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Classen Design: Welche Folgen hat der Brexit für Unternehmer?

Der Brexit und die Auswirkungen auf Haftungsbeschränkungen englischer Gesellschaftsformen.

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von Regiomanager 01.06.2016
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In den vergangenen Wochen ist viel diskutiert worden über den Entscheid der britischen Bevölkerung, die Eurozone verlassen zu wollen. Dabei standen insbesondere Fragen wie die Auswirkungen auf die Wirtschaft insgesamt im Fokus. Die „kleineren“ Probleme, die dabei auf den einzelnen Unternehmer zukommen können und für diesen irgendwann zu großen oder existenziellen Problemen werden können, bleiben bislang weitestgehend in der Wahrnehmung zurück. Dass es sich für jeden Unternehmer lohnt, eine entsprechende Betrachtung für sein eigenes Unternehmen vorzunehmen, sei an nachfolgendem Beispiel einmal dargestellt. Dies setzt sich mit der Frage der Haftungsbeschränkung eines Unternehmens auseinander. Eine solche Haftungsbeschränkung ist für einen Unternehmer existenziell, will er nicht riskieren, mit seinem vollständigen Privatvermögen zu haften. Um das Privileg der Haftungsbeschränkung zu genießen, hat der deutsche Gesetzgeber die Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingeführt. In der Praxis stieß dies zunehmend auf Widerstand, da die Gründungskosten und das aufzubringende Haftungskapital in Höhe von mindestens 25.000 Euro als belastend angesehen wurden. Daher griffen in der Vergangenheit viele deutsche Unternehmen auf die englischen Rechtsformen, insbesondere die „Limited“ zurück. Dies war möglich geworden, nachdem der Europäische Gerichtshof im Jahre 2002 festgestellt hatte, dass eine nach englischem Recht gegründete Gesellschaft mit Sitz in Großbritannien auch in Deutschland anerkannt werden muss. Dabei berief sich der Europäische Gerichtshof auf die in der Europäischen Union geltende Niederlassungsfreiheit. Dieser Auffassung hat sich der Bundesgerichtshof 2003 angeschlossen. Diese Entscheidungen nutzten viele Unternehmer, um eine solche Limited zu gründen. Denn bei der Limited ist lediglich ein Haftkapital von 1,00 Britischen Pfund erforderlich, der Gründungsvorgang dauert in aller Regel eine bis drei Wochen und wesentliche Beurkundungspflichten bestehen nicht.

Konkrete Konsequenzen

Welche Auswirkungen hat nun der Brexit? In den kommenden Monaten wird die britische Regierung die Erklärung über den Austritt aus der Europäischen Union abgeben und damit die Austrittsverhandlungen einleiten. Mit der Austrittserklärung wird im Rahmen der Austrittsverhandlungen insbesondere auch über die Niederlassungsfreiheit entschieden werden müssen. Gelingt es der britischen Regierung nicht – sofern sie es überhaupt will –, die Niederlassungsfreiheit beizubehalten, so fiele damit die Voraussetzung weg, nach der die Limited als Rechtsform in Deutschland anerkannt werden muss. Schließlich ist es aufgrund der weggefallenen Niederlassungsfreiheit auch nicht mehr möglich, den Verwaltungssitz in Großbritannien zu haben, sodass dieser nach Deutschland verlegt werden muss. Geschieht dies, fällt aber nach aktueller Rechtslage die Anerkennung als ausländische Gesellschaft weg. Dies stellt für den Unternehmer ein Worst-case-Szenario dar. Denn in diesem Fall wird die Gesellschaft in eine deutsche Rechtsform umqualifiziert. Da die Voraussetzungen für die Haftungsbeschränkungen einer GmbH aber nicht gegeben sind, wird die Gesellschaft damit in der Folge als Personengesellschaft zu bewerten sein. Bei der Personengesellschaft gibt es allerdings keine Haftungsbeschränkung mehr. In diesem Fall haftet der Unternehmer damit unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen. Wer sich also als Unternehmer der Rechtsform der Limited oder einer anderen englischen Rechtsform (z.B. PLC) bedient hat, ist nun aufgefordert, sehr genau und sorgsam zu überwachen, wie sich die Austrittsverhandlungen mit dem Moment der Austrittserklärung durch die britische Regierung gestalten. Dabei wird im Moment davon ausgegangen, dass die Grundfreiheiten der Verträge in der Zeit der Verhandlungen (maximal aber zwei Jahre) noch bestehen, da alles andere unvorhersehbar und mit unübersehbaren wirtschaftlichen Folgen verbunden wäre.

Was sind die Alternativen? 

Für die Unternehmen ist es sicherlich am besten, wenn die Freizügigkeit in welcher Form auch immer beibehalten wird. Das scheint zurzeit aber wenig wahrscheinlich, da die (neue) britische Regierung auf jeden Fall die Freizügigkeit in der bisherigen Form beenden will und beabsichtigt, diese auf wenige, ihr angenehme Aspekte einzugrenzen. Es ist wenig wahrscheinlich, dass sich die Europäische Union darauf einlassen wird, um zu verhindern, dass dies Nachahmer finden wird, die ebenfalls einen Austritt anstreben würden mit dem Ziel, für sich die Rosinen herauszupicken. Gelingt eine Übereinkunft für die Freizügigkeit nicht, dann ist Handeln geboten. Dies sollte aber vor dem Wirksamwerden des Austritts erfolgen. Denn solange die Verhandlungen noch laufen, ist es möglich, die aktuellen Bestimmungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung einer Limited auf eine Unternehmensgesellschaft oder auch eine GmbH zu nutzen, was nach dem Austritt wohl nicht mehr geht. Hier würden sich dann die Folgefragen stellen, wie dies geschehen soll. Wenn nicht eine andere ausländische Rechtsform gewählt wird, so wäre nur eine Einbringung der Gesellschaft als Sacheinlage in die (neu zu gründende) GmbH möglich. Zudem müsste die Vorgesellschaft mit allen steuerlichen Problemen liquidiert werden. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die Verhandlungen entwickeln. Auf jeden Fall ist höchste Aufmerksamkeit geboten, wenn nicht nachher das böse Erwachen kommen soll.

Tipps für Neugründer

Wer heute eine Neugründung plant, dem bleibt in Anbetracht des Dargestellten nur die Möglichkeit, sich Alternativen zu suchen. Hier hat der deutsche Gesetzgeber nach den Entscheidungen zur Anerkennung der Limited in den Jahren 2002 und 2003 reagiert und im Jahre 2008 eine Art „Mini-GmbH“ geschaffen, die sogenannte „UG“. Das Kürzel „UG“ steht für (haftungsbeschränkte) Unternehmergesellschaft, die allgemein auch als „1-Euro-GmbH“ bekannt ist. Für sie gelten dieselben gesellschaftsrechtlichen Haftungsprivilegien wie bei der GmbH, jedoch reicht bereits eine Stammeinlage von (mindestens) 1,00 Euro aus. Das Gesetz sieht vor, dass mindestens 25 Prozent des Jahresgewinns als Eigenkapital-Rücklage zurückgelegt werden müssen, bis Rücklagen in Höhe von (mindestens) 25.000 Euro gebildet sind, sodass dann die Unternehmergesellschaft in eine „normale“ GmbH umfirmieren kann. Mit dieser Unternehmergesellschaft gelingt es, zunächst eine Gesellschaft mit geringem Kapital zu gründen, was im Wesentlichen dem Interesse des Unternehmensgründers entsprechen dürfte.

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