Management

Serie – Finanzierung, Teil 3: Mittelstandsanleihen: Geldquelle Mini-Bonds

Anleihen können für Mittelständler mit Wachstumsabsichten eine gute Alternative zum klassischen Bankkredit sein. Zwar sind die Papiere zwischenzeitlich in Verruf geraten. Doch es gibt noch immer einen Markt.

Avatar
von Regiomanager 01.04.2018
Es muss nicht immer ein Kredit von der Bank sein: Mittelständische Unternehmen, die investieren und wachsen möchten, können auch über eine Anleiheemission nachdenken Foto: ©brusinarn – stock.adobe.com

Der Hersteller von Suppen und Fertiggerichten Zamek, das Modehaus Steilmann, der Brennstoffhersteller German Pellets oder der Systemanbieter von Solaranlagen Solen: Es waren nicht gerade unbekannte Namen, die Anleger in den vergangenen acht Jahren mit stattlichen Zinskupons lockten, in ihre frisch emittierten Anleihen zu investieren. Seit die Börse Stuttgart 2010 als erster deutscher Finanzplatz mit dem Bond M ein Segment für Mittelstandsanleihen eröffnete, begann ein regelrechter Boom. Innerhalb kurzer Zeit folgten die Börsen Frankfurt, Düsseldorf, München, Hamburg und Hannover dem Stuttgarter Beispiel. Anleger, die in Zeiten niedriger Zinsen nach Alternativen zu staatlichen Rentenpapieren suchten, stürzten sich geradezu auf die neuen Schuldverschreibungen
mittelständischer Unternehmen.

Mittelständler selbst nutzten die Möglichkeit, Bonds an den extra für sie geschaffenen Börsensegmenten zu platzieren, als willkommene Alternative zum klassischen Bankkredit. Eine Weile schienen die Interessen von Emittenten und Anlegern bestens unter einen Hut gebracht – doch die Freude währte nicht lange. Erste Probleme bei der Bedienung der Zinskupons, wenig später gar Totalausfälle aufgrund von Insolvenzen erschütterten das Vertrauen der Investoren in die kleinen Bonds. Die Börsen schlossen ihre Mittelstandssegmente – Finanzexperten riefen das Ende des noch
jungen Marktes aus.

Der Markt lebt

Doch ganz am Ende ist er nicht, wie ein Blick auf das Jahr 2017 zeigt. Nach Berechnungen der Kommunikationsagentur Kirchhoff Consult belief sich das Emissionsvolumen neuer Mittelstandsanleihen zwar nur auf 791 Millionen Euro und lag damit noch einmal um zehn Prozent unter dem Vorjahr. Der Grund dafür war aber vor allem das Fehlen sehr großer Einzelemissionen. Die Deutsche Börse in Frankfurt will seit März vergangenen Jahres mit dem neu geschaffenen Segment Scale kleinen und mittleren Unternehmen den Weg an den Kapitalmarkt ebnen und auch den Markt der in Verruf geratenen Mittelstandsanleihen neu beleben.

Scale, das den Entry Standard abgelöst hat, richtet sich an kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ein vielversprechendes Geschäftsmodell haben und wachsen möchten. Gerade für Firmen, die im Zuge der Digitalisierung und der Industrie 4.0 Fremdkapital benötigen, kann es vorteilhaft sein, Anleihen zu begeben. Denn über Bankkredite sind solche Investitionen auch in Zeiten niedriger Zinsen oft nicht zu bewältigen.

Wer in dem neuen KMU-Segment einen Bond platzieren will, muss allerdings strenge Zulassungskriterien erfüllen. Die Deutsche Börse hat die Regularien gerade erst noch einmal verschärft. Unter anderem muss jeder Anbieter einen positiven Jahresüberschuss sowie eine positive Eigenkapitalquote aufweisen. Insider-Informationen sind so schnell wie möglich zu veröffentlichen, um dem Insiderhandel vorzubeugen. Darüber hinaus können nur Anleihen mit einem Gesamtvolumen von mindestens 20 Millionen Euro notiert werden.

Teure Bonds-Emissionen

Die erhöhten Transparenzpflichten mögen vor allem kleinere Unternehmen daran hindern, über einen „Mini-Bond“, wie Mittelstandsanleihen auch genannt werden, Kapital bei Investoren einzusammeln. Auch ist es nicht gerade günstig, einen Bond zu begeben. Damit das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt, sollte der Wert der Anleihe ohnehin bei mindestens 20 Millionen Euro liegen, der Verschuldungsfaktor sollte im Vergleich zum EBITDA nicht höher sein als vier. Andererseits können die neuen Regularien aber dafür sorgen, Ausfälle wie in der Vergangenheit künftig zu verhindern. Das ist wichtig, um das Vertrauen der Anleger zu stärken und sie zur Rückkehr an den Markt für Mini-Bonds zu bewegen.

Mittelständler, die die strengen Zugangsvoraussetzungen erfüllen und die Kosten stemmen können, würden damit profitieren. Denn: Anleihen sind nicht nur ein Instrument, das Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, gerade in Zeiten niedriger Zinsen Wachstumskapital einzuwerben. Firmenlenker, die den Gang an den Kapitalmarkt wagen, müssen sich auch Gedanken darüber machen, was Anleger eigentlich dazu veranlassen soll, in ihr Unternehmen zu investieren. Damit wird es notwendig, das eigene Standing in der Öffentlichkeit und gegebenenfalls die gesamte Strategie des Unternehmens zu hinterfragen. Das ist viel Arbeit, bringt Unternehmer letztendlich aber
weiter.

Andrea Martens | redaktion@regiomanager.de

 

INFO

Das sind Mini-Bonds

Begriff

Mittelstandsanleihen, auch Mini-Bonds genannt, sind eine noch recht neue Form der Unternehmensfinanzierung über den Kapitalmarkt. Dabei handelt es sich um Schuldtitel mit einem Emissionsvolumen zwischen 15 und 150 Millionen Euro. Die Emission kann ein Unternehmen in Eigenregie übernehmen (Eigenemission), Anleihen können aber auch mit Unterstützung von Investmentbanken begeben werden (Fremdemission).

Zins

Mini-Bonds sind wie alle Anleihen mit einem festen Zinskupon ausgestattet. Er liegt in der Regel um bis zu sechs Prozentpunkte über den Zinsen von Bonds großer Unternehmen mit
derselben Laufzeit.

Laufzeit

Die Laufzeit beträgt meist fünf Jahre.

Stückelung

Da sich Emissionen von Mittelstandsanleihen außer an institutionelle Investoren auch an Privatanleger richten, beläuft sich die Stückelung oft auf 1.000 Euro.

Sicherheiten

Mini-Bonds sind üblicherweise nicht dinglich besichert und nicht nachrangig gegenüber sonstigen unbesicherten Finanzverbindlichkeiten. Oft sind sie mit bestimmten Nebenklauseln, sogenannten Covenants versehen.

Rating

Mittelständler können Anleihen im Segment Scale der Deutschen Börse in Frankfurt notieren lassen. Dafür sind strenge Zugangsvoraussetzungen zu erfüllen. Unter anderem ist ein Unternehmens- oder Anleiherating erforderlich.

Pluspunkte auf beiden Seiten

Läuft es gut, gibt es klare Pluspunkte auf Seiten der Anleger und der Bond-Emittenten: Das Unternehmen erhält Fremdkapital. Die Anleihegläubiger bekommen daher keinerlei Mitspracherechte und können sich – anders als etwa Private-Equity-Geber – nicht ins operative Geschäft einmischen. Zudem ist es für die Emission einer Anleihe nicht nötig, die Rechtsform zu wechseln, diese kann frei gewählt werden. Die Anleger profitieren auf der anderen Seite von sehr hohen Zinsen zwischen etwa fünf und zehn Prozent – Renditen, die sie in Zeiten dauerhafter Niedrigzinsen anderswo lange suchen müssen.

Teilen:

Weitere Inhalte der Serie
Newsletter abonnieren

Newsletter abonnieren und Brancheninfos erhalten

Datenschutz*