Immobilien (Dienstleistungen)

Gebäudedienstleister: Raus aus der Schmuddelecke

Die Gebäudedienstleistungsbranche in 2020 wird sichtbarer, digitaler – und in Corona-Zeiten dringend gebraucht. Im beschäftigungsstärksten Handwerk geht es aber um viel mehr als um Reinigung.

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von Regiomanager 04.01.2021
(Foto: ©hxdyl – stock.adobe.com)

Catering- und Kantinenservice, Hausmeisterdienste oder Grünflächengestaltung: Mit rund 700.000 Beschäftigten ist die Gebäudereinigungsbranche nicht nur Deutschlands beschäftigungsstärkstes Handwerk, sondern auch ein besonders wandelbares. In 2020 gehören neben klassischen Reinigungs- längst auch sämtliche andere Services rund um Gebäude zum Leistungsspektrum: „Ganzheitliches Gebäude- und Facilitymanagement sowie infrastrukturelle Zusatzleistungen wie Hol-, Bring- und Wachdienste gehören heute zu unseren modernen Unternehmen dazu“, sagt Christopher Lück, Geschäftsführer im Bereich Politik und Kommunikation beim Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks, das sich entsprechend „die Gebäudedienstleister“ nennt.
Gebraucht werden diese Dienstleistungsunternehmen in Corona-Zeiten dringend – sowohl beim Management von Gebäuden mit veränderter Nutzung als auch bei der Gebäudereinigung. „Gebäudereinigungsunternehmen sind ein zentrales Glied in der Kette, mit der eine weitere Ausbreitung der Coronaviren bekämpft werden“, sagt Christopher Lück. Denn: Durch professionelle Reinigung ließen sich die Risiken in Meetingräumen und sanitären Anlagen stark reduzieren.

Corona zeigt Relevanz von Profi-Reinigung

„Das Bewusstsein dafür, wie wichtig Hygiene für die Gesundheit ist, steigt gerade gesamtgesellschaftlich“, sagt Lück. „Das ist zur Bewältigung der gesundheitlichen Krise gut und wichtig, aber auch längerfristig für unsere Branche.“ Denn: „Es macht noch einmal deutlich, wie systemrelevant Gebäudereinigung ist.“ Trotz der Branchengröße kämpfe man noch immer mit einem schlechten Image, so Lück. „Mit mal eben den Besen schwingen ist der Job in unserer Branche aber nicht getan. Die Corona-Krise macht den Wert und die Relevanz dieser Arbeit sichtbar.“
Allerdings: Rund 65 Prozent der Unternehmen klagen im Herbst 2020 über Umsatzeinbußen, mehr als die Hälfte bekommt Aufträge im verringerten Umfang – und ein Viertel musste Beschäftigte entlassen: Kunden sparen in der Pandemie-Wirtschaft, Angestellte vieler Branchen sind statt im Büro am Schreibtisch zu Hause, Veranstaltungen werden abgesagt: „Dann wird auch den Gebäudedienstleistern abgesagt“, sagt Kommunikationsleiter Christopher Lück.

Mehr Unternehmen bieten Facilitymanagement

Für die überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen der Branche eine harte Herausforderung, wissen die Verantwortlichen des Bundesverbandes, der von Berlin aus als Arbeitgeber- und Dachverband die Interessen seiner rund 2.500 Mitgliedsunternehmen vertritt. Betriebe mit weniger als 500.000 Euro Jahresumsatz machen mit etwa 80 Prozent den Hauptteil der Branche aus, die mittlere Umsatzklasse zwischen 500.000 und fünf Millionen Euro Jahresumsatz machen etwa 17 Prozent der Unternehmen aus. Die Branchenriesen hingegen sind gerade mal zwei Prozent aller Unternehmen, machen aber über 46 Prozent des Branchenumsatzes aus.
Insgesamt steigt die Zahl der Reinigungsunternehmen und Gebäudedienstleister seit Jahren stetig: 24.606 gab es in 2019; so die neuesten Zahlen. Viele Unternehmen bieten neben Reinigung auch Facilitymanagement und weitere Gebäudedienstleistungen, so der Branchenverband. Alle zusammen erwirtschaften aktuell einen jährlichen Umsatz von fast 20 Milliarden Euro und bieten Arbeitsplätze für knapp 700.000 Menschen. Und sie sind weiter auf Wachstumskurs.

Berufsbilder werden immer vielfältiger

„Es ist eine Branche im Wandel“, betont Christopher Lück. Der Markt der Gebäudereinigung ist bei gewerblichen Kunden fast ausgelastet: Diese haben zu knapp 80 Prozent die Reinigung ihres laufenden Betriebes an professionelle Gebäudedienstleister ausgelagert. Im Bereich Glas- und Fensterreinigung sogar zu 92 Prozent, zeigt eine Marktstudie im Auftrag des Bundesinnungsverbandes. „Deshalb haben sich auch so viele Unternehmen Innovationen und Nischen einfallen lassen“, sagt Lück. Hol- und Bringservice z. B. für Textilien, inkludiertes Management von Kantinen- und Grünflächenbereichen. „Die Berufsbilder werden immer ausdifferenzierter“, so Lück. „Von der Reinigung von Computerchips oder hochspezialisierter Industrieanlagen bis zu einem nachhaltigen Reinigungsbetrieb auf Kulturveranstaltungen bietet die Branche sehr unterschiedliche Jobs und erfindet sich ständig neu.“

Im Trend: Daytime-Cleaning

Ein kommender und für die Branche sehr wichtiger Trend ist das Daytime-Cleaning: Statt in den frühen Morgen- oder in den Abendstunden wird tagsüber gereinigt. Für die Auftraggeber hat das den Vorteil, dass Arbeitsstätten, Büros und Konferenzräume auch im laufenden Betrieb im frischen Glanz erstrahlen und dass z. B. auf Verschmutzungsvorfälle mitten am Tag professionell reagiert wird. Es gibt aber auch Herausforderungen wie beim Datenschutz oder bei eventuell störenden Geräuschen durch Reinigungsgeräte. „Es ist eine andere Art der Arbeitsorganisation und Absprache erforderlich“, sagt Christopher Lück. „Für einen Imagewandel des Berufes ist es aber auch ganz wichtig, dass die Reinigungskräfte sichtbarer werden.“ Und dass die Branche attraktivere Arbeitszeiten bieten kann: „Unsere Unternehmen sind ständig auf der Suche nach Fachkräften und überhaupt Arbeitskräften“, sagt Lück. „Mit Daytime-Cleaning können sie mehr Menschen für sich überzeugen, da es viel einfacher ist, Eltern und vor allem Alleinerziehenden ein Arbeitsangebot zu machen, das zu ihrem Alltag passt.“
Fachkräfte und Auszubildende machen etwa zehn Prozent der Angestellten in der Branche aus. Ein Drittel arbeitet als Minijobber. Die geringfügige Beschäftigung sieht der Bundesinnungsverband kritisch. „Wir finden es politisch falsch, geringfügige Beschäftigung zu fördern, wir würden Menschen auch in Teilzeit beschäftigen“, sagt Lück. Zumindest müsste nun die Obergrenze von 450 Euro dynamisiert werden, „schließlich haben sich die Tarife erhöht, jetzt müssen die Arbeitszeiten in bestimmt 100.000 Verträgen angepasst werden“, sagt Christopher Lück. „Ein enormer bürokratischer Aufwand.“

Auf dem Weg in die digitale Zukunft

Zeit und Energie, die Unternehmer lieber in den Wandel stecken möchten. „Die Zukunft der Gebäudereinigung ist digital“, schreibt auch die Bundesagentur für Arbeit in ihrem Webauftritt zur Berufsinformation. Autonome Reinigungsroboter, Büro- und Sanitärräume, die selbst melden, wann sie gereinigt werden müssen und damit Reinigung „on demand“ ermöglichen, Drohnen zur Reinigung von Fassaden und Schiffsrümpfen: „Für Fachkräfte werden sich durch den Einsatz dieser Technik Arbeitsorganisation und Arbeitsausführung ändern, für Führungskräfte wird die Entscheidung für oder gegen Investitionen auf diesem Gebiet anstehen“, schreiben die Analysten bei der Arbeitsvermittlung. Tatsächlich hat sich bereits die duale Ausbildungsordnung in der Branche verändert. „Smart Cleaning ist aber in 90 Prozent der Bestandsgebäude gar nicht oder nur eingeschränkt möglich“, sagt Christopher Lück. „Einen fünfstöckigen Altbau können Sie gar nicht mit einem Roboter reinigen, das geht in Turnhallen, Einkaufszentren und in Neubauten, für die es ja durchaus den Trend zum Smart Building gibt.“ Diese Art der Digitalisierung komme in den nächsten Jahren und Jahrzehnten. „Das testen aktuell aber die Großen aus, denn für den Mittelstand sind es auch sehr teure Investitionen, die aktuell auch gar nicht drängen.“

Digitale Prozessoptimierung

Digitalisierung sei dennoch das Zukunftsthema, an dem sich alle beteiligen. „Die ganze Branche entwickelt sich bei der digitalen Prozessoptimierung“, sagt Lück. Das bedeutet konkret: Es wird digital erfasst, wann und wie viel gereinigt wird und wie das Personal optimal eingesetzt werden kann. „Das macht unsere Branche auch nachhaltiger im Sinne von Umweltschutz, weil auch so bedarfs- und damit ressourcenorientierter gearbeitet wird.“
Durch die Digitalisierung entstehen neue Berufsbilder. „Automatisierung ist keine Bedrohung, auch Programme und Maschinen müssen bedient und gewartet werden“, sagt Lück. „Die Reinigungsbranche ist eben ein dynamisches Feld, das auch lebenslanges Lernen bedeutet.“
Und weiter für alle offen ist, betont der Geschäftsführer für Politik und Kommunikation. Mindestens ein Viertel der Beschäftigten habe eine Migrationsgeschichte, viele Betriebe bemühten sich auch um die Beschäftigung von Geflüchteten. Auch Schulabbrecher und Langzeitarbeitslose bekommen in der Branche eine Chance. „Hier kann man von unten aufsteigen“, sagt Lück. „Jeder kann sich weiterentwickeln.“ Das Diversity-Management der sehr unterschiedlichen Beschäftigten habe Herausforderungen, „aber die Geschäftsführungen im Mittelstand haben hier seit jeher viel Erfahrung und begegnen ihnen sehr positiv“, berichtet Lück von den Rückmeldungen zum Thema. Fachkräfte und überhaupt Arbeitskräfte würden in der Branche stark nachgefragt. Es gibt einen Branchenmindestlohn von 10,80 Euro pro Stunde, bei Glas- und Fensterreinigung liegt er bei 14,10 Euro. „Außerdem gibt es diverse Zuschläge, 30 Tage Urlaub und Aufstiegschancen in einer Branche mit Zukunft.“

Miriam Bunjes | redaktion@regiomanager.de

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