Produktion

Verpackungen von morgen: Was Politik und Verbraucher möchten

Verpackungen sind nicht nur Hüllen, sondern ein fester Bestandteil des täglichen Lebens.

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von Regiomanager 17.05.2022
Bild: stock.adobe.com ©alphaspirit

Das bedeutet, dass sie auch wie ein solcher behandelt werden müssen: Sie müssen den Wertvorstellungen, Bedürfnissen und Erwartungshaltungen der Menschen entgegenkommen, die sie benutzen. Gerade in einer Welt, in der diese Erwartungen einem starken Wandel unterliegen, muss sich auch die Verpackungsindustrie für Innovationen offen zeigen.

Nachhaltigkeit ist das Thema Nummer Eins

In beinahe allen Lebensbereichen sind Nachhaltigkeit und Klimaschutz mittlerweile ein Thema geworden. Selbstverständlich bilden auch Verpackungen keine Ausnahme. Besonders Plastik wird mittlerweile extrem kritisch betrachtet und Schritt für Schritt durch umweltfreundlichere Alternativen wie Papier oder Karton ersetzt.

Um diesen Trend voranzutreiben, wurden bereits zahlreiche Gesetze auf den Weg gebracht. So verbot die EU-Kommission am 3. Juli 2021 den Einsatz von Einweg-Plastikprodukten wie zum Beispiel Trinkhalmen oder Wattestäbchen. Zudem sollen bis 2025 alle Plastikverpackungen mit speziellen Methoden bis zu 90% recycelbar oder wiederverwendbar sein. Diese Vorgaben stellen aber höchstwahrscheinlich nur einen Zwischenstopp dar. Je mehr innovative und klimafreundliche Werkstoffe auf den Markt gebracht werden, desto mehr ältere Verpackungsmaterialien müssen das Feld räumen.

Welche genauen Regulierungen in Zukunft auf die Verpackungsindustrie zukommen, ist selbstverständlich noch nicht abzusehen. Klar ist allerdings: Nicht nur die Politiker, sondern auch die Verbraucher selbst sind interessiert am Klimaschutz. Immer mehr Menschen besuchen beispielsweise “Unverpackt”-Läden, um so wenig Abfall wie möglich zu produzieren. Wo das nicht möglich ist, muss die Industrie Verpackungslösungen finden, die den wachsenden Ansprüchen der Konsumenten gerecht werden.

Auf welche Materialien setzt die Zukunft?

Durch die Bedeutungsschwere des Nachhaltigkeitstrends werden Monomaterialien vermutlich ein großes Comeback erleben. Multimaterialien, die nicht getrennt und somit auch nicht recycelt werden können, könnten vollständig aus der Verpackungsindustrie verschwinden. Stattdessen werden Glas, Edelstahl und Papier immer wichtiger. Doch die Materialforschung arbeitet auch an bisher unbekannten Lösungen, die bisher verwendete Stoffe auf eine weniger umweltschädliche Weise ersetzen könnten. Zu diesen Lösungen könnten beispielsweise die folgenden fünf Ideen zählen.

  1. Maisstärke: Aus ihr können plastikfreies Füllmaterial oder Versandbeutel hergestellt werden. Diese haben ein sehr geringes Eigengewicht und können sogar kompostiert werden.
  2. Papierschaum: Er besteht zumeist aus einer Mischung aus Pflanzenstärke und Altpapier. Das kompostierbare Material soll eine nachhaltige Alternative für thermoisolierende Verpackungen darstellen.
  3. Hanf: Auch Hanf könnte zukünftig zur Thermoisolation eingesetzt werden. Der Wärmeleitwert ähnelt dem von Styropor, jedoch ist das Material biologisch abbaubar und punktet zudem mit einem sehr geringen Wasserverbrauch beim Anbau. Die langen Fasern des Werkstoffes verleihen Verpackungen zusätzliche Festigkeit.
  4. Mykologie: Das US-amerikanische Unternehmen Evocative arbeitet bereits seit einiger Zeit an Materialien aus Pilzgeflechten. Trendforscher erwarten daher, dass die Nutzung von Mykologie in der Verpackungsindustrie weiter zunehmen wird.
  5. Milchsäure: Bereits 2017 veröffentlichte die österreichische Firma NaKu eine Flasche aus Biokunststoff. Das dafür verwendete Material basiert auf Milchsäure, welche aus Zucker und Stärke gewonnen wurde.

Der Pfandkreislauf nicht nur für Plastikflaschen

Der Pfandkreislauf für leere Getränkeflaschen ist mittlerweile sehr populär. Neu ist, dass das bald auch mit Lebensmittel- oder Kosmetikprodukten funktionieren soll. So haben beispielsweise das Start-Up-Unternehmen Circleback aus Berlin und der Hersteller Kneipp ein Recycling-Konzept für Kosmetika entwickelt. Die Verbraucher können leere Kunststoffverpackungen im zugehörigen Pfandautomaten zurückgeben und werden dafür mit zwanzig Cent entlohnt. Kneipp und andere Marken bekommen anschließend ihre Verpackungen wieder und können diese neu verwerten.

Ein ähnliches Konzept möchten die Gründer der jungen Firma mehrwelt auf den Markt bringen. Sie veröffentlichen ein Mehrwegsystem für Lebensmittel, bei dem teilnehmende Unternehmen ihre Produkte zunächst an eine mehrwelt-Sammelstation liefern. Dort werden die Lebensmittel in Mehrweggläser abgefüllt und an Supermärkte geliefert. Sind sie leer, können die Käufer sie im Pfandautomaten zurückgeben. So sollen neue Recycling-Kreisläufe geschaffen und zugleich der Einsatz von Plastik reduziert werden.

Verpackungen sollen kleiner werden

Die meisten Verpackungen sind für gewöhnlich recht groß. Süßigkeiten gibt es in Zehner- oder gar Fünfzehnerpacks, Soßen in Litergläsern und Kartoffeln in Zwei-Kilo-Säcken. Zum demografischen Wandel passt das leider überhaupt nicht. Denn immer mehr Haushalte in Deutschland bestehen aus nur einer oder zwei Personen, auch die Familien werden immer kleiner. Gleichzeitig ziehen immer mehr Menschen in die Stadt, wo sie dann die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen statt ein eigenes Auto. Große Mengen an Einkäufen zu transportieren, wird dann schwierig – die Litergläser und Kilosäcke haben ausgedient.

In Zukunft dürften sich Verpackungen gerade bei den Lebensmitteln, aber auch bei Artikeln wie zum Beispiel Waschpulver immer weiter verkleinern. Das kommt nicht nur den Kunden, sondern auch dem Klima zugute. Je mehr Produkte in einem LKW transportiert werden können, desto weniger LKWs braucht es insgesamt – das führt zu geringeren Fahrkosten und einer deutlich besseren CO2-Bilanz.

Wie sich das Verpackungsdesign ändern muss

Die meisten Konsumenten fällen die Entscheidung, ob sie ein Produkt kaufen werden oder nicht, innerhalb weniger Sekunden. Hersteller müssen sich deshalb durch ihre Verpackungen von der Konkurrenz abheben. Mittlerweile ist die Individualität des Etikettes eine zentrale Thematik in beinahe jeder Branche. Verpackungen sollen die Blicke auf sich ziehen, einen Wiedererkennungswert für die Marke schaffen und beim Kunden Interesse wecken.

Doch die Verpackung muss nicht nur zeigen, wie die Marke sich sieht, sondern auch, wie die Konsumenten sich wahrnehmen. Zurzeit bedeutet das vor allem: Geschlechtsrollen sollten in den Hintergrund rücken. In der Gesellschaft verlieren traditionelle Rollenbilder immer weiter an Bedeutung, stattdessen werden Wertvorstellungen neu entdeckt. Von der Verpackung eines Produktes sollten sich deshalb alle Menschen angesprochen fühlen. Gerade bei Kosmetik- und Hygieneartikeln dürfen sich Farben, Motive und Formulierungen nicht mehr nur auf die traditionelle Vorstellung einer bestimmten Geschlechterrolle beziehen.

Effizientere Verpackungen auch für den Online-Handel

Im Zuge der Nachhaltigkeit muss auch der Online-Handel revolutioniert werden. Hier werden häufig Verpackungskartons in Standardgrößen eingesetzt, die zwar mit günstigen Preisen einhergehen, aber andere Probleme mit sich bringen. Ist die Verpackung zu groß für das verschickte Projekt, wird nicht nur Material verschwendet, sondern der Artikel kann auch umherrutschen und kaputtgehen. Er wird dann zurückgeschickt und entsorgt, was wiederum CO2 ausstößt. Würden die Verpackungen exakt an die Produktgrößen angepasst, ließen sich diese Schwierigkeiten vermeiden.

Aus diesem Grund forschen die Österreichische Post und die FH Österreich zurzeit an einer Grünen Verpackung. Bei dieser nachhaltigen Version des Online-Handels sollen Kunden die wiederverwendbaren Verpackungen einfach zusammenfalten und über einen Briefkasten oder eine Postfiliale an den Zusteller zurückgeben. Insgesamt sollen die Verpackungen bis zu 100 Versandzyklen überdauern können.

Verpackungen sollen dem Kunden entgegenkommen

Das Bewusstsein der Konsumenten hat sich in den letzten Jahren nicht nur im Bezug auf Nachhaltigkeit signifikant gewandelt. Immer weiter treten auch Achtsamkeit, Verzicht und der Fokus auf das Wesentliche in den Vordergrund. Daran werden sich zukünftig auch Verpackungen anpassen müssen. Farben und Formen werden dezenter, schlichter und unauffälliger. Besonders wichtig ist Konsumenten schon jetzt möglichst viel Transparenz. Das kann durch Sichtfenster erreicht werden, aber auch mit einem reduzierten Materialeinsatz wie beispielsweise bei einer Banderole.

Neben der Optik wird auch die Haptik immer wichtiger für Käufer. Ein Produkt soll nicht nur schön aussehen, sondern sich auch angenehm anfühlen. Dabei sollten Hersteller vor allem auf natürliche Materialien setzen. Die moderne Technologie bietet hier zahlreiche Möglichkeiten zum Experimentieren: Durch Folien und den 3D-Druck wird beispielsweise die beliebte Holzhaptik auch für Produkte möglich, die nicht aus Holz hergestellt werden können oder sollen.

Dass die Optik und Haptik beim Design eines Produktes eine so wichtige Rolle einnehmen, hat jedoch noch einen weiteren Grund: Die Bevölkerung wird immer älter. An diesen demografischen Wandel und die damit einhergehenden neuen Bedürfnisse der Konsumenten müssen Verpackungen dringend angepasst werden. So steigen beispielsweise die Anforderungen an die Lesbarkeit von Aufschriften, an die Portionierbarkeit von Lebensmitteln und vor allem an die Verpackungsöffnung. Bei all diesen Punkten müssen die Anbieter den Käufern entgegenkommen. Es zeigt sich: Verpackungen werden immer mehr zum Bestandteil des Kundenservice.

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