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Ferienimmobilien: Ab ans Meer!

Allen Krisen zum Trotz – oder gerade deswegen – werden Zweitwohnsitze an der Nord- und Ostsee immer beliebter und daher immer teurer. Auch ihre Funktion erweitert sich.

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von Regiomanager 30.05.2022
Beliebter als je zuvor: Ferienhäuser an der deutschen Ost- und Nordseeküste (© Jürgen Nickel – stock.adobe.com) | Claas Syrt Möller

„Ferienhaus kaufen“ oder „Ferienwohnung kaufen“ – noch nie wurde das Internet häufiger nach diesen Suchbegriffen durchkämmt als im Sommer 2020. Und es bleibt nicht nur beim Interesse. Ende 2020 lebten noch 1,26 Millionen Menschen in einem Haushalt, der ein „Second Home“ sein Eigen nennt; ein Jahr später waren es schon 21,2 Prozent mehr. Die Corona-Pandemie machte die eigenen vier Wände an einem Sehnsuchtsort noch verlockender, einschließlich der Überlegung, dort Homeoffice machen zu können. Gleichzeitig arbeiten viele Ferienorte daran, ihre Saison zu verlängern und Vierjahreszeiten-Region zu werden. So kann der Zweit- sogar zum Hauptwohnsitz werden. Reizvoll! Wegen der Nachfrage während der Corona-Pandemie stiegen die Preise von Ferienimmobilien an den meisten Standorten zwischen 2020 und 2021, wie eine Übersicht des Immobilienmaklers Engel & Völkers zeigt: Der Quadratmeterpreis von Eigentumswohnungen auf Sylt stieg von 12.000 bis 18.000 Euro auf 16.000 bis 20.000 Euro. Hinter Deutschlands teuerstem Ferienort rangieren übrigens Tegernsee und dahinter Norderney (14.500 bis 19.000/15.000 bis 20.000 Euro). Bei Gästen aus Nordrhein-Westfalen ist Ostfriesland mit seinen Inseln besonders beliebt.


Hauptsache Meer


Der Meeresspiegelanstieg durch den Klimawandel tut dem Boom auf den Inseln keinen Abbruch. Wer aber auf der Insel nicht zum Zuge kommt, sucht verstärkt auf dem Festland. Beispiel ostfriesische Nordseeinseln: Dort kletterten die bezahlten Preise für FeWos 2020 um sechs Prozent, in den Küstenbadeorten sogar um zehn Prozent. Grob gesehen sind Ostseeinseln günstiger als die Nordseeinseln, die Ostsee-Küstenorte dafür teurer als die Nordsee-Küstenorte. Es gibt übrigens immer noch bezahlbare Küsten-Alternativen wie Büsum (Nordsee) oder Wismar/Insel Poel (Ostsee). Generell sind während der Corona-Lockdowns – steigende Energiepreise dürften sich ähnlich auswirken – ruhige, von den Metropolregionen aus gut erreichbare Orte im Interesse gestiegen: wie etwa die Schlei-Mündung in Schleswig-Holstein, die Mecklenburgische Seenplatte oder die Seen südlich von München. Der Zug zum See zeigt sich im Preisranking von Engel & Völkers besonders an den Ein- und Zweifamilienhäusern. Auf Sylt an erster Stelle folgen gleich vier bayerische Seeregionen: Tegernsee, Fünf-Seen-Land, Bodensee und Chiemsee – vor Norderney.
Wegen und während der Corona-Pandemie mit ihren Beschränkungen von Auslandsreisen hat sich Deutschland als Urlaubs-Standort nachdrücklich in Erinnerung gerufen; Inlands-Standorte eignen sich einfach besser für kleine Fluchten. Zwar hat Corona einen Run auf Ferienimmobilien ausgelöst, doch vielerorts durften sie längerfristig weder besucht noch bewohnt werden, teilweise nicht einmal von den Eigentümern. Beherbergungsverbote ließen die Mieterlöse einbrechen.
Exklusive Objekte werden tendenziell eher nicht vermietet. Grundsätzlich geht beim Ferienobjekt der Trend jedoch zur Gewinnerzielungsabsicht. Engel & Völkers berichtet, dass mittlerweile 45 Prozent der Ferienimmobilien als potenzielles Renditeobjekt gekauft werden. Banken sind sehr zurückhaltend bei der Ferienhaus-Finanzierung. Generell sollten 30 bis 50 Prozent Eigenkapital vorhanden sein. Finanztest (Oktober 2021) schreibt: „Kaufen Sie eine Ferienimmobilie als Kapitalanlage nur, wenn Sie bereits über ausreichend Vermögen in anderen Anlageformen verfügen. Die Investition in eine Ferienimmobilie ist riskanter als die in eine fest vermietete Immobilie.“


Checkliste abarbeiten


Wer mit einem zweiten Wohnsitz liebäugelt, sollte sich zuerst klar werden, was er bezweckt, rät Finanztest. Denn in manchen Tourismus-Regionen darf nicht an Feriengäste vermietet werden – Rendite ist dann nicht drin. Große Ferienanlagen dagegen schreiben in vielen Fällen Vermietung vor. Ein solches Objekt scheidet als Altersruhesitz bereits aus. Eine zweite Grundsatzentscheidung betrifft die Art des Objektes. Ein einzelnes Haus oder eine einzelne Wohnung ist in der Regel flexibel nutzbar: Urlaub ist dort jederzeit möglich, es kann vermietet und sogar zum Altersruhesitz werden. Dem stehen Immobilien in einer Ferienanlage für Preise zwischen 150.000 und 500.000 Euro gegenüber. Bei ihnen gehört die Vermietung gewöhnlich zum Geschäftsmodell. Darum und um die allgemeine Verwaltung kümmern sich gegen beträchtliche Nebenkosten Betreiber oder Agenturen.
Natürlich ist die Lage ein wichtiges Kriterium: Anreisemöglichkeiten, Infrastruktur, Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants, Möglichkeiten für Sport, Freizeit und Schlechtwetteraktivitäten sollten im Auge behalten werden – abgesehen von wichtigen Pluspunkten wie Strand- oder Bergnähe. Erst das Gesamtpaket sorgt dafür, dass die Ferienimmobilie gut vermietbar ist und langfristig Rendite bringt. Das bedeutet aber auch, dass Top-Immobilien sich nicht als Renditeobjekte eignen, da – wie auch auf dem normalen Wohnungsmarkt – die Mietpreise nicht mit den Verkaufspreisen Schritt halten. „Wer Rendite machen will, sollte pro Quadratmeter nicht mehr als 10.000 Euro zahlen“, zitiert Finanztest Göran Holst vom Deutschen Ferienhausverband. Das könne man über die Miete nicht reinholen. Er empfiehlt Standorte abseits der klassischen Urlaubshotspots. Fehmarn z.B., wo es noch attraktive Immobilien für 4.000 Euro pro Quadratmeter gebe.


Vermietbarkeit optimieren


In den letzten Jahren sind wegen des großen Wettbewerbs die Ansprüche an Ausstattung und Komfort einer Immobilie gestiegen: gutes Mobiliar, Stellplatz fürs Auto. Die ganzjährige Vermietbarkeit steigt mit Details wie Kaminofen oder Sauna und mit Highlights wie einem besonders großen Grundstück, der Lage mitten im Wald, einem Fitnessraum oder einem haustierfreundlichen Angebot. Nach einer Studie von FeWo-direkt erzielen Ferienimmobilien im Inland eine Nettorendite von durchschnittlich 4,5 Prozent sowie jährliche Mieteinnahmen von durchschnittlich 12.800 Euro – im Ausland jedoch nur 3,7 Prozent. Die Nettorendite ist der Jahresertrag aus Vermietung in Prozent des Kaufpreises nach Abzug von Nebenerwerbskosten, Steuern und Instandhaltungsrücklagen. Vielfach stellen Betreiber die erwarteten Nettorenditen zu optimistisch dar, kritisiert Finanztest. Denn manche Kosten waren gar nicht berücksichtigt: etwa Strom, Internetanschluss oder Steuerberatung, teilweise noch nicht einmal die Nebenkosten für den Erwerb der Ferienimmobilie. Passable Renditen sind dennoch nicht unmöglich, resümiert Finanztest. Eines sollte aber klar sein: Es geht nicht um eine sichere Geldanlage, sondern um eine unternehmerische Investition mit allen Chancen und Risiken.

Claas Möller | redaktion@regiomanager.de

Claas Syrt Möller
| redaktion@regiomanager.de

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