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Serie – Wirtschaft im Münsterland, Teil 3: Kreis Steinfurt: „Man wartet nicht, man tut selbst etwas“

Ein Interview mit Birgit Neyer, Geschäftsführerin der Wirtschafts- und Entwicklungsgesellschaft Steinfurt mbH.

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von Regiomanager 01.03.2018
Zeche in Ibbenbüren Foto: ©Starpics – stock.adobe.com

MLM: Was ist aus Sicht einer Wirtschaftsförderin das Besondere im Kreis Steinfurt?

Birgit Neyer: Zum einen bin ich im Kreis Steinfurt aufgewachsen, das lässt einen nicht los, deshalb bin ich gerne hierher zurückgekehrt. Das Besondere ist, wenn ich das mit den anderen Regionen vergleiche, in denen ich gearbeitet habe, dass man hier die Ärmel aufkrempelt und Herausforderungen angeht. Man wartet nicht, dass jemand anders tätig wird, sondern tut selbst etwas. Das gilt für den Einzelnen ebenso wie für Unternehmen und Unternehmerpersönlichkeiten. Das Ergebnis dieser Mentalität wird in der florierenden Wirtschaft deutlich.

MLM: Können Sie ein Beispiel dafür nennen?

Birgit Neyer: Da gibt es viele, aber ein gutes Beispiel ist die Schließung der letzten Zeche am 4. Dezember 2018 in Ibbenbüren.

MLM: Eine Zeche im Münsterland?

Birgit Neyer: Ja, das wissen die wenigsten außerhalb des Kreises, dabei gilt der Schacht der Zeche in Ibbenbüren als tiefster Schacht Europas. Derzeit sind dort gut 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, nach der Schließung werden vielleicht 70 Arbeitsplätze erhalten bleiben, um die Auflösung abzuwickeln. Die anderen finden leicht neue Arbeitsplätze – die Fachkräfte werden gerade in der Kohleregion schnell vom Markt aufgenommen.

MLM: Gibt es diese Arbeitsplätze im Kreis Steinfurt?

Birgit Neyer: Natürlich lässt sich nicht jeder Job 1:1 übertragen, dazu gibt es auf einer Zeche zu spezielle Berufe. Aber ich bin sicher, dass jeder eine Arbeit finden wird, die ihm zusagt und vielleicht auch neue Chancen bietet und neue Potenziale weckt. Wir haben im Kreis eine gute Arbeitslage und die Entwicklung mit unserem Projekt „Gute Aussichten“ frühzeitig im Blick gehabt. Da muss ich die Bürgermeister der Gemeinden und Städte loben, die sich viele Gedanken gemacht haben und auch wieder direkt aktiv geworden sind.

MLM: Auf welche Weise unterstützt die Wirtschafts- und Entwicklungsgesellschaft die Unternehmen?

Birgit Neyer: Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Unternehmen in ihrer Entwicklung zu unterstützen und zu begleiten, das kann im Rahmen von Projekten sein oder durch die Vernetzung mit Experten. Aber wir greifen auch Themen auf, die den Unternehmen unter den Nägeln brennen, und versuchen, diese gemeinsam mit Außenstehenden zu verstehen und Modelle für die Umsetzung zu konzipieren. Vor allem unser Projekt TRAIN hat sich dabei zum Dauerbrenner entwickelt.

MLM: Was hat es mit dem Projekt TRAIN auf sich?

Birgit Neyer: TRAIN steht für Transfer in Steinfurt und es handelt sich um eine Kooperation mit der Fachhochschule in Münster. Wir bringen Studenten und Unternehmen zusammen. So werden zum Beispiel Bachelor- und Masterarbeiten über Unternehmen oder Projekte im Kreis Steinfurt geschrieben oder Studierende eines Seminars setzen ihre Kenntnisse zur Geschäftsprozessoptimierung in Unternehmen aus der Region ein. Auf diese Weise entsteht eine Win-win-Situation für beide Seiten. Die Fachhochschule und die Studierenden erleben einen direkten Praxisbezug und die Unternehmen erhalten einen Input und einen Blick von außen, der sie in ihrer Entwicklung und ihrer Reflexion über die Abläufe weiterbringt. Und nebenbei entstehen Beziehungen zwischen angehenden Jobsuchenden und potenziellen Arbeitgebern.

MLM: Welche Herausforderungen sehen Sie für den Kreis und die Unternehmen im Kreis zurzeit und in Zukunft?

Birgit Neyer: Wir sind schon ziemlich gut aufgestellt, allerdings ist das noch nicht überall angekommen, das ist sicher eine der größten Herausforderungen. Wir wollen die neuen digitalen Möglichkeiten bei uns im Kreis in den Unternehmen, aber auch in den Städten und Gemeinden nutzen. Die benötigten Fachkräfte lassen sich nicht nur aus dem Kreis Steinfurt rekrutieren, deshalb ist es wichtig, den Kreis und die Region über NRW-Grenzen hinaus als interessante Region mit hohem Freizeitwert und attraktiven Arbeitsmöglichkeiten bekannt zu machen.

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