Management

Inflation: Was tun in der Inflation?

Viele Unternehmen stehen gewaltig unter Druck. Experten raten unter anderem zu einer Sortimentsbereinigung.

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von Regiomanager 14.11.2022
(© Monster Ztudio – stock.adobe.com) | Daniel Boss

Die Wirtschaft in NRW am Rande einer Rezession: „Selbst wenn die von der Bundesregierung und Europäischen Union auf den Weg gebrachten Entlastungsmaßnahmen einen Versorgungsmangel bei Gas und Strom verhindern sollten, stehen die Unternehmen in NRW aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise vor einer der größten Herausforderungen seit Dekaden“, sagt Markus Cammerzell, Referent Politik bei IHK NRW. Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf die kürzlich veröffentlichten Konjunkturumfragen der hiesigen IHKs für den Herbst 2022: Schon jetzt fahren demnach immer mehr Unternehmen ihre Produktion zurück, reduzieren ihre Öffnungszeiten oder kürzen ihr Leistungsangebot. „Die Geschäftserwartung der Unternehmen – einer der wichtigsten Indikatoren der konjunkturellen Entwicklung – liegt verglichen mit Anfang 2022, wo sie noch bei +6 Punkten lag, mit gegenwärtig -42 Punkten auf einem absoluten Tiefpunkt.“
Laut der „Gemeinschaftsdiagnose 09/2022“, die Markus Cammerzell zitiert, bedeutet die für das kommende Jahr zu erwartende hohe Inflationsrate für die Unternehmen eine weitere gewaltige Herausforderung. Neben den exorbitant hohen Energiepreisen werde die Inflation auch noch von weiteren Effekten wie der Weitergabe hoher Preise, Verknappung von Rohstoffen, Problemen in Liefer- und Logistikketten und nicht zuletzt auch durch zu erwartende Lohnsteigerungen getrieben.


Das Dilemma der Betriebe


Viele Betriebe, so der IHK-Referent, geraten in ein Dilemma: „Absehbar steigen die Produktionskosten weiter, ohne dass die Unternehmen diese an ihre Kunden vollständig weitergeben können. Sie bleiben also auf einem Großteil der gestiegenen Kosten sitzen, ihre Erträge schmelzen, und letztlich müssen sie – wegen des höheren Steuertarifs – auch noch eine höhere Steuerlast schultern.“ Der zentrale Ausweg aus der Krise und letztlich auch aus der Inflation führe nur über eine belastbare, langfristige Perspektive für die Energiemärkte. Daneben müsse auch der Staat weitere Hausaufgaben machen und zeitnah seine Zusatzeinnahmen – etwa aus der kalten Progression – durch eine Anpassung des Einkommensteuertarifs an die Steuerpflichtigen zurückgeben. „Eine Anpassung des Einkommenssteuertarifes – als die zentrale Unternehmenssteuer – verspricht dabei den größten Hebel, da die negativen Effekte einer kalten Progression über 2,3 Millionen Einzelunternehmen und etwa 450.000 Personengesellschaften bzw. -unternehmen direkt und unmittelbar belasten.“ Die Tarifanpassung wäre, so Markus Cammerzell, nicht einmal eine Steuersenkung, sondern vielmehr eine Verhinderung einer Steuererhöhung „durch die Hintertür“.


Instrumente und Modelle


Was können die Unternehmen selbst und unmittelbar tun? „Die hohe Volatilität der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die wir spätestens seit der Corona-Pandemie beobachten und die sich unter anderem durch den Ukraine-Russland-Krieg noch verschärft hat, zwingt die Unternehmen und hier insbesondere KMU dazu, diesen permanenten Veränderungen mit effizienten und im Zweifel tagesaktuellen Steuerungsinstrumenten und Planungsmodellen zu begegnen“, sagt Marc Ackermann vom Verband „Die KMU-Berater“. Nur so seien sie in der Lage, die Effekte der geänderten Rahmenparameter hinsichtlich der Auswirkungen für die eigene Ertragslage zu simulieren – und daraus dann notwendige Maßnahmen für den Unternehmenserhalt einzuleiten. „Neben der Erhöhung der Verkaufspreise, um die bisherige Marge trotz gestiegener Kosten stabil zu halten, kann dieses Maßnahmenpaket aber beispielsweise auch eine Sortimentsbereinigung um aktuell nicht mehr rentable Produkte bei gleichzeitiger Einleitung von Kurzarbeit oder auch das aktive Verhandeln von Preisgleitklauseln bei langlaufenden Kundenprojekten beinhalten.“
Neben permanentem Controlling der eigenen Ertragskraft ist, so Marc Ackermann weiter, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonderes Augenmerk auf die Unternehmensliquidität zu richten. „Auch hier sind je nach Unternehmensausrichtung, Geschäftsmodell und aktueller Marktsituation die Steuerungsinstrumente auf jederzeitige Aussagefähigkeit zu trimmen. Während in ruhigem Fahrwasser in der Vergangenheit monatsweise Betrachtungen vielleicht ausreichend waren, sollten Unternehmen aktuell darüber nachdenken, das Planungsintervall für die internen Liquiditätsbetrachtungen auf wochen- oder im Zweifel sogar tageweise Betrachtungen zu verkürzen.“


Der Weg zur (Haus-)Bank


Bei vielen Unternehmen wird sich vermutlich ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf einstellen. Dabei sei es im ersten Schritt unerheblich, ob es sich „nur“ um einen erhöhten Vorfinanzierungsbedarf für die – den einkaufsseitigen Preissteigerungen in der Regel immer nachlaufenden – Erhöhungen der Verkaufspreise handle oder „echte“ liquiditätsaufzehrende Verluste zu finanzieren seien. „In vielen Fällen wird dieser zusätzliche Finanzierungsbedarf nicht oder zumindest nicht in vollem Umfang aus dem Unternehmen selbst oder gerade bei KMU aus dem Gesellschafterkreis gedeckt werden können. Hier kommt dann den Kreditinstituten und insbesondere den involvierten Hausbanken eine entscheidende Rolle zu. Aber auch alternative Finanzierungsinstrumente und Kreditgeber stellen gerade in Ausnahmesituationen eine zusätzliche und interessante Finanzierungsmöglichkeit auch für KMU dar.“ Wenn der für den Unternehmenserhalt notwendige Liquiditätsbedarf fundiert durch Planrechnungen begründet werden könne und gleichzeitig eine mittel- und langfristige Perspektive für das Unternehmen herleitbar sei, „sollte auch der entsprechenden Finanzierung durch klassische oder auch alternative Geldgeber grundlegend nichts im Wege stehen“.

Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de

Daniel Boss
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