Caravan

Caravaning boomt

Diesel-Diskussion und Fachkräftemangel zum Trotz können Industrie und Handel glänzende Zahlen vorlegen. Die rollenden Ferienwohnungen erfreuen sich größter Beliebtheit.

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von Daniel Boss 01.05.2018
Wir sind dann mal weg – Caravan und Co. stehen für flexible Urlaubsgestaltung

Bei Fragen nach der derzeitigen Lage der Caravan-Branche kommen Verbandsvertreter geradezu ins Schwärmen: „Insgesamt könnte die Lage kaum besser sein, denn Caravaning ist als attraktive Urlaubsform in der Gesellschaft beliebt“, sagt Daniel Onggowinarso, Geschäftsführer des Caravaning Industrie Verbands (CIVD). Die Neuzulassungen von Freizeitfahrzeugen, gemeint sind Caravans (Wohnwagen) und Reisemobile, stiegen seit Jahren. Im vergangenen Jahr habe die Branche zum dritten Mal in Folge einen Rekordumsatz erwirtschaften können. Für die deutsche Caravaning-Industrie war es nach CIVD-Angaben das erfolgreichste Jahr ihrer Geschichte. „2017 wurden mit über 63.000 Reisemobilen und Caravans mehr Freizeitfahrzeuge in Deutschland neu zugelassen als jemals zuvor“, ist auf der Homepage zu lesen. Oliver Waidelich, Geschäftsführer des Deutschen Caravaning Handels-Verbands (DCHV), bringt es auf den Punkt: „Caravaning boomt“. Im ersten Quartal des Jahres 2018 ist seinen Angaben zufolge nicht nur das Geschäft mit neuen Caravans und Reisemobilen stark gewachsen. Auch der Absatz von gebrauchten Freizeitfahrzeugen habe erneut zugelegt. „Die Besitzumschreibungen von Caravans wuchsen dabei leicht um 0,6 Prozent, während die gebrauchten Reisemobile ein deutlicheres Plus von 3,4 Prozent verbuchten.“ Die deutsche Caravan-Industrie sieht sich im internationalen Vergleich „sehr gut“ aufgestellt, wie Onggowinarso betont. „Von den mehr als 190.000 im vergangenen Jahr in Europa neu zugelassenen Freizeitfahrzeugen stammen etwa 60 Prozent aus deutscher Produktion.“ Auch technologisch seien deutsche Hersteller Markt- und Innovationsführer. „Das gilt insbesondere für den Bereich Leichtbau. Durch die steigende Nachfrage nach mehr und besserer Ausstattung der Fahrzeuge, die Annehmlichkeit und Komfort erhöht, werden innovative Leichtbaulösungen immer bedeutender.“

Wunsch nach Individualität

Das Reiseverhalten hat sich laut DCHV dahingehend geändert, dass zunehmend mehrmals im Jahr verreist wird und die Dauer der Reisen dafür kürzer geworden ist. „Der Wunsch nach Individualität und Flexibilität hat zugenommen“, erklärt der Geschäftsführer. „In Anbetracht der Entwicklungen in einigen klassischen Urlaubsdestinationen spielt Sicherheit eine wichtige Rolle und damit sind Deutschland und das benachbarte Ausland wieder in den Fokus vieler Reisenden gerückt. Caravans und Reisemobile – ob gemietet oder gekauft – werden diesen gewandelten Bedürfnissen besonders gerecht und bieten in Verbindung mit touristisch attraktiv gelegenen und komfortabel ausgestatteten Stell- und Campingplätzen eine erlebnisorientierte Alternative zu anderen Unterkunftsarten.“ Sein Kollege Daniel Onggowinarso nennt zudem einen großen Outdoor-Trend, „ein erstarktes Interesse am Erleben und Entdecken der Natur“. So sei beispielsweise Wandern nicht erst seit Hape Kerkelings Tour auf dem Jakobsweg in wie nie. Also nur eitel Sonnenschein? Wie sieht es denn mit der Dieselproblematik aus, die Hunderttausende von Pkw-Haltern seit Monaten immer nervöser werden lässt? „Der weit überwiegende Teil der Reisemobile wird von Dieselmotoren angetrieben. Das gilt auch für viele Zugfahrzeuge von Caravans“, so Fachmann Waidelich. „Vor diesem Hintergrund beobachten wir aufmerksam die Entwicklungen bezüglich der Fahrverbote für Dieselfahrzeuge.“ Signifikante Auswirkungen auf den Absatz von Freizeitfahrzeugen habe man bisher nicht feststellen können. „Zur Optimierung der technischen Eigenschaften von Motor oder Getriebe zur Reduzierung von Emissionen entwickeln die Basisfahrzeughersteller ihre Modellreihen kontinuierlich weiter. Die Aufbauhersteller entwickeln innovative Leichtbaukonzepte für Auf- und Einbauten – mit dem Ziel, durch die Gewichtseinsparung den Kraftstoffverbrauch und damit die
Emissionen weiter zu reduzieren.“

Fahrverbote? Keine Panik!

„Saubere Dieselmotoren werden mittelfristig im Reisemobil unerlässlich sein“, ist Daniel Onggowinarso überzeugt. „Natürlich aber arbeiten die CIVD-Mitglieder eng mit den Basisfahrzeug-Herstellern zusammen, um tragfähige Alternativen zu entwickeln. Ebenso wie beim Pkw müssen aber etwa beim Elektroantrieb grundlegende Fragen bezüglich Reichweite, Gewicht, Kosten, aber vor allem auch der Lade-Infrastruktur gelöst werden.“ Eine Studie des Öko-Instituts habe übrigens gezeigt, dass Caravaning eine der umwelt- und klimafreundlichsten Urlaubsformen sei. Zum Urteil aus Leipzig sagt der CIVD-Chef: „Fahrverbote werden aller Wahrscheinlichkeit nach nur örtlich und zeitlich begrenzt in Städten realisiert werden können. Reisemobilisten müssen nur selten überhaupt mit ihrem Fahrzeug die Innenstadt durchqueren und parken in der Regel außerhalb, um dann mit dem Fahrrad oder ÖPNV in die Stadt zu fahren.“ Zudem gehe sein Verband davon aus, dass für Anwohner, die ein Reisemobil besitzen, Ausnahmeregelungen ausgesprochen würden, wie es bereits in Hamburg praktiziert werde. „Dafür setzen wir uns auch mit Nachdruck ein.“

Ein drängendes Problem der Branche ist der Nachwuchs. „Vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels, von dem nahezu alle Branchen betroffen sind, sucht auch die Caravaning-Branche – Hersteller wie Handel – derzeit nach Mitteln und Wegen, neue, qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu gewinnen und auszubilden“, betont Oliver Waidelich. Der Caravaning-Fachhandel sehe sich hier besonders im Werkstattbereich gefordert, der hohen Nachfrage gerecht zu werden. Dabei müssen bereits die Fachkräfte von heute wahre Hightech-Experten sein. Denn die Digitalisierung hat auch vor der Ferienwohnung auf Rädern nicht Halt gemacht. „Zuerst wäre hier die stetig zunehmende Vernetzung der verschiedenen Fahrzeugkomponenten zu nennen“, erklärt Daniel Onggowinarso. Diese ermögliche digitale Füllstandsanzeigen von Wassertank und Gasvorrat sowie die Steuerung von Heizung, Klimaanlage und Warmwasserversorgung über ein zentrales Bedienpanel oder per App. Auch die Möglichkeit der Online-Buchung eines Campingplatzes, freies WLAN auf den Plätzen und die Routenplanung per App sind heute essentiell.“ Die Digitalisierung erstrecke sich auch auf die Produktionsabläufe und ermögliche es, immer schneller immer bessere und immer stärker auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnittene Produkte und Services zu entwickeln und anzubieten. Wer die Neuheiten persönlich in Augenschein nehmen möchte, sollte den diesjährigen Caravan Salon, die bekannte Branchen-Messe, vom 25. August bis zum 2. September nicht verpassen. „Nirgendwo ist die gezeigte Produktvielfalt und -auswahl größer als in Düsseldorf“, sagt Daniel Onggowinarso.

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Fotostrecke

Daniel Onggowinarso ist Geschäftsführer des Caravaning Industrie Verbands (Foto: CIVD)

Oliver Waidelich führt den Deutschen Caravaning Handels-Verband, kurz DCHV (Foto: DCHV)

Im Reisemobil hat man seine Herberge immer dabei (Foto: CIVD)

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