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Zahnärzte und Zahnkliniken: Fit im Biss?

Trotz zunehmender Mundhygiene und Prophylaxe wächst die Zahnarzt-Branche nachhaltig. Und sie wird künftig von Zahnärztinnen dominiert.

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von Regiomanager 07.11.2018
(Foto: ©V&P Photo Studio – stock.adobe.com) | Emrich Welsing

Es gibt ja nicht viele seriöse Berufsgruppen, vor denen man Angst haben muss. Bei der Zahnarztphobie handelt es sich jedoch um ein weit verbreitetes Phänomen, wobei hier im Kern nicht der behandelnde Zahnarzt oder die Zahnärztin als Person der Angstauslöser ist, sondern die Situation, in die sich ein Patient gezwungen fühlt: Im Behandlungsstuhl liegend, mit weit aufgesperrtem Mund stumm und wehrlos, reicht oft schon das Geräusch des surrenden Bohrers aus, um den Puls in die Höhe und den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben. Schon allein der Gedanke daran, dass die Behandlung schmerzhaft werden könnte, macht aus vielen Menschen langjährige Zahnarztverweigerer: „Warum soll ich mir das antun, wo ich doch überhaupt keine Zahnschmerzen habe?“
Doch durch die jahrelange Vermeidung von harmlosen Vorsorgeuntersuchungen begibt man sich selbst in einen Teufelskreis: Kleine Probleme werden nicht rechtzeitig erkannt oder im frühen Stadium behandelt und entwickeln sich dann sehr bald zu gravierenden Zahnschmerzen. Am Ende wird alles nur noch schlimmer und die notwendige Behandlung ungleich unangenehmer, als wenn man sich rechtzeitig mutig und entspannt in die Hände des Zahnarztes oder der Zahnärztin seines Vertrauens begeben hätte.

60 Prozent Zahnärztinnen

Und dabei haben wir in Deutschland eine Auswahl, die noch nie so groß war. „Insgesamt waren zum 31. Dezember 2016 bei den (Landes-)Zahnärztekammern 94.098 Zahnärzte registriert, darunter 71.926 zahnärztlich tätige“, berichtet die Bundeszahnärztekammer in ihrem Jahrbuch 2017. Damit stieg die Zahl der behandelnd tätigen Zahnärzte gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Prozent und im Vergleich zum Jahr 2000 sogar um 13,5 Prozent. Immer mehr „zahnärztlich tätige Personen“ sind dabei Frauen. Ihr Anteil lag 2016 bei 44,6 Prozent, ebenfalls mit einer Zunahme von 0,5 Prozent im Vorjahresvergleich sowie einem Plus von 8,3 Prozentpunkten gegenüber 2000. War die Frauenquote in diesem Beruf im Osten schon traditionell höher als in den alten Bundesländern, so holen die Zahnärztinnen im Westen nun schnell auf. Seit 2000 stieg die Zahl weiblicher Zahnmediziner hier um 10,3 Prozent auf 42 Prozent an. Immer mehr junge Zahnärztinnen erobern die einstige Männerdomäne Zahnmedizin. Dass wir in der Zukunft dann wohl eher zu einer Zahnärztin unseres Vertrauens gehen werden als zu einem Zahnarzt, prognostiziert auch das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ). Auf Basis der Alters- und Geschlechterverteilung in der deutschen Zahnärzteschaft sowie unter Berücksichtigung des für die Zukunft vermuteten Bedarfs an zahnärztlichen Leistungen „durch Schätzung der Entwicklung des Mundgesundheitszustands der Bevölkerung“ erstellte das Institut Modellrechnungen für die Zahnarztdichte bis zum Jahr 2030. Dabei ging man von unterschiedlichen Szenarien aus und erreicht in der Version mit jährlich 2.100 Approbationen bis 2030 eine Erwartung von 70.446 behandelnd tätigen Zahnärzten. Das ist zwar kaum ein Unterschied zur heutigen Summe, indes setzt die Prognose einen grundlegenden Genderwandel in der Branche auf die Agenda. Lag das Verhältnis von männlichen zu weiblichen Zahnärzten zuletzt noch bei rund 52 zu 48 Prozent, so wird es sich bis 2020 voraussichtlich umdrehen, und die Perspektive bis 2030 sieht den Zahnarztberuf zu 60 Prozent in weiblichen Händen.

76.000 neue Arbeitsplätze

Als rückläufig weist die Statistik der Bundeszahnärztekammer hingegen aktuell die Zahl der niedergelassenen Zahnärzte mit eigener Praxis aus: „Mit 51.956 Personen gab es (im Jahr 2016) rund 1,5 Prozent weniger Praxisinhaber als noch 2015.“ Die Ursache für diesen anhaltenden Trend sieht die Kammer als Folge des Inkrafttretens des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes (VÄndG), mit dem es seit 2007 zu einer kontinuierlichen „Zunahme der in Zahnarztpraxen abhängig beschäftigten Zahnärzte“ gekommen ist: „So waren zum Jahreswechsel 2016/17 16.715 Zahnärzte in einer Zahnarztpraxis angestellt und damit mehr als zweieinhalb Mal so viele wie noch 2006.“ Hier stieg insbesondere die Anzahl der Assistenzärzte, Vertreter sowie der Zahnärzte, die sich nach ihrer Assistenzarztzeit in Zahnarztpraxen anstellen lassen. Dass es sich bei diesen Zahnärztinnen und Zahnärzten wohl überwiegend um Berufseinsteiger handelt, macht auch ein Vergleich der Altersstrukturen deutlich. Während das Durchschnittsalter der niedergelassenen Zahnärzte bei 52,2 Jahren lag, waren alle zahnärztlich tätigen in diesem Berufsstand insgesamt im Schnitt 48,6 Jahre alt, in beiden Fällen eine geringfügige Zunahme im Vorjahresvergleich.
Die Einzelpraxis ist heute aber nach wie vor die übliche Praxisform in Deutschland. 59,6 Prozent der niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte nutzen diese traditionelle Organisationstruktur. Hingegen sind 30,3 Prozent in einer Berufsausübungsgemeinschaft niedergelassen und 9,1 Prozent praktizieren in einer Praxisgemeinschaft. Zu den nicht zahnärztlich tätigen Zahnärzten zählen die Statistiker zum Beispiel zahnmedizinisch Angestellte an Universitätskliniken, Gesundheitsämtern, bei der Bundeswehr oder bei sonstigen Einrichtungen. Die IDZ-Prognose geht weiterhin davon aus, dass bis zum Jahr 2030 insgesamt 76.000 neue Arbeitsplätze im Dentalsektor entstehen werden und die Branche rund 486.000 Beschäftigte rund um die Zahnmedizin, inklusive der zahnmedizinischen Assistentinnen in den Praxen sowie der Angestellten in Dentallaboren und im Vertrieb von Dentalprodukten zählen wird. Enthalten sind hierbei natürlich auch die Fachärzte für Kieferorthopädie oder Oralchirurgie. Ende 2016 waren bundesweit rund 3.700 Kieferorthopäden und 3.000 Oralchirurgen für ihre Patienten da.
Vertrauen in Kompetenz
Überwiegend große Wertschätzung erhält bei der deutschen Bevölkerung die Kompetenz des Zahnmediziners, dem die Patientinnen und Patienten langfristig treu bleiben. Das ist die zentrale Aussage einer repräsentativen Umfrage, die das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) bereits 2011 in Zusammenarbeit mit dem IDZ erstellte. Von der Zufriedenheit über die Zahnarzttreue und die Bewertung der Behandlungsqualität bis hin zum Vertrauen vergaben die Befragten der Branche herausragende Spitzenwerte (siehe Grafik). Gleichwohl weist das IDZ auch darauf hin, dass die Nachfrage nach zahnärztlicher Beratung außerhalb der Praxis deutlich zugenommen hat. Die sprichwörtliche „zweite, unabhängige Meinung“ ist besonders dann gefragt, wenn es um kostenintensive Maßnahmen geht, insbesondere zum Zahnersatz. Hierfür hat die Zahnärzteschaft ein bundesweites Beratungsnetzwerk von 42 Anlaufstellen eingerichtet, das 2017 mit 35.000 Beratungen einen wichtigen Beitrag zur Patienteninformation geleistet hat, denn in mehr als 80 Prozent der Fälle war eine sofortige Problemlösung möglich. Neben der Information über spezifische Behandlungsmethoden wurden auch Kosten- oder Rechtsfragen beantwortet sowie Adress- oder Serviceinformationen gegeben. Wie oft es dabei um das Horrorthema „Angst vor dem Zahnarzt“ ging, ist statistisch leider nicht dokumentiert, aber neben der ultimativen Möglichkeit einer Zahnbehandlung unter Vollnarkose geben die Zahnärztekammern sowie zahlreiche Praxen auf ihren Internetseiten sehr hilfreiche Tipps, wie man den nächsten Untersuchungs- oder Behandlungstermin ganz entspannt auf sich zukommen lassen kann.Emrich Welsing
| redaktion@regiomanager.de

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