Die Kässbohrer Geländefahrzeug AG in Laupheim ist ein Hersteller von Pistenfahrzeugen, Strandreinigern und anderen Gelände- und Nutzfahrzeugen. Wie viele andere Unternehmen in Deutschland ist auch Kässbohrer von den steigenden Strompreisen betroffen. Doch im Jahr 2020 konnte der Fahrzeughersteller seine Energiekosten um rund 30 Prozent senken – durch eine eigene Solaranlage.
Es galt, die Produktion mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Zusätzlich sollte die neue Solaranlage die hohen Sicherheitsstandards in Bezug auf Brandgefahr und Hochspannung erfüllen und sich in ein bestehendes Energiemanagementsystem mit zahlreichen Komponenten einfügen.
Ergebnis: Im April 2020 ließ Kässbohrer eine Photovoltaik-Anlage (PV) auf einer 6.000 Quadratmeter großen Dachfläche des eigenen Logistikzentrums in Laupheim installieren. Leistung: 750 Kilowatt-Peak (kWp). Der Wert gibt an, welche Höchstleistung in Kilowatt eine Photovoltaikanlage erbringen kann. Mit dieser Anlage kann Kässbohrer den Angaben des Herstellers gemäß jährlich die Energiekosten um einen sechsstelligen Betrag senken. Zudem reduzieren die 2.200 Solarmodule demnach die CO2-Emissionen jedes Jahr um rund 368 Tonnen.
Energiekosten senken
In Zeiten steigender Energiepreise und zunehmender Umweltbewusstheit entscheiden sich immer mehr deutsche Unternehmen für eine nachhaltige Energieversorgung durch eigene Solaranlagen. Im Jahr 2023 wurden zwölf Prozent des erzeugten Stroms in Deutschland durch Sonnenenergie produziert, der Anteil steigt seit Jahren. Vergleicht man die weltweit installierte Photovoltaikleistung, kommt das im Vergleich viel kleinere Deutschland mit 66,7 Gigawatt im Jahr 2022 auf Platz fünf, noch vor Australien, Spanien und Brasilien.
Vor allem boomt der Betrieb von Stromspeichern im Bereich Gewerbe- und Großspeicher, wie der Bundesverband Solarwirtschaft meldet. Demnach wuchs die jährlich installierte Speicherkapazität im Gewerbebereich von 170 Megawattstunden (MWh) im Jahr 2022 um fast 150 Prozent auf 420 MWh im Jahr 2023.
Einer der größten Anreize: steuerliche Vergünstigungen. Sowohl die Anschaffungskosten als auch die Betriebskosten können unter Umständen steuerlich abgesetzt werden, etwa über einen Investitionsabzugsbetrag, eine Sonderabschreibung oder durch Absetzung für Abnutzung. So eine Anlage erzeugt oft für 20 oder mehr Jahre zuverlässig Strom, und je nach Größe und betrieblichen Voraussetzungen werden die Anschaffungskosten schon nach fünf bis zehn Jahren durch die Solarerträge gedeckt. So können Unternehmen also nicht nur Energiekosten sparen, sondern auch Einnahmen erzeugen, durch die Einspeisevergütung. Überschüssige Energie geht in das Netz und wird vergütet.
Aktiver Klimaschutz
Mit der Entscheidung für Solaranlagen tragen Unternehmen aktiv zum Klimaschutz bei. Sie reduzieren ihren CO2-Fußabdruck, indem sie auf fossile Brennstoffe verzichten und stattdessen sauberen, erneuerbaren Strom nutzen. Das entspricht zunehmend den Erwartungen von Kunden und Geschäftspartnern. Immer mehr Menschen in Deutschland legen Wert auf nachhaltiges Handeln.
Auch die Marketingabteilung kann von einer PV-Anlage profitieren – denn der Betrieb einer solchen Anlage zeigt, dass das Unternehmen zukunftsorientiert und umweltbewusst agiert. Selbst im Bereich Employer Branding können so Vorteile generiert werden. Zudem erhöhen Unternehmen durch Solarenergie ihre Unabhängigkeit – von externen Energieversorgern und den schwankenden Preisen auf dem Energiemarkt.
Mehr Unternehmen nutzen Solarenergie
Photovoltaik wächst: Gerade das Segment der gewerblichen PV-Anlagen ab 30 kWp nimmt zu, informiert die „Energy4climate“ GmbH, eine Gesellschaft des Landes NRW. Demnach haben Gewerbebetriebe im ersten Halbjahr 2022 neue Dachanlagen zur Eigenversorgung mit insgesamt rund 85 Megawatt in Betrieb genommen. Und die Systeme werden günstiger: Kostete eine Anlagenleistung von 10 kWp im Jahr 2.000 noch umgerechnet rund 100.000 Euro, so ist für diese Summe heute bereits eine Anlage mit über 100 kWp zu bekommen.
Die relativen Investitionskosten einer Dachanlage sinken wie erwartbar mit zunehmender Leistung. Energy4climate rechnet vor (Stand August 2022): Eine 40 kWp-Anlage schlägt mit rund 1.600 Euro pro kWp zu Buche, eine 2.000 kWp-Anlage nur noch mit 760 Euro.
Beispiel: Die Bleker Autoteile GmbH in Borken. Das Unternehmen nutzt eine Dachanlage mit 420 kWp und einem Speicher mit 134 Kilowattstunden. Mit der Energie betreibt Bleker elektrische Gabelstapler, die mit entsprechender Batterietechnik zu mobilen Stromspeichern werden. Die Anschaffungskosten lagen bei rund 440.000 Euro, die Amortisationszeit liegt bei unter elf Jahren. 40 Prozent der produzierten Energie nutzt Bleker selbst.
Auch die Becker GmbH – Robot Equipment Automotive in Dülmen vertraut auf erneuerbare Energien und nutzt eine Kombination aus Wärmepumpe, Photovoltaik und Speicher, wie Energy4climate berichtet. Rund 350 Megawattstunden brauchen die Becker GmbH und ansässige Unternehmen jährlich. Allein 175 MWh kommen nun von der elektrisch angetriebenen Wärmepumpe – zur Klimatisierung der großräumigen Flächen. Diese reversible Luft-Wasser-Wärmepumpe kann eine Heizleistung von 135 kW und eine Kühlleistung von 176 kW aufbringen.
Zur Regulierung sind ein 2.000 Liter großer Wärmespeicher und ein 2.000 Liter großer Kältespeicher angeschlossen. Lastspitzen, etwa im Winter, fängt ein Gasbrennwertkessel von 310 kW ab. Eine Dachanlage liefert 260 kWp, und überschüssige Energie wird in Batterien gespeichert, die im Untergeschoss installiert sind. So spart das Unternehmen pro Jahr rund 110.000 Euro an Energiekosten.
Zusammenfassung der Vorteile für Unternehmen durch Solarenergie:
• Senkung der Energiekosten
• Steuerliche Vorteile
• Rendite durch Einspeisevergütung
• Planungssicherheit durch größere
Unabhängigkeit von schwankenden
Energiekosten
• Verbesserung der CO2-Bilanz
• Höhere Nachhaltigkeit, mehr
Klimaschutz
• Vorteile in der
Außenkommunikation
• Pluspunkte im Bereich
Employer Branding
• Geringer Aufwand – moderne
PV-Anlagen sind pflegeleicht
Förderung der Beratungskosten
Bleibt die Frage, für welche Art von Unternehmen die Anschaffung sinnvoll ist. Eine Voraussetzung zum Beispiel ist eine geeignete, vorhandene Fläche zur Montage der Module. Gebäude etwa müssen nicht nur groß genug sein, sondern auch statisch entsprechend beschaffen sein, um das Gewicht tragen zu können. Gerade Unternehmen mit hohem Stromverbrauch können von PV-Anlagen profitieren. Idealerweise fällt der Bedarf tagsüber an, während die Sonne strahlt und die Produktion brummt. Je größer der eigene Verbrauch, desto höher kann die Rendite ausfallen.
Doch wo anfangen? Der Clou: Gerade kleine und mittlere Unternehmen können für eine Energieberatung Unterstützung bekommen, und zwar vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). 80 Prozent des förderfähigen Beratungshonorars können gefördert werden (höchstens 6.000 Euro). Für kleinere Unternehmen mit weniger als 10.000 Euro Energiekosten liegt der Höchstzuschuss bei 1.200 Euro.
Tim Müßle | redaktion@regiomanager.de
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