Management

Werbeagenturen: Die Kraft kreativer Qualität.

Obwohl die Digitalisierung die Werbe-Branche fundamental umkrempelte, war, ist und wird die kreative Qualität auch zukünftig der wichtigste Faktor sein.

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von Regiomanager 06.01.2023
(© ­­­Isaxar − stock.adobe.com)

Machen wir mal etwas Werbung in eigener Sache: „Der REGIO MANAGER – das einzigartige Unternehmermagazin mit informativen Branchenrankings und erstklassigen Firmenporträts aus Ihrer Region.“ – „Das ist jetzt aber nicht sehr originell“, mögen Sie einwenden. Aber wenn Sie bis hierhin gelesen haben und sich vielleicht fragen, welche langweiligen Sprüche noch kommen mögen, dann hat diese Eigenwerbung schon ihr Ziel erreicht: Ihre Aufmerksamkeit. Und vielleicht denken Sie ja als Unternehmer auch bei der Planung Ihres nächsten Werbebudgets, dass die Wirtschaftswelt der Region hier in Zukunft auch einmal etwas über Ihre Produkte, Leistungen und Qualitäten lesen sollte.
Werbung hat es in der Welt der Konsumenten wahrlich nicht leicht. Wer mag schon Werbung? Am Fernsehabend wird die Werbepause gern genutzt, um ein neues Bier zu holen oder das alte wegzubringen. In Zeitschriften müssen gestaltete Anzeigenseiten schon von besonders kreativer Qualität sein, um beachtet zu werden. Und im Internet sind die flimmernden Werbebanner auf überfrachteten Webseiten für die meisten User ein wahres Übel. Das war jedoch früher ganz anders – also lange, bevor es das Internet gab. Die Welt der Werbung lässt sich getrost in zwei Welten aufteilen – grob gesagt in die Welt des 20. und die Welt des 21. Jahrhunderts.

Die Zeit der Werbe-Ikonen

Hätte es ihn nicht schon deutlich früher gegeben, könnte der abgedroschene Spruch „Früher war alles besser“ mit großer Sicherheit auch von einem kreativen und gleichsam frustrierten Kopf aus der Werbebranche stammen. „Früher“ war die goldene Zeit der Werbeagenturen, in denen Ikonen wie Klementine waschmittelten, der Camel-Mann meilenweit seine Schuhsohlen löcherte, Herr Kaiser die Nation versicherte und Tilly die kosmetikbewussten Hausfrauen verunsicherte: „Sie baden gerade Ihre Hände darin.“ Mögen die Ideen aus heutiger Sicht nicht immer kreativ gewesen sein, jedenfalls sorgten sie für Aufmerksamkeit. „Ja okay, wir hatten ja sonst nichts“, werden sich die Boomer und Generation Xler unter Ihnen erinnern.
Die Welt der Werbeagenturen war aber insofern in Ordnung, dass man zwischen den 60ern und den 90ern (also im letzten Jahrtausend) mit Werbung noch leicht richtig viel Geld verdienen konnte. Die Branche war vergleichsweise überschaubar, weil kleiner und nicht so zersplittert in Spezialsegmente. Deutschlands Werbe-Hauptstadt war Hamburg. Die Werbekunden kamen mit wachsenden Budgets (weil die Wettbewerber das ja auch machten), die Werbeagentur konnte aus dem Vollen schöpfen (vom Fotoshooting in Südafrika bis zum Filmdreh in Miami) und die einzige wirkliche Alternative war eine andere teure Werbeagentur. Eine klar strukturierte Medienlandschaft machte es der Agenturwelt leicht – bei jeder Werbe-Schaltung klingelten 15 Prozent des Umsatzes in der Agenturkasse.

Werbung ist transparent geworden

Sorry, wenn wir jetzt zu sehr die abgedroschenen Klischees bedient haben, aber damit wollen wir nur Ihre Aufmerksamkeit wachhalten. Die Zeitenwende begann für die Werbung mit der Digitalisierung, und wo manch einer in der heutigen Zeit diesbezüglich einen schleichenden Fortschritt beklagt (Gruß an die Gesundheitsbranche), haben digitale Technologien, Medien, Prozesse, Strukturen, Arbeitsweisen und soziale Beziehungen die Branche fundamental umgekrempelt. Werbung war gestern – die Aufgabe heißt heute Kommunikation und die ist im digitalen Zeitalter transparent geworden. Wo früher komplizierte und zeitaufwendige Produktionsprozesse die (nicht immer fair kalkulierten) Preistreiber waren, steht das digitale Foto heute in Sekunden zur Verfügung (ohne Entwicklungszeit im Fotolabor), ist der O-Ton blitzschnell sendebereit (ohne Mischpult und Tonstudio) und steht die technische Qualität eines Handyvideos in keinem Vergleich zu Filmaufnahmen vergangener Tage.
Wo bessere Ergebnisse in kürzerer Zeit möglich sind, ist es nur logisch, dass es Kunden deutlich leichter fällt, die Plausibilität von Preisen zu hinterfragen und Kostenpositionen in der Folge gezielt zu senken. Damit war die große Zeit der Controller angebrochen, die ihren Job umso leichter machen konnten, je mehr sich die heterogen aufgestellte Werbebranche im Eifer interner Wettbewerbsleidenschaft nur zu gern als Price Crusher gefiel (es gibt immer jemanden, der es billiger macht), um der Konkurrenz mal eben den Deal vor der Nase wegzuschnappen. Des einen Glück ist möglicherweise des anderen Ruin, aber in jedem Fall keine Basis für ein solidarisch-selbstbewusstes Handeln.

Der Kernaspekt einer guten Werbeagentur

Warum eigentlich ist es für eine Branche mit der so fundamentalen Aufgabe der gesellschaftlichen Kommunikationskultur nicht möglich, sich auf eine einheitliche und verbindliche Honorarordnung zu verständigen, wie sie z.B. für Architekten seit Jahren akzeptierte Praxis ist? Mag es an der großen Vielzahl von Verbänden liegen, die in den verschiedenen Teilbranchen der Marketingkommunikation jeweils ihre Expertise hegen und pflegen? Hier eine kleine Auswahl: GWA, Deutscher Marketing Verband, GPRA, Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft, AIW-Werbung, BVDW, DDV, VdA, BVFT, VAUNET, DPRG und so weiter.
Jedenfalls kommt in der stark betriebswirtschaftlichen Betrachtung ein Aspekt viel zu kurz, der aber in Wahrheit schon immer der Kernaspekt einer guten Werbeagentur war, ist und auch künftig sein wird – ihre kreative Qualität! Kreativität ist kein messbarer Faktor und entzieht sich dem Verständnis einer auf Optimierung programmierten Controlling-Welt. Darum hat die gewachsene Separierung der Werbebranche in Spezialisten für Grafikdesign, für Internet, für Social Media, für Werbetechnik, Ambient-Werbung, Video-, Audio- oder Virtual-Reality-Formate, Fotografie, Text und für zahlreiche weitere Teilbranchen mit ihren innovativen Expertinnen und Experten auch ihren großen Reiz. Dem Werbekunden, der für seine Marke ein ganz besonderes Kommunikationskonzept sucht, bietet sich eine herausragende Vielfalt an Möglichkeiten. Es gibt Verbände, die daher auf ihrer Website Informationen und Checklisten für die Suche nach „der richtigen Agentur“ anbieten. Aber was ist hier schon „richtig“ in einem Bereich, wo es in hohem Maß auf Persönlichkeit und Individualität ankommt?
Optimal läuft es dann, wenn Unternehmer die Marketingleitung in ihrem Haus mit kompetenten Kennerinnen oder Kennern der Branche besetzen, die von einem qualifizierten Briefing über eine persönlich passende Wellenlänge und realistische Zeitvorstellungen bis hin zu fair abgestimmten Budgets ihr Agentur-Netzwerk mit Respekt und auf Augenhöhe behandeln. Dann ist die Werbebranche keine „Welt für sich“, sondern elementarer Bestandteil einer Wirtschaftswelt, die mit zunehmender Digitalisierung noch sehr viele kreative Herausforderungen meistern wird.
Emrich Welsing | redaktion@regiomanager.de

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