Marketing/Vertrieb

Werbetechnik: Schneller, höher, weiter

Die Werbetechnik-Branche wandelt sich ständig. Das hängt nicht nur mit neuen Technologien, sondern auch mit der Abschaffung des Meisterzwangs zusammen. Der Fachkräftemangel macht der Branche zusätzlich zu schaffen.

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von Regiomanager 01.06.2017
Revier Manager 2019/05
Digital Signage ermöglicht den flexiblen Einsatz von Werbebotschaften (Foto © eyetronic – stock.adobe.com)

Im täglichen Alltag gibt es kaum einen Bereich ohne Werbung – sei es im Fernsehen, in der Zeitung, im Internet, auf Plakaten oder auf Litfaßsäulen. Um aus der Masse der Werbebotschaften hervorstechen, sind Werbemittel deshalb vor allem eines: bunt, inspirierend und emotional. Wie Werbung generell, hat auch die Werbetechnik das primäre Ziel, ins Auge zu stechen und aufzufallen. Dabei umfasst Werbetechnik die gestalterische und technische Umsetzung von Werbung im Schilder- und Lichtreklamehandwerk. Die Werbetechnik setzt Werbung um in Produkte wie Planen, Magnetschilder, Schaufensterbeschriftungen, Fahnen, Großflächenplakate, Kfz-Beschriftungen, Banner oder Roll-ups. Werbetechniker bauen und gestalten aber auch komplette Informationssysteme oder Messestände. Die Auftragslage der Werbetechnik-Branche in Deutschland ist gut. Doch auch zehn Jahre nach Abschaffung der Meisterpflicht sorgt diese politische Maßnahme weiterhin für Unmut in breiten Teilen der Branche. Denn die Reform hat maßgeblich dazu beigetragen, dass das Schilder- und Lichtreklamehandwerk immer intransparenter wurde. So sind zahlreiche kleine und mittlere Betriebe mit hinzugekommen, deren unternehmerischer Schwerpunkt eigentlich auf anderen Gebieten liegt. Denn aufgrund der weggefallenen Meisterpflicht können auch Unternehmen Werbetechnik anbieten, die über weitaus weniger (geprüfte) Qualifikationen verfügen, als es ursprünglich Voraussetzung war. Der Umstand, dass viele Firmen die Werbetechnik erst als zweites oder drittes Standbein in ihr Portfolio aufgenommen haben, erschwert handfeste Aussagen über die Anzahl der bundesweit tätigen Werbetechniker. „Tatsächlich in der Handwerksrolle eingetragen sind rund 2.900 Betriebe. Daneben existiert eine Fülle von circa 20.000 Betrieben, zum Teil Einmannunternehmen, die bei der IHK angemeldet, aber eigentlich branchenfremd sind, da sie zwar einzelne Werbetechnik-Dienstleistungen anbieten, diese aber nicht ihr Schwerpunkt sind“, erläutert Martina Gralki-Brosch, Bundesinnungsmeisterin des Zentralverbands Werbetechnik (ZVW).

Diskussion um Meisterpflicht

Der ZVW mit Sitz in Dortmund hatte erst Ende Mai auf der Jahreshauptversammlung in Berlin seiner Forderung Nachdruck verliehen, die Meisterpflicht im Beruf des Schilder- und Lichtreklameherstellers wieder einzuführen. Dabei stieß der Verband auf Zuspruch vonseiten der Politik. So unterstützt etwa auch Dr. Carsten Linnemann, Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, die Forderung des ZVW, die Meisterpflicht als Qualitätssiegel im Schilder- und Lichtreklameherstellerhandwerk wieder einzuführen. Auch Ralph Bombis von der FDP und Vorsitzender der Enquete-Kommission zur Zukunft von Handwerk und Mittelstand in NRW, zeigte sich offen für eine Diskussion über die Meisterpflicht. „Gerade in unserer überaus vielfältigen Branche ist die Profilierung durch die Meisterpflicht ein absolutes Muss. Der ZVW setzt sich bereits seit Jahren für eine erneute Novellierung der Handwerksordnung ein. Um eine qualifizierte Ausbildung und einen hohen Verbraucherschutz zu gewährleisten, ist ein Umdenken auf europäischer Ebene dringend erforderlich“, betont Martina Gralki-Brosch. Deutschlandweit existieren schätzungsweise rund 150 größere Werbetechnik-Unternehmen mit 20 bis 50 Angestellten. Sie sind es, die größere Objekte mit riesigen Werbetürmen, Großwerbeanlagen und Leuchtbuchstaben ausstatten und oft auch europaweit im Einsatz sind. Bei ihren Kunden handelt es sich zumeist um große Filialisten. Zudem befassen sich diese Betriebe speziell mit sogenannten „Umflaggungen“, die z.B. dann erforderlich sind, wenn ein Einzelhandelsriese den anderen aufkauft. Im Zuge dessen muss dann die komplette Corporate Identity der neu erworbenen Märkte umgestaltet und die Werbung entsprechend angepasst werden. Solche Großaufträge für die Umflaggung mehrerer Filialen sind entsprechend lukrativ und in der Branche hart umkämpft. Bei einer Markt-Übernahme muss dann alles schnell gehen – oft geht die gesamte Umrüstung innerhalb von drei Monaten über die Bühne. Die Werbeflächen werden häufig erst kurz vor der Eröffnung in Angriff genommen, die Zeit sitzt den Werbetechnikern dabei immer im Nacken.

Trends und Innovationen

Die Werbetechnik-Branche bringt immer wieder neue technische Innovationen hervor. Eine der wichtigsten war zweifelsohne die Einführung der LED-Technik: Statt Leuchtbuchstaben und -kästen mit anfälligem und stromintensivem Neon auszustatten, greift man heute zu Ketten mit LED-Modulen, die verschraubt oder verklebt werden können. LEDs sparen Strom und lassen sich deutlich leichter verbauen, in der Helligkeit regulieren und bei Ausfall reparieren. Vor allem die Digitalisierung hat die Außenwerbung vielseitiger gemacht. Neben der klassischen Plakat-Werbung gibt es inzwischen eine große Vielfalt an Displays, die für die Kundenansprache genutzt werden können. Digital-Signage-Lösungen, z.B. in Form elektronischer Plakate und Verkehrsschilder, digitaler Türbeschilderungen oder Großbildprojektionen, haben das Gesicht der Städte verändert. Videowände unterschiedlichster Größe ermöglichen einen viel flexibleren Einsatz von Reklame als etwa ein fest installiertes Banner. Die Buchung der Mietflächen erfolgt in der Regel über Out-of-Home-Media-Anbieter. Technisch ist inzwischen fast alles möglich: mit verschiedenen Leuchtmitteln beleuchtete und interaktive Displays mit Wechselmotiven, Bewegtbilder und vieles mehr. Neue technische Möglichkeiten bringen jedoch auch neue Herausforderungen, was z.B. Visualisierung, Befestigung, Sicherheit oder rechtliche Auflagen betrifft. Denn schon für ein unbeleuchtetes Schild, das mehr als einen Quadratmeter misst, muss ein Antrag bei der zuständigen Kommune oder Stadt gestellt werden. Da gilt es Gestaltungssatzungen zu beachten, die Befestigung statisch vorschriftskonform abzusichern und das Ganze detailliert zu dokumentieren. Egal, was sich der Kunde wünscht und die moderne Werbetechnik möglich macht – im schlimmsten Fall darf das Schild von Amtswegen einfach nicht aufgehängt werden. Qualitätsstandards wie etwa die CE-Kennzeichnung bedeuten für den Werbetechniker aber nicht nur einen zusätzlichen Arbeitsaufwand, sondern auch ein Plus an Sicherheit: Hier muss genau dokumentiert werden, welche elektronischen Bauteile verbaut wurden oder welche Garantien auf die einzelnen Komponenten es gibt – auch die Rückverfolgung über Seriennummern muss sichergestellt werden.

Fachkräftemangel bekämpfen

Der Beruf des Werbetechnikers bietet Vielfalt: Letztlich finden sich im Schilder- und Lichtreklamehandwerk Tätigkeiten von Siebdruckern, Vergoldern, Schriftsetzern, Elektrikern, Schlossern, Malern, Lackierern und auch Mediengestaltern. „Es handelt sich um einen Querschnittsberuf, in dem sich rund zwölf andere Berufe widerspiegeln“, veranschaulicht Bundesinnungsmeisterin Gralki-Brosch die Vielfältigkeit des Berufsprofils. „Immer neue Technologien und Materialien erfordern eine stete Weiterbildung in allen Bereichen. In der heutigen Zeit liegen die Herausforderungen aber auch bei neuen Verordnungen, Gesetzen oder Normen, die es zu erfüllen gilt“, so Gralki-Brosch. Auch weil das Jobprofil so komplex ist, hat die Branche immer mehr Probleme, qualifizierte Auszubildende und Mitarbeiter zu finden. Generell ist in den letzten Jahren das Image handwerklich geprägter Berufe leider nicht besonders positiv, obwohl die Zukunftsperspektiven für junge Fachkräfte in der Werbetechnik durchaus gut sind. Wer sich weiterqualifizieren will, kann – trotz Abschaffung der Meisterpflicht – die Meisterprüfung als viel geschätztes Qualitätskriterium ablegen oder aufgrund der praktischen Erfahrung mit den Produkten im Vertrieb einsteigen.

Miriam Leschke | redaktion@regiomanager.de

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Digital Signage ermöglicht den flexiblen Einsatz von Werbebotschaften (Foto © eyetronic – stock.adobe.com)

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