Die Big-Tech-Konzerne aus den USA und China haben nicht nur in Deutschland, sondern nahezu überall in der Welt im digitalen Raum ein Marktmonopol. Sie lenken unsere Aufmerksamkeit dahin, wohin sie sie haben wollen – und zwar in erster Linie auf die eigenen Angebote. Das jedenfalls sagt der Medienwissenschaftler Martin Andree, Autor der Bücher „Big Tech muss weg“ und „Atlas der digitalen Welt“ (mit Timo Thomsen). Selbst große Unternehmen haben im Internet mit ihren eigenen Websites nur eine geringe Chance, Aufmerksamkeit zu erregen. Sie müssen bei den großen Tech-Unternehmen wie Google werben, um ihre Angebote an die Kunden zu bringen. Denn sonst werden sie nicht gefunden.
Die Big-Tech-Konzerne haben Andree zufolge ihr Marktmonopol unter anderem erreicht, indem sie geschlossene Standards geschaffen haben. Das bedeutet: Nutzer etwa des Konzerns Meta (Facebook, Instagram usw.) können Beiträge nur innerhalb des sogenannten Metaverse zur Verfügung stellen, sie jedoch nicht ohne Weiteres mit anderen Plattformen teilen. Ein weiterer Grund: Haben Beiträge Links, die aus diesem abgeriegelten Universum auf Angebote außerhalb verweisen, wird ihre Reichweite heruntergeregelt. Diese Beiträge erreichen also weniger Menschen. Daneben nutzen die Unternehmen Netzwerkeffekte – sie bevorzugen eigene Dienste. In der digitalen Welt geht daher an den großen Tech-Konzernen kein Weg vorbei. Der Großteil des Datenverkehrs im Internet läuft über sie.
Der Weg in die digitale Vorherrschaft der Großkonzerne ist jedoch noch längst nicht beendet. Zu den nächsten Schritten zählt die Entwicklung einer sogenannten Alles- oder Super-App, über die Nutzer nicht nur mit anderen Menschen kommunizieren, sondern auch einkaufen, Reisen buchen und ihr Onlinebanking nutzen können und die neuesten Nachrichten, natürlich gefiltert nach den eigenen Interessen und Meinungen, zugeteilt bekommen. Auch weitere Nutzungsmöglichkeiten wie etwa digitales Lernen sind in einer Alles-App möglich. In China gibt es mit WeChat bereits eine derartige Anwendung. Der Großteil der Menschen, die dort mit dem Internet verbunden sind, verwendet sie. Kein Wunder, dass die US-amerikanischen Big-Tech-Konzerne alles daran setzen, ebenfalls eine solche App zu entwickeln. Damit könnten sie die Nutzer noch stärker an ihre eigenen Angebote binden und die Konkurrenz ausschalten.
Was bedeutet das für die heimische Wirtschaft? Nicht viel Gutes. Unternehmen, die aufs Internet angewiesen sind, um ihre Produkte zu verkaufen, stehen riesigen Konzernen gegenüber, die bestimmen, wohin die Aufmerksamkeit gelenkt wird. Die Politik hat verschlafen, das Kartellrecht auch im digitalen Raum anzuwenden und zum Beispiel offene Standards zu fordern, um den Austausch über Plattformen hinweg zu ermöglichen. Mit der zunehmenden Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI), bei deren Entwicklung ebenfalls die Big-Tech-Konzerne die Nase vorn haben, wird sich meiner Meinung nach das digitale Monopol dieser Unternehmen ausweiten. Suchanfragen mithilfe von KI führen vermehrt auf Inhalte, die Google bereits priorisiert hat. Andere Inhalte fallen hinten runter. Damit wird es vermutlich schwieriger, sich umfänglich über ein Thema zu informieren, etwa, weil bestimmte Sichtweisen nur am Rande dargestellt oder durch die Programmierung von KI unterdrückt werden. Das ursprüngliche Ziel des Internets – alle Informationen sollen offen und frei zugänglich sein – wird damit ad absurdum geführt. Zwar sind die Informationen natürlich da, doch werden sie bei der Nutzung von KI durch die großen Tech-Konzerne gefiltert. Viele Menschen vertrauen, nicht zuletzt aus Bequemlichkeit, auf das, was ihnen die KI präsentiert. Damit können Tech-Konzerne auch Meinungen steuern.
Allerdings – und das kann eine Chance auch für Unternehmen sein – wird es immer Menschen geben, die sich nicht ausschließlich auf das verlassen, was ihnen vorgesetzt wird, sondern die selbst tiefer in Themen einsteigen (oder bereits im Thema sind). Ich vermute, dass ihre Expertise irgendwann sehr geschätzt werden wird. Vielleicht wacht auch die Politik auf und versucht, die Gefahren durch die digitalen Monopole einzudämmen, die nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der Demokratie drohen. Es wäre an der Zeit.
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