Baustoffhändler

Statt Verzweiflung und Durchhalteparolen

Mindener Unternehmer ist gefragter Ratgeber in der Politik

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von REGIO MANAGER 27.10.2025
Frank Hägermann

Eigentlich hat Frank Hägermann überhaupt keine Zeit, Politik zu machen. Sein Stahlhandel steht trotz allgemein schwieriger Wirtschaftslage bestens da. Gerade beaufsichtigt er die letzten Arbeiten am Neubau seines Firmensitzes. Trotzdem treibt ihn um, was hier auf vielen Ebenen schiefläuft und die deutsche Wirtschaft immer wieder ausbremst.

Ostwestfalen-Lippe Manager: Hinter Bürokratie steckt doch eigentlich eine gute Idee: Es gelten Regeln, die für alle gleich sind und im Wesentlichen für Sicherheit sorgen sollen. Welches Beispiel fällt Ihnen spontan ein, wo man dabei übers Ziel hinausgeschossen ist?

Frank Hägermann: Unser Neubau in Herford! Wir hatten einem insolventen Maschinenbauer das Grundstück und die Halle abgekauft. Nach dem Abriss der – für unsere Bedürfnisse zu niedrigen – Halle zog sich das Genehmigungsverfahren für den Neubau aus den unterschiedlichsten Gründen anderthalb Jahre hin. Einmal war eine Mitarbeiterin im Urlaub und ihr Kollege konnte das nicht übernehmen, dann brauchten wir neue Gefahrenanalysen in Bezug auf Hochwasser und dann mussten wir auf dem Gelände, wo schon jahrzehntelang Maschinenbau betrieben wurde, noch einmal nach Weltkriegsbomben suchen. Immer, wenn wir eine Auflage erfüllt hatten, kam eine neue dazu. Das hat unser Geld gekostet. Aber das ist nur ein Beispiel von ganz vielen, die mir einfallen würden…

OWLM: Wie würden Sie Bürokratie abbauen, wenn Sie könnten?

Frank Hägermann: In manchen Bereichen müsste die Zahl der Beamten glatt halbiert werden! Und wir sollten oben anfangen. Warum brauchen wir 900 Leute im Bundestag? Reichen nicht 400? Man könnte Kreise und Bundesländer zusammenfassen. Die Bedeutung jedes einzelnen Ministeriums sollte hinterfragt werden. Wir haben derzeit zu viele Leute, die ineffizient sind. Behörden müssen auf den Prüfstand. Auf der anderen Seite gibt es zu wenig Personal, wenn es um das Verfolgen von Sozialbetrug oder die Sicherung unserer Grenzen geht. 

OWLM: Woran verzweifeln Sie regelmäßig als Unternehmer?

Frank Hägermann: Ich habe 320 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die sind absolut leistungsbereit. Wenn Überstunden notwendig sind, zahle ich schon drei Euro mehr pro Stunde. Das kostet mich durch die zahlreichen Abgaben etwa fünf Euro mehr. Trotzdem höre ich manchmal, dass die Leute an der Tankstelle mehr verdienen würden. Wenn Überstunden nicht so hoch versteuert würden, sähe es in unserer Wirtschaft schon ganz anders aus.

OWLM: Kürzlich ist der Wirtschaftsrat der CDU initiativ auf Sie zugekommen, weil sie Beratungsbedarf hatte. Was können denn grundsätzlich Politiker von Unternehmern lernen?

Frank Hägermann: Es darf alles nicht so lange dauern! Über das Interesse des Wirtschaftsrats der CDU habe ich mich gefreut und werde voraussichtlich dort beim Wirtschaftsrat mitarbeiten. Doch es war auch ernüchternd, weil man weiß, dass es mindestens noch ein Jahr dauert, bis die Ergebnisse unserer guten Gespräche in die entscheidenden Gremien kommen. Derzeit investiert kaum jemand. Das ist gefährlich. Wenn es wieder losgeht, liegen Maschinenbau, Automobilindustrie und andere Branchen am Boden. 80 Prozent der Mittelständler haben schon Häuser im Ausland und denken darüber nach, ihr Unternehmen zu verkaufen. Trotzdem sehe ich diesen Anruf vom Wirtschaftsrat als Zeichen der Hoffnung. Die Politiker suchen offenbar den Schulterschluss mit der Wirtschaft.

OWLM: Mit Ihrem Neubau in Herford bekennen Sie sich klar zur Region. Warum ist Ihnen das wichtig?

Frank Hägermann: Das ist unsere Heimat. Ich sehe immer wieder, dass diese Mittelstandsregion OWL komplett unterschätzt wird. Hier gibt es viele starke kleine und mittelständische Unternehmen. Bis ich diese Region aufgebe, müsste schon viel passieren. Aber Deutschland braucht eine andere Politik. Deshalb engagiere ich mich in der Werteunion, baue die Gruppe OWL auf. Der Landesverband NRW ist im Vergleich zum Rest der Republik mit Abstand der größte. Von den etwa 1400 bundesweiten Mitgliedern komm gut ein Drittel allein aus Nordrhein-Westfalen. Wenn ich andere Unternehmer zu Gruppentreffen einlade, ermuntere ich sie, beim nächsten Mal weitere Interessierte zu gewinnen. So erreiche ich immer mehr Menschen: Unternehmer, leitende Angestellte und fleißige Arbeiter. Leute, die begriffen haben, dass man nur durch Arbeit weiterkommt. Und davon gibt es zum Glück sehr viele hier bei uns in OWL. 

OWLM: Wir bedanken uns für das Gespräch! 

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