Recht & Finanzen

Finanzkompass für 100.000 Euro: Kompass für die Geldanlage

100.000 Euro plötzlich zur Verfügung zu haben, ist eine feine Sache. Die Frage ist nur: Wie legt ein Unternehmer sie möglichst gewinnbringend an? Zwischen A wie Aktien und Z wie Zertifikat gibt es viele Möglichkeiten. Eine Auswahl zur Orientierung.

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von Regiomanager 17.11.2021
Bei der Wanderung oder auf Segeltour, ein Kompass hilft dabei, die Richtung zu finden und zu halten. Auch beim Thema Geldanlage brauchen viele Privatinvestoren eine Orientierungshilfe, um die passenden Assets auszumachen (© Станислав Ненахов – stock.adobe.com)

Geerbt, gewonnen oder gut gewirtschaftet: Es gibt so manchen freudigen Anlass, der Unternehmern ein stattliches Sümmchen beschert. 10.000 Euro können dann ruhig als Reserven auf einem Festgeldkonto geparkt werden. Doch wenn es sich um das Zehnfach oder gar Beträge jenseits der 100.000-Euro-Marke handelt, muss das Geld gut angelegt werden, damit es ordentliche Renditen abwirft.
Die Frage ist nur: Wie?
Auf dem Girokonto können hohe Summen längst nicht mehr liegen bleiben. Denn die meisten Banken und Sparkassen verlangen bereits für Einlagen, die deutlich unter 100.000 Euro liegen, ein sogenanntes Verwahrentgelt. Klassische Lebensversicherungen bringen keine Zinsen mehr, sofern die überhaupt noch angeboten werden. Der Immobilienmarkt ist so gut wie leergekauft, und an Kryptowährungen wie Bitcoin & Co. trauen sich viele Privatanleger nicht heran.


Ab an den Kapitalmarkt

Bleibt also der Gang an den Kapitalmarkt. Bei einer Summe ab 100.000 Euro darf der stolze Besitzer durchaus über ein Investment in Einzelaktien oder Unternehmensanleihen nachdenken. Um das gesamte Geld in solche Papiere gewinnbringend anzulegen, bedarf es allerdings schon fast der Erfahrung eines professionellen Investors, andernfalls ist das Verlustrisiko zu hoch. Zudem ist die Zusammenstellung eines ganz individuellen Portfolios teuer, wenn eine halbwegs sinnvolle Streuung erreicht werden soll.
Deutlich günstiger und zudem erheblich breiter diversifiziert lässt sich Geld mit Investmentfonds anlegen. Hier ist das Angebot extrem breit: Von Aktien über Anleihen und Immobilen bis hin zu Investitionen am Geldmarkt lassen sich alle nur erdenklichen Anlageklassen, auch Assets genannt, finden. Neben aktiv gemanagten Produkten sind auch günstigere passive gemanagte, börsengehandelte Indexfonds zu haben.
Welche Fonds für ein Investment von 100.000 Euro an aufwärts die besten fürs eigene Depot sind, kommt sehr auf die individuellen Ziele, den Risiko-Appetit und den Anlagehorizont an. Wer auf sein Geld rund 30 Jahre verzichten und zwischenzeitliche Börseneinbrüche verkraften kann, fährt mit reinen Aktien-Produkten tendenziell die höchsten Erträge ein. Soll die angelegte Summe Rendite erwirtschaften, aber schon in zehn Jahren etwa für die Altersvorsorge bereitstehen, kommen eher Mischfonds infrage. Diese enthalten neben Aktien auch Rentenpapiere oder weitere Assets wie Rohstoffe.


Digitale Berater

Ein gutes Fondsdepot lässt sich sehr kostengünstig über einen Robo-Adviser erstellen. Solche digitalen „Anlageberatung“ haben einige Banken und Kapitalverwaltungsgesellschaften im Programm. Wer hingegen lieber die Unterstützung eines Investment-Profis aus Fleisch und Blut in Anspruch nehmen möchte, kann sich an die Anlageberater bei Banken, die Mitarbeiter von Finanzvertrieben oder selbstständige Finanzberater in Frage wenden. Sowohl bei der hauseigenen Bank als auch bei der Beratung durch freie Vermittler haben Anleger immer die Wahl zwischen zwei Modellen: der provisionsbasierten Anlageberatung und der Honorarberatung. Beim zweiten Modell fällt der eine Servicegebühr an, es fließen jedoch keinerlei Provisionen, was die Beratung transparenter macht.
Zwischen dem Anlage-Profi bei der Hausbank und dem freien Vermittler besteht ein wesentlicher Unterschied: Ersterer darf neben Fonds auch alle anderen Assets in das Depot des Kunden buchen, was freien Beratern nicht erlaubt ist. Wer also etwa 50.000 Euro in Investmentfonds anlegen möchte, 25.000 Euro in Einzel-Aktien, fünf Prozent in Gold und eine kleine Cash-Reserve halten will, hat nur bei der Bank alle Möglichkeiten.
Sämtliche Freiheiten bietet auch die Vermögensverwaltung, gleichgültig, ob sie von Banken oder unabhängigen Profis erbracht wird. Ein wesentlicher Unterschied zur reinen Anlageberatung besteht darin, dass Kunden in der Vermögensverwaltung den Profis das Management des ihnen anvertrauten Vermögens komplett überlassen.
Sie definieren zunächst gemeinsam mit dem Vermögensverwalter, wie viel Risiko bei der Geldanlage eingegangen werden darf, in welche Finanzprodukte oder auch Versicherungen grundsätzlich investiert werden soll, und welche auf jeden Fall auszuschließen sind. Danach liegt das Management des Kapitals ganz in den Händen der Experten, die innerhalb der vereinbarten Strategie selbstständig
Anlageentscheidungen treffen.


Es geht auch standardisiert

Eine individuelle Vermögensverwaltung ist zwar erst ab Anlagesummen von mindestens einer Million Euro möglich. Ab 100.000 Euro kommt aber standardisierte Vermögensverwaltung in Frage. Hier konzipieren die Portfolio-Spezialisten ebenfalls Anlagestrategien, die auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Klientel zugeschnitten sind. Allerdings bekommen nicht einzelne Anleger ihre eigene Strategie, sondern Kundengruppen mit ähnlich gelagerten Investmentzielen.
Nur weil sich klassische Lebensversicherungen heute nicht mehr lohnen, bedeutet das noch nicht, dass Geldanlage im Versicherungsmantel gar nicht mehr möglich ist. Schließlich gibt es fondsgebundene Rentenversicherungen, die durchaus einen gewissen Charme haben. In eine solche Fondspolice könnte der Anleger seine 100.000 Euro per Einmalzahlung komplett oder anteilig investieren.
Die Fonds, die sich in seinem Versicherungsmantel befinden sollen, wählt er aus dem Produktpalette des Versicherers selbst aus. Manche Anbieter haben auch vorgefertigte Fonds-Baskets im Programm und selbst eine Fondsvermögensverwaltung innerhalb einer Police ist zuweilen möglich. Fondsgebundene Versicherungen sind im Vergleich zu direkten Fondsanlagen zwar teurer und auch intransparenter, bieten aber Steuervorteile. Und: Wer heute schon plant, seine 100.000 Euro eines Tages den Kindern oder Enkeln zukommen zu lassen, kann die Übertragung mit Fondspolicen ganz nach individuellem Wunsch, ohne komplizierten Schenkungsvertrag und steuersparend für die Zukunft gestalten.
Ein ganz anderes Modell, das für eine Anlage von Summen ab 100.000 Euro eine Überlegung wert sein kann, ist eine sogenannte Sofortrente. Dabei investiert der Anleger die Summe ganz oder zum Teil in eine Rentenversicherung. Im Gegenzug erhält er die Zusage einer lebenslangen monatlichen Garantierente. Wie hoch diese ausfällt, hängt vom Alter des Policen-Inhabers zum Zeitpunkt der Einzahlung, dem seines Ablebens, vom jeweiligen Anbieter und weiteren Faktoren ab. Portale wie www.biallo.de bieten Vergleichsrechner an.


Wie wär‘s mit Zertifikaten?

So manchem Privatanleger mag der Begriff „Zertifikat“ noch immer unangenehm im Ohr klingen, lässt er doch an unwillkürlich an den Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers denken. In der Tat sind Zertifikate auch nichts für Beträge, die mit minimalem Risiko investiert werden sollen, etwa, wie sie schon bald der Altersvorsorge dienen müssen. Wer aber ein wenig Liquidität nutzen möchten, um die eine oder andere riskantere Strategie auszuprobieren, kann durchaus auf Zertifikate setzen – zu einem kleinen Prozentanteil des Gesamtdepots. Diese Papiere sind in ihrer Funktionsweise komplizierter als Fonds, dafür können Anleger zum Beispiel auch auf fallende Kurse setzen oder über sogenannte Hebel ihre Gewinne – oder Verluste – vervielfachen.
Eines sollte jedem frisch gebackenen Inhaber von 100.000 Euro allerdings klar sein: Während Fonds immer Sondervermögen und damit im Falle einer Insolvenz des Anbieters geschützt sind, ist das bei Zertifikaten anders. Und dann wäre schnell ein Teil des stattlichen Sümmchens weg – ob nun geerbt, gewonnen oder erwirtschaftet.

Andrea Martens | redaktion@regiomanager.de

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