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Thielenhaus Technologies: „Wirtschaftlich noch Luft nach oben“

Unternehmer Dietrich W. Thielenhaus über seine „gelegentlich unterschätzte“ Stadt Wuppertal.

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von Regiomanager 30.10.2018
Dietrich W. Thielenhaus ist geschäftsführender Gesellschafter der Thielenhaus Holding GmbH und Beiratsvorsitzender der Thielenhaus Technologies GmbH in Wuppertal

RWM: Herr Thielenhaus, Ihr Familienunternehmen Thielenhaus Technologies ist vor fast 110 Jahren in Wuppertal gegründet worden. Welche Bedeutung hat diese tiefe Verwurzelung am Standort für Sie?

Dietrich W. Thielenhaus: Mein Großvater hat die damalige Maschinenfabrik Ernst Thielenhaus 1909 in Barmen gegründet, also lange vor der 1929 durch die Vereinigung von Barmen und Elberfeld erfolgten Gründung der Stadt Wuppertal. Inzwischen hat die vierte Generation bei uns operative Verantwortung übernommen. Als Geschäftsführer und Gesellschafter sind wir – wie die meisten Mitarbeiter unseres Stammhauses – hier geboren und aufgewachsen. Daraus resultieren naturgemäß vielfältige Kontakte, Verbindungen und Bindungen zu unserer gelegentlich leider unterschätzten Stadt, die man oft erst so richtig zu schätzen weiß, wenn man ihre Besonderheiten verstanden hat.

RWM: Was macht für Sie die Besonderheit Ihrer Stadt aus?

Dietrich W. Thielenhaus: Der spezielle Charme Wuppertals erschließt sich dem flüchtigen Betrachter nicht unbedingt auf den ersten Blick. Man muss sich etwas Zeit nehmen, um das ganze facettenreiche Mosaik zu erkennen und zu verstehen. Dazu gehört auch die industriegeschichtliche Entwicklung, die im letzten Jahrhundert nicht zuletzt vom Niedergang der Textilindustrie und von der Transformation zu zukunftsträchtigeren Branchen geprägt worden ist. Zum Wuppertal-Bild gehören aber ebenso der bodenständige Menschenschlag, viele international renommierte Unternehmen, die anerkannte Universität, die kreative Junior-Uni, die hohe Lebensqualität im grünen Umfeld, die interessante Topografie sowie die vielfältigen Kultur-, Sport- und Freizeitangebote.

RWM: Das von Ihnen gezeichnete positive Bild schlägt sich in letzter Zeit nicht in größeren Ansiedlungen neuer Unternehmen nieder. Wie ist das zu erklären?

Dietrich W. Thielenhaus: Ich habe vor einiger Zeit mal versucht, einen amerikanischen Konzern zur Ansiedlung seiner neuen Europa-Zentrale in Wuppertal zu bewegen. Mein Bemühen war nicht von Erfolg gekrönt, weil andere EU-Länder den Großinvestoren beinharte Vorteile bei Steuern, Grundstücken, Erschließung und Arbeitskosten bieten. Hier können wir einfach nicht mithalten. Trotz dieser Nachteile im internationalen Standortwettbewerb leisten die kommunale Wirtschaftsförderung und das Wuppertal-Marketing gute Arbeit für unsere Stadt. Grundsätzlich gilt aber: Bei der wirtschaftlichen Entwicklung gibt es noch viel Luft nach oben. Wir müssen hier am Ball bleiben. Heute ist Wuppertal mit 354.000 Einwohnern die siebtgrößte Stadt in NRW. Zu meinen Schulzeiten lebten hier über 420.000 Menschen.

RWM: Wie bewerten Sie aktuell die lokalen Rahmenbedingungen für Unternehmen?

Dietrich W. Thielenhaus: Beanstandet wird von den Firmen naturgemäß immer wieder die hohe Gewerbesteuer. Im Kontext muss man allerdings auch die hohe Verschuldung der Stadt sehen, die kaum Raum für Steuersenkungen lässt. Kopfschmerzen bereiten derzeit die begrenzte Verfügbarkeit qualifizierter Bewerber, das fast alltägliche Stau-Chaos auf der A46, fehlende Kindergartenplätze und das offenbar wachsende Unsicherheitsgefühl mancher City-Besucher. Nach meinem Eindruck hat die Stadtspitze diese Probleme erkannt und bemüht sich um pragmatische Lösungen.

RWM: Was kann die Stadt tun, um ihre Zukunftsfähigkeit zu stärken?

Dietrich W. Thielenhaus: Hier sind wir alle gefordert. Zunächst sollten wir den Bekanntheitsgrad und das Image Wuppertals verbessern. Wenn ich im Ausland nach meinem Herkunftsort gefragt werde, antworte ich mittlerweile oft „Wuppertal, a city near Cologne“, weil der Fragesteller offenbar noch nichts von unserer Stadt gehört hat. Daher sollten alle Bürger selbstbewusster für unsere Stadt eintreten, deren Highlights sich ja nicht auf das früher gängige Trio „Schwebebahn, Zoo und Uhrenmuseum“ beschränken. Denken Sie beispielsweise an das wirklich großartige Von der Heydt-Museum, die Nordbahntrasse und den wunderschönen Skulpturenpark mit vielfältigen Kulturangeboten. In diesem Sinne wäre es schon ein Fortschritt, verstärkt Wochenendbesucher in die Stadt zu locken. Die wachsenden Kapazitäten von Hotels und Gastronomie würden davon ebenso profitieren wie Anbieter neuer Dienstleistungen. Ich habe kürzlich mit Hamburger Freunden eine Taxi-Rundfahrt durch die Stadt gemacht und dabei selbst für mich neue Aspekte entdeckt. Daraus ließe sich wesentlich mehr machen. Ansonsten bleiben die Neuansiedlung von Unternehmen und die Förderung von Existenzgründern mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze natürlich ganz oben auf der Agenda.

RWM: Zählt Wuppertal eigentlich auch zu Ihren ganz persönlichen Lieblingsstädten?

Dietrich W. Thielenhaus: Mittlerweile ja. Nach dem Abitur meinte ich kurzzeitig, San Francisco wäre gerade weit genug entfernt. Tatsächlich habe ich dann erst mal vor dem Studium in Köln eine Banklehre absolviert. Heute lebe ich sehr gerne hier. Das hängt auch damit zusammen, dass sich die vielfältigen Mosaiksteine in Kopf und Herz inzwischen zu einem sehr authentischen und sympathischen Gesamtbild sortiert haben. Oft liegt das Gute tatsächlich ganz nah. Man muss es nur erkennen und anerkennen.

RWM: Herr Thielenhaus, herzlichen Dank für dieses Gespräch.

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