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Virtual Reality: Wie Sie reale Werte schaffen

VR und AR sind mehr als Spielereien. Auch kleinere Unternehmen sollten hier ihre Chancen erkennen und nutzen. Hier einige Anregungen:

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von Regiomanager 05.07.2019
VR am Arbeitsplatz: Gesten können direkt in die virtuelle Umgebung übertragen werden (Foto: ©gorodenkoff – stock.adobe.com)

Auch wenn Menschen mit gewaltigen Hightech-Brillen „auf der Nase“ (noch) nicht zum normalen Straßenbild gehören, tauchen die Begriffe VR und AR doch immer häufiger auf – auch und gerade in wirtschaftlichen Zusammenhängen. „Virtual Reality“ (VR) steht für virtuelle Welten, in die man mittels VR-Brille eintauchen kann. Dabei kann es sich um vollständig am PC entstandene Welten handeln, wie man sie aus Computerspielen kennt, aber auch um digitalisierte Foto- oder Videoaufnahmen. Daneben gibt es die „Augmented Reality“, kurz AR. Bei dieser „erweiterten Realität“ findet eine digitale Überlagerung des Live-Bilds mit Zusatzinformationen statt. Es handelt sich also um einen Mix aus Realität und Virtualität.
„Klare Vorteile der VR-Technologien sind, dass Arbeitsabläufe realistisch dargestellt und Produkte noch vor der eigentlichen Produktion ebenfalls realistisch dargestellt und getestet werden können“, sagt Lukas Best, Geschäftsführer und Vorstandsmitglied des Ersten Deutschen Fachverbands für Virtual Reality.

Über Produkte informieren

Die Technologie, die 2016 das Handyspiel Pokémon Go zum Welterfolg machte, ist inzwischen erwachsen geworden. An die Stelle der lustigen Fantasy-Figuren sind echte Marketing- und Businessinformationen gerückt. Denn AR-Technologien bieten auch die Möglichkeit, mithilfe von AR-Brillen oder normalen Handys Zusatzinformationen einzublenden, etwa zu Produkten, Gebäuden oder Industrieanlagen.
„Firmen nutzen dies, um Verbraucher über ihre Produkte zu informieren“, so Lukas Best. „Der Kunde visiert mit seiner Kamera das Produkt an und bekommt zusätzliche Informationen auf seinem Smartgerät dargestellt.“
Kleine Unternehmen könnten so Arbeitsprozesse optimieren und testen, bevor große Investitionen getätigt werden müssten. So ließen sich laut Lukas Best Investitionen besser abschätzen, indem man das Vorhaben erst virtuell darstellen und so geplante Produkte noch stärker mit dem Kunden abstimmen könne, bevor diese in die Serienherstellung gingen. Und: „Kunden können Handlungen an Produkten selber durchführen oder in Bereiche eines Unternehmens eintauchen, bei dem aus Verletzungsgefahr oder anderen Sicherheitsbedenken der Zugang nur eingeschränkt möglich ist.“ Unternehmen könnten ihre Mitarbeiter für Produkte im Voraus schulen und sparten so wesentlich Zeit bei der eigentlichen Produkteinführung. Kurz: Es gibt viele Einsatzmöglichkeiten für alle Branchen und unabhängig von der Größe des Unternehmens.

Einfach ausprobieren!

„Wir merken oft, dass bei vielen die Vorstellungskraft fehlt, wie VR und AR im eigenen Unternehmen genutzt werden kann.“ Aber mit dem Ausprobieren der ersten VR-Anwendungen kämen sehr schnell Ideen für konkrete und sinnvolle Anwendungen. Beispiele finden sich etwa in den Bereichen Learning, Gaming/Entertainment, Produktdarstellungen, Design und Industrieanwendungen. „So testet die Autoindustrie ihre neuen Produkte sehr erfolgreich an virtuellen Modellen“, berichtet der Verbandschef. Dabei könnten Produkte in virtueller und realer Umgebung dreidimensional dargestellt werden – „und das standortunabhängig“. In Weiterbildungen können etwa medizinische Eingriffe realistisch erprobt und trainiert werden.
Es gibt aber auch noch ganz andere Möglichkeiten, die man nicht sofort mit VR/AR in Verbindung bringen würde. So präsentiere der GaLaBau NRW mit interaktiven 360-Grad-Videos sehr erfolgreich das Berufsbild des Landschaftsgärtners und mache ihn so attraktiv für junge Menschen. „In bestimmten industriellen Bereichen wird VR/AR Standard werden und ist es teilweise auch schon“, so Lukas Best.

Fürs Eintauchen beigeistern

Aktuelle VR-Anwendungen unterscheiden sich nach Aussage von Christian Dominic Fehling häufig in der Art und Weise, wie sie den Anwender in die virtuelle Realität eintauchen lassen. „Im weitesten Sinne lassen sich grobe Inhaltskategorien für VR aufstellen, die untereinander weitgehend kompatibel sind, also auch in Kombination auftreten können“, so der Ingenieur für Druck- und Medientechnik, der an der Bergischen Universität in Wuppertal zu diesen Themen forscht. Dazu zählt er u.a. folgende „Herausforderung“: „Statt mittelbar über Touch-Display, Tastatur oder Maus mit der Lernumgebung zu interagieren, können mittels VR-Controller Hand- und Fingergesten direkt in die virtuelle Umgebung übertragen werden. So ergeben sich vollkommen neuartige Schemata zur Interaktion mit virtuellen Inhalten, die nicht nur motivieren, sondern auch körperlich herausfordernd gestaltet sein können.“ Auch die „Begeisterung“ spielt, wie der Perspektivwechsel, eine wichtige positive Rolle: „Vor allem in spielbasierten VR-Anwendungen motivieren Inhalte dadurch, dass Unmögliches oder Unwirkliches erlebbar wird, z.B. indem der Anwender im Weltraum schweben, durch einen Lavasee schwimmen oder eine Maschine ohne körperliche Anstrengung komplett
zerlegen kann.“

Einsatz in der beruflichen Bildung

Im Rahmen der Berufsausbildung lassen sich heute bereits komplexe und kostspielige Maschinen einbinden, die am Lernort nicht verfügbar sind. „Lernende können gemeinsam mit anderen Kursteilnehmern an diesen virtuellen Maschinen lernen, ohne in die laufende Produktion einzugreifen oder Risiken eingehen zu müssen.“ Bei aller Euphorie, die der Forscher auch schon wieder ein Stück weit abflauen sieht, sollte aber immer der Mehrwert für das Unternehmen im Vordergrund stehen. „Es geht nicht darum, die Technik der Technik wegen einzusetzen, sondern um die sinnvolle Gestaltung zukünftiger Lern- und
Arbeitswelten.“
Unternehmen, die sich für VR/AR interessieren, können sich auf verschiedene Messen schlau machen. „Vor allem die AWE Europe im Oktober in München oder auch die DMEXCO im September in Köln bieten erste Anlaufmöglichkeiten, um in Kontakt mit Unternehmen aus dem VR/AR-Bereich zu kommen und Best-Practice-Beispiele zu erleben“, sagt Lukas Best vom Fachverband. Zudem bestehe die Möglichkeit, Workshops für das eigene Unternehmen zu buchen, was z.B. der „Digital Hub Cologne“ anbiete. Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de

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