Immobilien (Ausführung)

Tief- und Straßenbau: Hochkonjunktur schafft Herausforderungen

Die Tief- und Straßenbaubranche blickt auf volle Auftragsbücher. Zahlreiche Faktoren verhindern aber, dass sie so schnell bauen kann, wie sie möchte.

Avatar
von Regiomanager 01.07.2018
Foto: ©helenedevun - stock.adobe.com

Der Tief- und Straßenbaubranche geht es gut. Die Auftragsbücher sind voll; Bund, Länder und Kommunen investieren. Laut der Monatsberichtserstattung zum Bauhauptgewerbe des Statistischen Bundesamts betrug der Umsatz für Tiefbau im Jahr 2016 rund 38,1 Milliarden Euro. Die Hochrechnung des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe für 2017 liegt sogar bei 40,6 Milliarden Euro. Das sind 45 Prozent mehr als 2005, dem Tiefpunkt der Konjunkturentwicklung seit der Wiedervereinigung. „Wir gehen davon aus, dass wir noch drei bis fünf Jahre lang einen Investitionshochlauf haben werden“, so Uwe Ausmeier, der Vorsitzende der Landesfachabteilung Straßenbau im Bauindustrieverband NRW. Doch die gute Konjunktur bringt nicht nur Vorteile mit sich.

Problemfeld Rohstoffe

Denn nach Ausmeier verlangt die öffentliche Hand nach immer kürzeren Bauzeiten. Das betreffe nicht nur die Autobahnen, sondern auch innerstädtische Projekte. Dadurch blieben die Arbeit am Wochenende und ein 24-Stunden-Schichtbetrieb mitunter nicht mehr aus. Den Grund für die kürzeren Bauzeiten sieht der Abteilungsvorsitzende bei den Verkehrsteilnehmern. Ständen die im Stau, ohne das nachvollziehen zu können, entstände Unmut: „Da ist der Druck da, die Bauzeiten so kurz und knapp wie möglich zu halten“, sagt Ausmeier. Der Leidtragende ist der Auftragnehmer. Oft ist es jedoch gar nicht die Schuld der Tief- und Straßenbauer, dass Pläne ins Wanken kommen. Eine große Herausforderung liegt darin, Ressourcen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Das betrifft nicht nur Rohstoffe oder Fahrzeugkapazitäten, die mitunter nicht in der gewünschten Menge oder zur geforderten Zeit vorhanden sind, sondern auch Subunternehmen etwa zur Verkehrssicherung. Ein Beispiel nennt Uwe Ausmeier mit dem Splitt für den Asphalt. Dieser werde über Steinbrüche gewonnen: „Steinbrüche haben aber nur eine gewisse Abbaugenehmigung pro Jahr. Wenn die Nachfrage hoch ist, kann es sein, dass der Steinbruch schon im September seine Jahresproduktion beendet.“ Für den Bauunternehmer hieße das, den Splitt beispielsweise aus Norwegen importieren zu müssen. Dadurch verlängerten sich die Lieferzeiten.

Mehr Recycling gefordert

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit den Rohstoffen erkennt Dr. Andreas Geyer, Geschäftsführer des Ausschusses für Betriebswirtschaft im Zentralverband Deutsches Baugewerbe, in der Entsorgung des Bauabbruchmaterials. Prinzipiell könne man dieses wiederverwerten, hier stiegen allerdings die Anforderungen stetig. Würden die Grenzwerte für die Überlastung überschritten, müsste das Material deponiert werden. Der Deponieraum würde jedoch immer knapper: „Es gibt Projekte, da entfallen rund 30 Prozent des Auftragsvolumens auf Deponiekosten“, so Geyer. Zudem dürften neue Straßen mit maximal 50 Prozent altem Asphaltgranulat gebaut werden. Hier sollte dem Verband nach die Quote bei 100 Prozent liegen. „Das wäre auch im Sinne des Umweltschutzes“, sagt Geyer.

Problem Fachkräftemangel

Eine zusätzliche Herausforderung, die schnellere Bauzeiten konterkariert, ist der allgegenwärtige Fachkräftemangel. Zwar sei das Volumen des Bundes, das für den Bau von Infrastruktur zur Verfügung gestellt werde, gewachsen, in dem Maße nicht mitgewachsen seien jedoch die personellen Kapazitäten der Unternehmen, erklärt Geyer. Im Gegenteil seien über längere Zeit Stellen abgebaut worden, die nun wieder hinzugewonnen werden müssten. Schwierig gestaltet sich der Zuwachs in manchen Bundesländern unter anderem wegen des schlechten Images der Branche. „Wer eine Baustelle sieht, der sieht, dass es staubt, stinkt und heiß ist. Da will doch keiner arbeiten“, so Ausmeier. Zusätzlich dazu werde die Arbeit auf dem Bau oft mit schlechter Bezahlung assoziiert. Das stimme jedoch nicht mit der Realität überein, ist sich Ausmeier sicher: „Es gibt wenige, die mit weniger als 35.000 Euro brutto im Jahr nach Hause gehen.“ Auch die Ausbildung gehöre mit zu den bestvergüteten. Zusätzlich dazu würden nur noch wenige Arbeiten wirklich von Hand gemacht, die Regel sei die Maschinenunterstützung: „Die körperliche Arbeit ist bei weitem nicht mehr so schwer.“

Digitalisierung als Lösung

Die Digitalisierung kann in zweierlei Hinsicht dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Da sei zum einen die Attraktivitätssteigerung: „Wir machen das Berufsbild durch massiven Einsatz von Digitalisierung interessanter“, so Geyer. Zum anderen wäre da die Möglichkeit, auch mit weniger Personal einen Bau durchführen zu können. Niemand müsse dadurch seinen Job verlieren, betont Ausmeier, aber freie Stellen könnten durch Digitalisierung aufgefangen werden. Die Digitalisierung selbst hat in der Baubranche verschiedene Gesichter. Zum einen können jetzt und zukünftig deutlich mehr Informationen beispielsweise über die Geräte, Baufortschritte oder Geländeoberflächen ausgelesen werden, zum anderen ist das Stichwort Building Information Modeling (BIM) ein großes Thema. Ein digitales Modell des Bauwerks wird in dieser Methodik von allen Beteiligten mit verschiedenen Daten angereichert, welche wiederum allen zur Verfügung stehen. Das Modell dient nicht nur zur Planung und zum Bau des Gebäudes oder der Straße, sondern auch für den anschließenden Betrieb. Eine Information muss dadurch nur ein einziges Mal zur Verfügung gestellt werden.

Planungsbeschleunigung

Als einen guten Schritt in Richtung des zügigen Bauens sieht der Zentralverband Deutsches Baugewerbe das mögliche Gesetz zur Planungsbeschleunigung. Das Bundesverkehrsministerium schlägt im Entwurf einige Verfahren vor, welche die Planungszeit von Bauprojekten in Zukunft verkürzen würden. So sollen in Zukunft Doppelprüfungen vermieden, Schnittstellen eingespart und Standardisierungen ermöglicht werden. Mit vorbereitenden Baumaßnahmen oder Teilmaßnahmen dürfte schon begonnen werden, bevor das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen wäre. Im September soll der Entwurf für das Planungsbeschleunigungsgesetz dem Bundeskabinett vorgelegt werden. Eine zusätzliche Verstetigung von Investitionsmaßnahmen würde Geyer ebenfalls begrüßen. „Zurzeit kommen die Projekte vor März nicht ins Laufen.“ Würden die Maßnahmen über das Jahr verteilt, würde hier entzerrt und allen sei geholfen.

Infrastrukturgesellschaft spaltet

Zwiespältig blicken die Tief- und Straßenbauer auf die zukünftige Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen. Damit werden Bau und Betrieb der Autobahnen auf eine Gesellschaft des privaten Rechts übertragen. Eine Chance sieht Uwe Ausmeier in der kommenden Gesellschaft. Hingen die Gelder für Investitionen nicht mehr vom Bundeshaushalt ab, könnte sich da positiv auf den Straßenbau auswirken: „Dann wäre eine höhere Sicherheit da“, so Ausmeier. Für Tief- und Straßenbauer bestände dann eine Möglichkeit, größere Investitionen zu tätigen. Geyer sieht in der schnellen Umsetzung ein mögliches Problem. Bis 2021 soll die Straßenbaulast in die Gesellschaft übergegangen sein: „Wir haben gewisse Sorgen, dass es zu Bremsspuren kommt“, so der Geschäftsführer. Schließlich müsse die Aufgabe der Länder nun mit einem Mal und im laufenden Betrieb auf den Bund übertragen werden. Die Zukunft bleibt für die Straßen- und Tiefbaubranche also spannend. Nathanael Ullmann | redaktion@regiomanager.de

Teilen:

Newsletter abonnieren

Newsletter abonnieren und Brancheninfos erhalten

Datenschutz*