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Unrentable Kunden: Letzte Chance oder goodbye?

Unternehmen investieren viel, um Kunden zu gewinnen und an sich zu binden. Doch was macht man mit Kunden, die gar nicht rentabel sind, die mehr Kosten verursachen, als sie letztendlich einbringen?

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von Regiomanager 22.03.2023
(© ­­­master1305 − stock.adobe.com)

Es gibt verschiedene Gründe, warum Kunden für Unternehmen unrentabel sind. Fakt ist aber: Unrentable Kunden können sich Unternehmen – vor allem nicht in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – nicht leisten. Doch wie löst man das Problem? Sollten Unternehmen diesen Kunden noch eine letzte Chance geben oder sollte man sich endgültig trennen? Gegen die Trennung sprechen jedenfalls Umsatzverlust oder auch die Androhung von negativen Kommentaren auf Online-Bewertungsportalen. Und: Viele Unternehmen haben in der Vergangenheit kein gutes Händchen mit der Kündigung von Kunden bewiesen und manchmal sogar den Verbraucherschutz auf den Plan gerufen und schlechte Presse provoziert.
So war beispielsweise die Empörung groß, als Finanzinstitute versuchten, Kunden mit gut verzinsten Sparverträgen zu einer Kündigung bzw. einer Beendigung der Verträge zu drängen. Einige Kreissparkassen nannten als Grund für die Kündigung von Prämiensparverträgen, dass sie dem „Gebot der Wirtschaftlichkeit“ unterlägen. Die Verbraucherzentrale sagt dazu: „Auch Kunden und Kundinnen müssen wirtschaftlich denken und sind darauf angewiesen, rentable Verträge abzuschließen und zu behalten. Das berücksichtigen nur wenige Finanzinstitute, etwa indem sie bei Beendigungen alle vereinbarten Zinsen vorab bezahlen oder Verbraucher:innen zumindest einen finanziellen Ausgleich anbieten.“

Trennungsgründe

Ob ein Kunde rentabel ist, hängt von verschiedenen Aspekten ab:
• Kosten-Nutzen-Verhältnis: Kann der Kunde seine Rechnungen begleichen oder sind die Kosten, die von der Unternehmensseite aufgewandt werden müssen, um den Kunden zufriedenzustellen, höher als der Nutzen, den der Kunde für das Unternehmen einbringt?

• Unangemessenes Verhalten: Ist der Kunde unhöflich, beleidigend oder verhält sich auf andere Weise unangemessen Mitarbeitern oder dem Unternehmen gegenüber?

• Schlechte Qualität oder Beschwerden: Ist der Kunde beständig nicht mit der Produktqualität bzw. der Dienstleistung des Unternehmens zufrieden?
• Vertragsbruch: Hält sich der Kunde an die Vertragsbedingungen oder verstößt er gegen geschäftliche Vereinbarungen?

• Strategische Überlegungen: Haben sich die strategischen Ziele des Unternehmens bzw. das Kerngeschäft geändert, sodass bestimmte Kunden nicht mehr zur Hauptzielgruppe gehören?

Doch selbst wenn hier Kunden durchs Raster fallen, bedeutet das nicht, dass die Beziehung beendet werden muss. Unternehmen sollten nicht nur den kurzfristigen Gewinn im Auge haben, sondern auch den langfristigen. Loyalität und potenzieller Kundenwert spielen ebenfalls eine Rolle bei der Bewertung der Kundenbeziehung. Daher sollte das „Schlussmachen“ mit dem Kunden wirklich nur der letzte Schritt sein. Doch wie sehen die vorherigen Schritte aus?

Das Fünf-Schritte-Modell

Die Autoren Vikas Mittal, Matthew Sarkees und Feisal Murshed haben dafür ein Fünf-Schritte-Modell entwickelt, mit dessen Hilfe Sie überprüfen können, ob Sie sich von unrentablen Kunden trennen müssen. Veröffentlicht haben die Autoren den Beitrag im „Harvard Business Manager“ Oktober 2008.
1. Im ersten Schritt geht es um eine Neubewertung der Kundenbeziehung: Kennen Sie die Gründe, warum der Kunde unrentabel erscheint? Sammeln Sie Daten und Hintergründe, um qualitative Erkenntnisse zu gewinnen, wie der Kunde denkt und warum er sich so verhält, wie er sich verhält. Geldknappheit und Kaufunlust können Gründe sein, aber auch Geschäftskunden, die sich beispielsweise vernachlässigt fühlen, wenden sich mit der Zeit ab und suchen nach neuen Partnern.
2. Im zweiten Schritt sollten Sie sich fragen, ob dem Kunden möglicherweise Informationen fehlen, und er deswegen für Ihr Unternehmen unrentabel ist. „Anstatt einige Kunden für unerwünscht zu erklären, sollten Unternehmen ihnen besser beibringen, Produkte und Dienstleistungen sinnvoller zu nutzen und mit den Mitarbeitern effektiver zu kommunizieren“, erklären die Autoren. Denn wenn die Kunden wissen, wie sie mit einem bestimmten Produkt umgehen müssen, fallen weniger Fragen bei dem Produkthersteller an. Bevor sich Unternehmen also von Kunden trennen, die viele Kapazitäten in Anspruch nehmen, sollten sie sich fragen, wie sie das Produkterlebnis für diese Kunden besser gestalten können, beispielsweise durch Schulungen. Das funktioniert bei Geschäftskunden in der Regel besser als im B2C-Segment.
3. Nach der Neubewertung und der Schulung geht es im dritten Schritt um das Nutzenversprechen. Die zentrale Frage lautet hier: Profitieren sowohl Anbieter als auch der Kunde von der Geschäftsbeziehung? Möglicherweise können Sie mit einem Baukastensystem genau solche Service- und Preispakete gestalten, die aus unrentablen Kunden rentable machen. Grundlage hierfür: Kommunikation – sorgen Sie für Transparenz, was Ihr Nutzenversprechen angeht, und verhandeln Sie gemeinsam mit dem Kunden die Bedingungen für die Geschäftsbeziehung.

Die nette Art der Kündigung

4. Möglicherweise bieten diese drei Schritte keine Lösung; dann hilft eventuell als vierter Schritt ein Partnerunternehmen oder auch ein Konkurrent weiter. Wichtig ist hier, dass Sie herausfinden, welches Angebot in diesem Fall sinnvoll wäre – beispielsweise ein neuer Vertriebskanal oder eine neue Zahlungsart. Es gibt sogar Unternehmen, die sich aktiv bemühen, einen neuen Anbieter für ihre unrentablen Kunden unter ihren Konkurrenten zu finden. Der Kunde ist dann nicht ganz so verunsichert und verärgert, wenn er zu einem neuen Anbieter „gewechselt“ wird, und in der neuen Geschäftsbeziehung finden sich im Idealfall genau die Strukturen, die für den Kunden besser passen.
5. Wenn alle diese Schritte keine Lösung bieten, dann bleibt tatsächlich nur noch der letzte, fünfte Schritt: die Beendigung der Kundenbeziehung. Bei Geschäftsbeziehungen suchen die meisten Manager das persönliche Gespräch, um einen Geschäftskunden die Entscheidung mitzuteilen. „Schon früh, also einige Monate vor einer anstehenden Vertragsverlängerung, beginnen sie zu erläutern, wie ihr Unternehmen den Kundenwert wahrnimmt, und fordern für die Zukunft eine ausgeglichenere Beziehung“, so die Autoren. „Entscheidend ist, dass der Kunde diese Diskussionen – und sogar die Beendigung der Kundenbeziehung selbst – als vorteilhaft für beide Seiten ansieht.“
Anders ist der Fall bei Privatkunden. Die meisten Privatkunden werden weder im Voraus informiert noch erfahren sie die Gründe, die zur Kündigung geführt haben. Gekündigt wird ihnen auch im Normalfall per E-Mail. Und dieses Verhalten sorgt für Ärger und Wut bei den Endkunden. Dabei könnte die negative Bewertung, die daraus resultiert, relativ einfach verhindert werden. „Kunden, die ihrer Meinung nach gehen mussten, weil z.B. der Konkurrenzdruck in der Branche den Anbieter zu einer Strategieänderung gezwungen hat, ärgerten sich in der Regel nicht so sehr über die Trennung“, beschreiben die Autoren. Groß war der Ärger jedoch bei den Kunden, die dachten, das Unternehmen hätte ihnen gekündigt, um seinen Gewinn zu maximieren.
Sich von einem Kunden zu trennen impliziert meistens einen Image-Verlust, denn unzufriedene Kunden sind genauso wie zufriedene Multiplikatoren. Daher: Suchen Sie nach Lösungen, wie die unterschiedlichen Bedürfnisse von beiden Seiten zufriedengestellt werden können, bevor Sie einen endgültigen Schlussstrich ziehen.
Karin Bünnagel | redaktion@regiomanager.de

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