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Duales Studium: Theorie und Praxis im Doppelpack

Duale Studienmodelle in Deutschland sind vielfältig. Wir haben intensiv recherchiert und stellen Vor- und Nachteile dar – für Unternehmen und Studierende.

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von Regiomanager 16.05.2019
Bringt der Doppelpack auch den Doppelerfolg? (Foto: ©XtravaganT – stock.adobe.com)

Laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung ist ein duales Studium ein Studium an einer Hochschule oder Berufsakademie, das mit einer Berufsausbildung bzw. Praxisphasen in Unternehmen verknüpft ist. Wer in der Tiefe recherchiert, stellt fest, dass es hierbei aber große Unterschiede gibt. Vor allem bedeutet „duales Studium“ nicht automatisch auch „zwei Abschlüsse“. Das Online-Infoportal „Wegweiser Duales Studium“ etwa grenzt vier duale Studienmodelle ab. Das „ausbildungsintegrierende duale Studium“ ist demnach das einzige Modell, bei dem die Teilnehmenden sowohl einen Hochschul- als auch einen Berufsabschluss machen. Beim „praxisintegrierenden bzw. kooperativen dualen Studium“ ist ein Studierender dagegen nicht gleichzeitig Azubi, sondern Praktikant oder eben Mitarbeiter. Und dann gibt es noch das „berufsintegrierende duale Studium“ und das „berufsbegleitende duale Studium“: Während bei erster Variante die reduzierte Arbeitszeit zum Studieren genutzt wird, absolviert man Variante zwei parallel zum Vollzeit-Job – dafür gibt es dann in der Regel Freistellungen für Präsenzphasen oder andere Formen der Förderung seitens der Betriebe. Der Report „Duales Studium 2018“, der eine Analyse von über 1.830 deutschen Unternehmen mit entsprechendem Angebot und 225 Anbietern von dualen Studiengängen ausgewertet hat, stellt u. a. fest: Die meisten Hochschulen mit dualem Studienangebot gibt es aktuell in NRW (26 Prozent), gefolgt von Baden-Württemberg (21 Prozent) und Bayern (20 Prozent). Etwa die Hälfte dieser Angebote haben wirtschaftswissenschaftliche Schwerpunkte. Und noch eine interessante Entwicklung zeichnet sich ab: Ursprünglich als reine Erstausbildung gedacht, bieten mittlerweile immer mehr Hochschulen und Unternehmen auch duale Masterstudiengänge an (siehe Grafik). „Wir beobachten ein steigendes Interesse am dualen Master – sowohl seitens der Unternehmen als auch seitens der Studieninteressenten“, so Milan Klesper, Gründer von Wegweiser Duales Studium.

Für Arbeitgeber:
Vor- und Nachteile



Im „War for Talents“ kann das duale Studium ein effizientes Mittel sein, bringt aber auch einige Herausforderungen mit sich. Die „Agentur Duales Studium Land Brandenburg“ von der Technischen Hochschule Brandenburg hat dies sehr detailliert gegenübergestellt. Ein großer Vorteil für Unternehmen, die duale Studiengänge anbieten, ist demnach, dass „Dualis“ nach erfolgreichem Abschluss sofort Führungspositionen bekleiden können. Nachwuchskräfte können frühzeitig gebunden werden durch die intensiven Praxisphasen, was sich in einer hohen Übernahmequote zeigt. Die Unternehmen profitieren zudem vom engen Wissens- und Technologietransfer zwischen Betrieb und Hochschule. Insgesamt werten sie ihr Image auf und machen sich so attraktiver für zukünftige Fachkräfte. Gerade in Regionen, in denen duale Studiengänge noch Mangelware sind.
Das alles hat natürlich seinen Preis: Ein duales Studium erfordert auch auf Betriebsseite viel Abstimmung und Organisation. Um hier einen zentralen Ansprechpartner zu haben, wäre ein Studien- bzw. Hochschulbeauftragter ideal. Unternehmen gehen außerdem eine finanzielle Verpflichtung ein, weil sie den Studierenden ein monatliches Gehalt über den gesamten Zeitraum zahlen müssen – auch dann, wenn die Dualis gerade keine Praxisphase haben. Bewusst sein sollte Unternehmensvertretern ebenfalls, dass sie keinen direkten Einfluss auf den Lehrplan der Hochschulen und Akademien haben. Und weil ein Duali eine große Investition darstellt, sollte auch ausreichend Zeit und Aufwand für die Auswahl geeigneter Kandidatinnen oder Kandidaten eingeplant werden.

Für Arbeitnehmer/Studierende: Vor- und Nachteile


Offensichtlichster Vorteil eines dualen Studiums, wie man auch vielen Werbeanzeigen entnehmen kann, ist die große Praxisnähe. Schon während des Studiums sammeln Teilnehmende Berufserfahrung, gleichzeitig können sie theoretisches Wissen direkt anwenden. Wer sich für das „ausbildungsintegrierende Modell“ entscheidet, erwirbt im Erfolgsfall zudem gleich zwei Abschlüsse. In der Regel zahlen Betriebe ihren Studierenden auch ein Gehalt, mit dem Studiengebühren und Lebenshaltungskosten bezahlt werden können. Besonders hoch ist dieses Gehalt gewöhnlich nicht, aber aus monetären Gesichtspunkten ist dies attraktiver als ein reines Hochschulstudium. Insgesamt, so stellt das Infoportal Wegweiser Duales Studium fest, sind die Übernahmechancen später recht gut. Diese Einschätzung bestätigt eine Studie der Uni Duisburg-Essen aus dem Jahr 2016, der zufolge drei Viertel der befragten Dualis eine Übernahmevereinbarung mit ihrem Arbeitgeber getroffen haben.
Nicht zu unterschätzen ist die hohe Belastung bei einem dualen Studium, die je nach Modell auch noch einmal variiert. Zum einen kann der Wechsel von Praxis und Theorie sehr anspruchsvoll sein, zum anderen bleibt wenig Zeit, durchzuatmen: Wochenlange Semesterferien kennen Dualis nicht, ihnen steht betrieblicher Urlaub zu. Schwierig wird es laut Wegweiser Duales Studium auch, wenn man ein duales Studium abbrechen möchte. Denn in diesem Fall kann ein Arbeitgeber die bis dahin gezahlten Studiengebühren zurückverlangen. Wer viel Freiheit schätzt und seine Schwerpunktthemen selbst setzen bzw. herausfinden möchte, wird mit einem dualen Studium wahrscheinlich auch nicht glücklich. Und wer wissenschaftliches Arbeiten mag und sich hier vielleicht auch eine Laufbahn
vorstellen kann, ebenso wenig.

Vorab genau informieren und planen


All das zeigt: Sowohl Arbeitgeber, die in Kooperation mit einem Bildungsanbieter ein duales Studium anbieten wollen, als auch potenzielle Dualis sollten sorgfältig Vor- und Nachteile abwägen. Denn nur dann wird die Doppelpackung auch zum Doppelerfolg für beide Parteien. Thomas Corrinth | redaktion@regiomanager.de

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