Management

JTBD: Was Kunden wirklich wollen

Entspricht Ihr Produkt den Kundenbedürfnissen? Um herauszufinden, welche Aufgaben ein Produkt tatsächlich erfüllt, hilft der Jobs-to-be-done-Ansatz.

Avatar
von Regiomanager 13.07.2023
(© baibaz − stock.adobe.com)

Vor mehr als 20 Jahren revolutionierte der Apple iPod den Musikmarkt. Zwar gab es damals schon einige tragbare MP3-Player auf dem Markt, aber der iPod erledigte den Job einfach besser als die anderen: Er hatte mehr Kapazität – bis zu 1.000 Songs passten damit in die Hosentasche –, und der Player war dank Click Wheel schnell und intuitiv zu bedienen. Auch das schlichte Design war sehr ansprechend. Was hat Apple damals richtig gemacht? Das Unternehmen hat die Wünsche und die Bedürfnisse seiner Kunden verstanden und ihnen das passende Produkt angeboten. Ganz im Sinne der „Jobs to be done“-Theorie.


Die Frage nach dem Warum


Warum kaufen Konsumenten bestimmte Produkte und Dienstleistungen und warum nicht andere? Der Research-Ansatz „Jobs to be done“ (JTBD) beschäftigt sich mit der Frage, warum Menschen bestimmte Produkte oder Dienstleistungen kaufen. Die Theorie dahinter: Kaufentscheidend sind die Aufgaben (Jobs), die die Verbraucher mit dem Produkt oder der Dienstleistung erledigen wollen. Beim iPod von Apple sind das zum Beispiel: unterwegs aus vielen Songs auswählen können, einfache und intuitive Bedienung usw. Dieser Ansatz ermöglicht es Unternehmen, neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln, die bestimmte Aufgaben besser erfüllen als bereits auf dem Markt etablierte Angebote.

„Customers don’t buy products.
They hire them to do a job.“
Clayton Christensen

Dieser Ansatz geht auf den Innovationsberater Anthony W. Ulwick und den Harvard-Professor Clayton M. Christensen zurück. Der Erfolg eines Produktes hängt davon ab, ob es die Bedürfnisse der Kunden erfüllt. Dabei können Produkte funktionale, soziale und emotionale Bedürfnisse erfüllen – wobei die Funktionen dem Kunden nicht bewusst sein müssen. Ein Beispiel: Der Kunde kauft eine Bohrmaschine nicht um der Bohrmaschine willen, sondern weil er ein Loch in die Wand bohren will (funktionales Bedürfnis). Ein emotionales Bedürfnis könnte sein, die Wände zu Hause mit eigenen Bildern und Erinnerungen zu schmücken. Ein soziales Bedürfnis kann beispielsweise die Anerkennung der Familie sein, ein gemütliches Zuhause geschaffen zu haben. Der Kunde wird schließlich das Produkt kaufen, das sein Problem am besten löst – dank einfacher Bedienung, leistungsstarkem Motor usw.


Der Job von Milkshakes


Christensen selbst wandte seinen Ansatz zum ersten Mal bei Milkshakes an. Der Auftraggeber wollte seinen Absatz von Milkshakes steigern, das gelang ihm aber nicht. Mit seinen Kundenbefragungen zu Geschmack, Konsistenz, Preis u. a. kam er auch nicht ans Ziel. Christensen und sein Team hingegen beobachteten einen ganzen Tag lang die Geschäftskunden im Laden. Das Ergebnis des ersten Tages: Die meisten Kunden kamen morgens vor acht Uhr in den Laden und kauften nur einen Milkshake und nichts anderes. Am nächsten Tag interviewte Christensen die Kunden und fragte nach dem Job, den der Milkshake für die Konsumenten zu erledigen habe.
Die Ergebnisse der Interviews waren für die Produktentwicklung sehr aufschlussreich: Die meisten Kunden kauften den Milkshake, um ihn während der Autofahrt zu trinken. Sie wollten ein (zweites) Frühstück, sie wollten während der langen Fahrt beschäftigt sein und bis zum Mittagessen satt bleiben. Das waren die direkten Ziele. Als indirekte Ziele fanden die Forscher noch weitere heraus: Ein Milkshake krümelt im Auto nicht, Hände und Finger bleiben sauber. Der Becher lässt sich gut im Becherhalter abstellen, und der Shake erscheint den Kunden gesünder als ein Schokoriegel. Diese Erkenntnisse führten zu folgenden Produktveränderungen: Die Konsistenz des Milkshake wurde fester und der Strohhalm schmaler, sodass der Verzehr länger dauerte und die Beschäftigung damit länger anhielt. Auch der Becher wurde so optimiert, dass er besser in den Getränkehalter im Auto passt. Außerdem führte der Ladenbesitzer eine Selbstbedienungstheke ein, um die Shakes einfacher und schneller verkaufen zu können. Ziel erreicht: Die gewünschte Umsatzsteigerung ließ nicht lange auf sich warten.


Vor- und Nachteile


Der JTBD-Ansatz bietet Unternehmen eine neue Sichtweise auf Kundenbedürfnisse, die ihnen helfen kann, Produkte und Dienstleistungen kundenzentriert zu analysieren, entsprechend weiterzuentwickeln und zu vermarkten. Darüber hinaus erhalten sie wichtige Informationen und Hintergründe, die für die Kaufentscheidung eine wichtige Rolle spielen. Allerdings handelt es sich bei dieser Methode nicht um ein wissenschaftlich standardisiertes Verfahren, die Fragetechniken und die Durchführung der Interviews erfordern eine gewisse Expertise. Dabei geht es weniger um die explizit geäußerten Wünsche der Kunden, sondern vielmehr um den tatsächlichen Umgang mit dem Produkt im alltäglichen Kontext. Nicht das Produkt mit seinen Eigenschaften steht im Vordergrund, sondern die Aufgabe, die damit erledigt werden soll. Interviews und Beobachtungen sind entscheidend, um die verschiedenen Funktionen, die der Kunde (unbewusst) mit dem Produkt verbindet, herausfiltern zu können.
Der JTBD-Ansatz eignet sich gut für die Produktentwicklung und das Produktmarketing. Unternehmen erhalten einen neuen Blick auf ihre Kunden und deren Bedürfnisse, sodass möglicherweise eine neue Kundensegmentierung stattfinden kann. Auch der Blick auf die Wettbewerber kann sich verändern, da neue Märkte erschlossen werden können. Im Gegensatz zum Konzept der Personas, bei dem das Verstehen des Kunden mit seinen Zielen, Wünschen und Eigenschaften im Vordergrund steht, geht es bei JTBD um die konkrete Bedürfnisbefriedigung des Kunden. Die Ansätze stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich vielmehr.

Karin Bünnagel | redaktion@regiomanager.de

Teilen:

Newsletter abonnieren

Newsletter abonnieren und Brancheninfos erhalten

Datenschutz*