigten
Herdeckes größter Arbeitgeber und bietet Dienstleistungen für ältere
Menschen, Familien, Jugendliche und Kinder an. Der GVS betreibt sechs
Kindertagesstätten sowie eine Erziehungs- und Beratungshilfe für
Jugendliche und Familien. Die 100-prozentige Tochter des Vereins, die
GVS Seniorendienste gGmbH, betreibt drei Pflegeheime, bietet Kurzzeit-
und Tagespflege sowie mobile Pflege an. Zudem stellt die gGmbH älteren
Menschen in weiteren Häusern betreutes Wohnen und Altenwohnungen zur
Verfügung. „Alle Einrichtungen bleiben geöffnet, alle Angebote, Dienst-
und Beratungsleistungen werden aufrechterhalten“, informiert Dr. Jörg
Bornheimer, Seniorpartner von Görg, der vom Amtsgericht Hagen zum
vorläufigen Sachwalter bestellt wurde. Die Geschäftsleitung wird von dem
auf Restrukturierungen in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft
spezialisierten Sanierungsexperten Rechtsanwalt Norman Lenger von Rödl
& Partner unterstützt.

„Schutzschirm alternativlos“

„Der
Weg über das Schutzschirmverfahren ist richtig und in dieser Situation
letztlich alternativlos. Nur durch eine nachhaltige Restrukturierung
werden wir GVS neu aufstellen und in eine gute Zukunft führen können“,
sagt Norman Lenger. Das Schutzschirmverfahren biete dem Verein und der
gGmbH optimale Möglichkeiten, sich aus der wirtschaftlichen Schieflage
zu befreien und gleichzeitig seiner hohen Verantwortung als
Dienstleister am Menschen nachzukommen. Vor gut einem Jahr war bekannt
geworden, dass GVS in zwei Jahren rund zwei Millionen Euro Verlust
gemacht hatte. Externe Berater wurden einbezogen, mit Martin Kelter im
Herbst ein neuer Geschäftsführer berufen. Zum Jahresende verschärfte der
überraschend geplatzte Verkauf einer Seniorenheim-Immobilie die
finanzielle Situation.

Reinhold Häken | redaktion@regiomanager.de

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