Management

Preispolitik für den Mittelstand

Vom magischen Dreieck bis zum Preiskampf mit harten Bandagen.

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von Regiomanager 01.06.2016
Markteinführung des Samsung Galaxy S7 edge als Beispiel für die Skimmingstrategie

Jeder Käufer, egal ob privat oder gewerblich, erwirbt materielle Güter oder Dienstleistungen nur dann, wenn der Nutzen überzeugt. Doch nicht der Nutzen allein bestimmt darüber, ob ein Angebot wahrgenommen wird. Auch der geforderte Preis spielt eine Rolle. Und zwar besonders dann, wenn ein Käufer zwischen mehreren Alternativen auswählen kann. Ist dies der Fall, so vergleicht er verschiedene Preise und Nutzen und wählt schließlich die Option mit der besten Preis-Nutzen-Relation. So ist zum Beispiel ein Auto in der Lieblingsfarbe durchaus einen Aufpreis von 300 Euro oder gar 500 Euro wert, aber sicher nicht 5.000. Hier stimmt der Nettonutzen nicht, und dieses wurde bei der Preisfindung, als Teil der Preispolitik eines Unternehmens, nicht richtig bedacht.

Relevanz der Preispolitik

 
Die Preispolitik, als zweites Element im Marketing Mix, beinhaltet alle absatzorientierten Schritte zur marktgerechten Gestaltung des vom Käufer wahrgenommenen Verhältnisses zwischen Preis und Nutzen eines Produkts oder einer Dienstleistung. Preispolitik ist damit eines der schwierigsten Themen im Marketing und bedarf genauer Analysen und wohl überlegter Strategien. Gerade in jüngster Zeit genießt die Preispolitik eine Renaissance. Die Gründe dafür liegen unter anderem in stagnierenden Einkommen und knapperen Budgets von Unternehmen. Käufer neigen dazu, sich günstigeren Produkten oder wettbewerbsoptimierter Distributionskanäle zu bedienen. Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts GfK von 2015 lag das Augenmerk von Käufern zwischen Preis- und Qualitätsorientierung bei 49 zu 51 Prozent. Der Preis wird also ebenso hoch bewertet wie die eigentliche Qualität. Zudem zeigt sich, dass gesättigte Märkte, unausgelastete Produktionskapazitäten oder ausgereizte Differenzierungsmöglichkeiten bei zahlreichen Produkten immer häufiger zum Preiswettbewerb führen. So hat sich zum Beispiel die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/2009 deutlich auf den Absatz von Automobilen in Deutschland ausgewirkt. Nur durch großzügige Rabatte der Hersteller in Kombination mit Umweltprämien gelang eine Stabilisierung des Absatzes dieser Schlüsselindustrie. Ein weiteres Beispiel ist der Preiskampf der Lebensmitteldiscounter Aldi und Lidl. Beide Unternehmen nutzen ihre Marktmacht, um Preise gegenüber ihren Zulieferern zu drücken und diesen Beschaffungsvorteil in preisaggressiven Kampagnen an den Endverbraucher weiterzugeben. Ausländischer Wettbewerb und die Transparenz von Preisen sind zwei weitere wichtige Beispiele für Preispolitik. So setzen ausländische Unternehmen, vor allem aus China, beim Markteintritt gerne auf Dumpingpreise, um möglichst schnell eine marktbeherrschende Stellung einzunehmen. Allein in Deutschland betrug der Anteil von importierten Spielwaren in 2014 rund 1,9 Milliarden Euro; rund 90 Prozent davon kamen aus China. Die fortschreitende Digitalisierung via Smartphone und Internet schafft dagegen eine schnellere Verfügbarkeit von Informationen für Eigenschaften und Preise nahezu aller Hersteller. So kann man mit einem Klick auf Internetplattformen Testberichte, technische Daten und auch Preise vergleichen. Doch wie gestalte ich als klassischer Mittelständler meine Preise?

Das magische Dreieck
der Preispolitik

Im Marketing kennen wir drei grundlegende Ansätze: die kostenorientierte, nachfrageorientiere und wettbewerbsorientierte Preisbildung. Die kostenorientierte Preisbildung erfolgt auf Grundlage des eigenen Rechnungswesens und lässt sich damit leicht ermitteln. Problematisch wird dabei jedoch, dass die Kostenkalkulation in direkter Abhängigkeit zur verkauften Menge steht; Stückpreis, Absatzmenge und Stückkosten stehen in einem Teufelskreis zueinander. Ein Beispiel: Sie planen als selbstständiger Reiseleiter einen Ausflug ins Grüne mit Gesamtkosten von 1.000 Euro und rechnen aufgrund Ihrer Erfahrung mit 150 Teilnehmern. Als Gewinn haben Sie 500 Euro kalkuliert und nehmen von daher zehn Euro von jedem Teilnehmer der Fahrt. Nun kommen aber nur 100 Teilnehmer und die Fahrt wird mit 1.000 Euro zur Nullnummer. Wenn Sie nun stur dem Prinzip der kostenorientierten Preisbildung folgen, dann müssen Sie für die nächste Fahrt ins Grüne den Preis auf 15 Euro erhöhen. Dabei laufen sie allerdings Gefahr, dass nochmals deutlich weniger Teilnehmer kommen. Eine nachfrageorientierte Preisbildung orientiert sich an der Preis-Absatz-Funktion, welche die Abhängigkeit von Preis und Nachfrage beschreibt. So ist ein Fahrrad zum Preis von 5.000 Euro für wenige Käufer interessant. Das gleiche Rad zum Preis von 2.000 Euro oder gar 500 Euro dagegen spricht schon eine wesentlich größere Zielgruppe an. Entscheidend bei der Preisfindung über diesen Ansatz ist die Elastizität der Funktion. Je steiler die Kurve, desto unelastischer die Nachfrage. Begründet werden kann dies mit dem Nutzen eines Produktes und den möglichen Substituten. So ist die Nachfrage nach Benzin unelastisch – da das vorhandene Auto nur Benzin fährt, muss man auch Benzin tanken, während die Nachfrage nach Äpfeln elastisch ist. Eine Birne schmeckt schließlich fast genauso gut wie ein Apfel. Hier fällt der Umstieg leicht. Die wettbewerbsorientierte Preisbildung stellt den kompliziertesten Ansatz dar und bedingt Produkte oder Dienstleistungen mit ähnlichem Nutzen sowie ein Angebotsoligopol. Unter einem Angebotsoligopol versteht man einen Markt, der aus wenigen Anbietern und vielen Nachfragern besteht. Bei der wettbewerbsorientierten Preisbildung kann man zwischen wirtschaftsfriedlichem Verhalten, Koalitionsverhalten und Kampfverhalten unterscheiden. Wirtschaftsfriedliches Verhalten stellt den gesunden Wettbewerb dar und dient der Realisierung eigener ökonomischer Ziele, während Kampfverhalten dazu dient, Konkurrenten zu schaden, was nicht selten in ruinösen Preiskämpfen endet. Das Koalitionsverhalten kennen wir alle von der Tankstelle. Zwar sind dieser Art der Preisbildung via Kartellamt oder anderer staatlicher Interventionen enge Grenzen gesetzt, doch freiwillige Preisanpassungen führender Anbieter sind auch in anderen Bereichen wie zum Beispiel Zucker, Kohle oder Stahl zu beobachten. Wie Sie an dieser Stelle sicher bemerkt haben, birgt jede der drei Ansätze sowohl Vor- als auch Nachteile. In der Praxis ist ohnehin klar, dass sich die Preisfindung an allen drei Ansätzen orientieren sollte. Man spricht bei diesem Ansatz dann auch von der integrativen Bestimmung des optimalen Preises und dem magischen Dreieck der Preispolitik.

Strategien des
Preismanagements

Wenn Sie nun den passenden Ansatz für Ihre Preisbildung gefunden haben, dann ist die Strategie der nächste Schritt. Skimming und auch Penetration gehören dabei zu den klassischen Strategien des Preismanagements. Bei der Skimmingstrategie wird durch einen zum Anfang vergleichsweise hohen Preis versucht, über Preisdifferenzierung einen maximalen Umsatz zu erzielen. Im Verlauf der Strategie bedient sich ein Unternehmen dabei phasenweiser Preissenkungen. So ist es möglich, im Laufe des Produktzyklus möglichst viele Käuferschichten mit unterschiedlich hohen Zahlungsbereitschaften zu bedienen. Das setzt allerdings voraus, dass es zur Markteinführung eines Produktes auch Käufer mit einer hohen Zahlungsbereitschaft gibt. Die Skimmingstrategie ist damit besonders bei elektronischen Produkten wie Smartphones, Spielkonsolen oder Laptops beliebt, also jenen Produkten mit einem überschaubaren Produktzyklus. Die Strategie setzt zudem eher auf kurzfristige Gewinne und hat zum Vorteil, dass sie geringere Kapazitäten erfordert. Bei der Penetrationsstrategie ist dies genau anders herum. Hier fallen Gewinne erst langfristig an, und es sind höhere Kapazitäten erforderlich. Die Penetrationsstrategie hat auch eher das Ziel, durch einen niedrigen Preis, der weit unter dem statisch-gewinnmaximalen Preis liegt, eine schnelle Gewinnung von Marktanteilen zu sichern und damit eine Markteintrittsbarriere für potenzielle Konkurrenten zu festigen. Ob der Preis dabei steigt, fällt oder gleich bleibt, ist für die Anwendung der Penetrationsstrategie unerheblich. Fazit: Die Preispolitik ist eine allgegenwärtige und nicht zu unterschätzende Größe im Wettbewerb und ein wichtiges Tool in Ihrem Werkzeugkasten des Marketings.
André Sarin | redaktion@regiomanager.de

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Fotostrecke

Markteinführung des Samsung Galaxy S7 edge als Beispiel für die Skimmingstrategie

(Foto: ©Stockfotos-MG – stock.adobe.com)

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