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Digitalisierung der Gastronomie: Essen und Trinken 4.0

Das Gastro-Gewerbe wird durch die Digitalisierung derzeit einschneidend verändert. Damit der Mittelstand dabei nicht abgehängt wird, bedarf es klarer Rahmenbedingungen.

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von Regiomanager 01.06.2018
Guten Appetit! – Auch die Gastronomie wird immer digitaler, inklusive vieler Chancen und Risiken Foto: © svetazi – stock.adobe.com

Die Digitalisierung verändert nahezu alles. Zum Beispiel unsere Art zu kommunizieren, zu arbeiten, zu produzieren – oder auch zu essen und zu trinken: Besonders die Gastronomie wurde in den letzten Jahren durch diesen Prozess revolutioniert. „Deutschlands Gastronomen und Hoteliers profitieren von der robusten Konjunktur in Deutschland und der damit verbundenen guten Konsumstimmung sowie von der weltweiten Reisefreude“, erklärte der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, Guido Zöllick, auf dessen Jahrespressekonferenz am 6. Juni 2018 in Berlin. Und mahnte zugleich: „Die guten Umsatzzahlen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Herausforderungen und Risiken für die Branche zunehmen.“ Zu diesen Herausforderungen zählt, neben weiteren wie etwa eine wachsende Bürokratisierung oder nicht mehr zeitgemäße Arbeitszeitgesetze, eben auch die Digitalisierung. Mahlzeiten und Getränke werden hierzulande zunehmend online bestellt und bezahlt, und digitale Bewertungen beeinflussen Verbraucher immer stärker bei ihrer Entscheidung, ob sie einen gastronomischen Betrieb besuchen oder nicht. Nichtsdestotrotz soll der persönliche, direkte Service auch zukünftig Aushängeschild eines gastronomischen Betriebes bleiben: „Technische, elektronische und softwaregestützte Innovationen halten vielfältige interessante Möglichkeiten für die Unternehmer bereit. Aber wie auch immer diese eingesetzt werden: Der Service ist und bleibt Dreh- und Angelpunkt. Dieses Credo gilt weiterhin, davon sind wir überzeugt“, so der Dehogain einem seiner „Standpunkte“.

Mittelstand braucht digitale Schützenhilfe

Besonders die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe im Gastronomiegewerbe stellt die Digitalisierung vor eine große Aufgabe. Häufig fehlt es ihnen an Know-how, Personal, Zeit und Geld, um die Vorteile der Digitalisierung optimal für sich umzusetzen und im Konkurrenzkampf mit großen Ketten und Online-Portalen mitzuhalten. Auch gehe es im Wettbewerb zwischen etablierter, analoger Wirtschaft und jüngeren, digitalen Unternehmen innerhalb der Branche nicht immer fair zu, bemängelt der Dehoga. Dies zeige sich zum Beispiel an großen Online-Lieferdiensten, die von der boomenden Gastronomie derzeit stark profitieren. „Entscheidend ist, dass Mehrwerte geschaffen werden und Umsatzzuwächse für unsere Betriebe zu verzeichnen sind. Jeder Unternehmer hat hier Kosten und Risiken genau abzuwägen“, heißt es im Dehoga-Standpunkt zu digitalen Angeboten. Dass einige Lieferdienste mittlerweile bis zu 30 Prozent Provision von den Betrieben verlangen, sei nicht hinzunehmen. Der Verband will vermeiden, dass es zu einer ähnlichen Situation wie in der Hotelbranche kommt: Dort entwickelt sich seit einigen Jahren eine starke Abhängigkeit von großen Buchungsportalen mit teils monopolistischen Strukturen. Auch ein anderes bekanntes digitales Phänomen aus dem Hotelgewerbe macht sich zunehmend in der Gastronomie breit: Sharing Economy. Was Airbnb vor noch gar nicht allzu langer Zeit für die Privatvermietung von Unterkünften war, ist EatWith, ein israelisches Start-up, derzeit für die Vermittlung privater Essens-Verabredungen auf der ganzen Welt – wofür es natürlich ebenfalls Provisionen kassiert. Was unter dem Deckmantel kultivierter Sozial-Romantik (das Teilen privaten Eigentums) vermarktet wird, entpuppt sich bei genauem Hinsehen als profitorientiertes Geschäftsmodell und tritt damit in Konkurrenz zum professionellen Gastgewerbe.

Beispiel Metro: Wie Groß und Klein zusammenarbeiten

Es gibt aber auch Beispiele dafür, wie die „Großen“ mit den „Kleinen“ in puncto Digitalisierung gut zusammenarbeiten – und beide Seiten davon profitieren. Beim Metro Accelerator des gleichnamigen Großhandels- und Lebensmittelspezialisten etwa. Mit dem Programm will der Düsseldorfer Handelsriese innovative digitale Tools hervorbringen, die auch seinen vielen kleinen und mittelständischen Kunden in der HoReCa-Branche (Hotels, Restaurants, Catering) nützen sollen. „Diese Zielgruppe hat häufig noch einen großen Nachholbedarf, was den Digitalisierungsgrad im Wettbewerb angeht. Indem wir den Zugang zu Lösungen einfach und kostengünstig machen, stärken wir sie – und damit letztendlich auch uns“, erklärt Sylvia Dudek, Programmdirektorin für den Metro Accelerator. Neben Metro-eigenen Lösungen wie zum Beispiel kostenlosen Tools zur Erstellung einer Gastro-Homepage kommen auch externe Werkzeuge von Start-ups zum Einsatz. So wurden bisher mit dem Metro Accelerator etwa 50 Start-ups aus der ganzen Welt ideell und finanziell unterstützt, einige davon auch aus der Region. Ihre Geschäftsideen lösen Probleme entlang der gesamten digitalen Wertschöpfungskette in der Gastronomie und im Handel.

So kann die Gastro-Digitalisierung gelingen

Mit Blick in die Zukunft gibt es einiges zu tun, damit die deutsche Gastronomiebranche insgesamt von der Digitalisierung profitiert – auch der Mittelstand und Kleinstbetriebe. Um dafür die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, ist auch die Politik gefragt. Der Dehogahat in einem „Wahlcheck“ im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 die wichtigsten To-dos formuliert. Dort fordert er gleiche Rechte und Pflichten für alle gewerblichen Angebote, also auch für sogenannte „Sharing-Angebote“. Die Politik dürfe nicht auf der einen Seite rechtsfreie Räume bei der Privatvermietung tolerieren und auf der anderen Seite mittelständische gastronomische Betriebe immer weiter durch bestimmte Auflagen regulieren. Denn Plattformökonomie erfordert faire Wettbewerbsbedingungen. Auch in der gastrowirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung gilt es, Fachkräfte auf die digitalen Anforderungen besser vorzubereiten. Als Basis von allem sei zudem der flächendeckende Ausbau der Breitbandinfrastruktur weiter voranzutreiben, insbesondere im ländlichen Raum.

Thomas Corrinth | redaktion@regiomanager.de

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