Das Interesse an Mitarbeiterbeteiligungen steigt kontinuierlich. Doch von einem Boom kann noch lange keine Rede sein. Stand heute bieten laut dem Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung AGP nur rund zwei bis drei Prozent der Unternehmen in Deutschland Mitarbeiterbeteiligungsprogramme an. „Während bei den börsennotierten Unternehmen und den Start-ups Beteiligungsangebote durchaus verbreitet sind, ist es vor allem der Mittelstand, der mit einer Mitarbeiterbeteiligung noch fremdelt“, erläutert Dirk Lambach, Geschäftsführer der AGP. Das liege nicht zuletzt an Vorbehalten und mangelnder Kenntnis über Möglichkeiten, die Mitarbeiter auch dann zu beteiligen, wenn das Unternehmen keine Aktien ausgeben kann. Zudem würden viele Unternehmen einen erhöhten Verwaltungsaufwand befürchten und hätten Sorge vor zu weitreichenden Mitspracherechten.
Gesetzliche Verbesserungen schaffen neue Anreize
Diese Bedenken sind jedoch durch vereinfachte Gestaltungsmodelle weitgehend überwindbar. Zudem gibt es seit Anfang 2024 das Zukunftsfinanzierungsgesetz. Demzufolge beträgt der steuerliche Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen statt 1.440 EUR nun 2.000 Euro, sofern die Unternehmen die Beteiligungen allen ihren Mitarbeitenden anbieten. Für Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden und einem maximalen Umsatz von 100 Millionen Euro, die nicht älter als 20 Jahre sind, umfasst das Gesetz unter anderem den Steueraufschub: Mussten beteiligte Mitarbeitende zuvor sofort Steuern auf den verbilligten oder unentgeltlichen Erwerb von Unternehmensanteilen zahlen, erfolgt die Besteuerung nun erst nach 15 Jahren oder wenn die Beteiligung verkauft, ausgezahlt oder das Arbeits- / Dienstverhältnis mit dem Arbeitgeber beendet wird.
Mitarbeitende sind interessiert
In der Bevölkerung ist die Zustimmung zur Mitarbeiterbeteiligung deutlich höher als die tatsächliche Verbreitung: In einer Umfrage von Allianz Economic Research aus dem Jahr 2024 gaben mehr als 53 Prozent der 1.020 befragten Deutschen an, dass sie an einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm teilnehmen würden, wenn sie Zugang hätten (19,4 Prozent uneingeschränkt, 36,4 Prozent bei steuerlichen Vorteilen).
Doch warum sollten die Firmen eigentlich auf eine Mitarbeiterbeteiligung setzen? Ein triftiger Grund dafür ist die in der Regel hohe Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmenserfolg. „Die sich hieraus ergebenen Vorteile für die Unternehmen reichen von erhöhter Motivation über gesteigerte Produktivität bis hin zu verbesserter Unternehmensperformance“, sagt Dirk Lambach. Eine Kooperationsstudie zwischen Siemens und der Universität Göttingen belegt diese positiven Effekte. Der Untersuchung zufolge zeigen die Teilnehmenden an den Aktienprogrammen bei Siemens ein höheres Engagement, eine bessere individuelle Performance und geringere Fluktuation.
Mitarbeiterbindung garantiert
Dass Angestellte, die an einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm teilnehmen, weniger wahrscheinlich das Unternehmen verlassen, hat auch Jana Oehmichen, Professorin für Organisation, Personal und Unternehmensführung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), gemeinsam mit Forschenden aus Groningen und Göttingen in einer 2022 durchgeführten Studie herausgefunden. Der Effekt lässt sich laut der Untersuchung, die auf Daten von mehr als 190.000 Angestellten eines multinationalen Industrieunternehmens basiert, neben den finanziellen Anreize durch den psychologischen Mechanismus der „psychological ownership“ erklären: Wenn Angestellte Firmenanteile halten, entsteht das Gefühl von Verbundenheit und Zugehörigkeit, welches es weniger attraktiv erscheinen lässt, den Arbeitgeber zu wechseln.
Implementierung: Erfolgsfaktoren und Stolpersteine
Für die erfolgreiche Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms und Nutzung des Freibetrags ist ein durchdachtes Konzept erforderlich. „Wichtig ist, im Vorfeld die mit dem Programm angedachten Ziele genau zu klären und die Gestaltung des Programms hierauf abzustimmen“, sagt Christine Seger, Geschäftsführerin der Miterfolg GmbH, die Organisationen in Sachen partnerschaftliche Unternehmensführung berät. Häufige Implementierungsfehler würden eine unzureichende Kommunikation betreffen, welche zu geringe Akzeptanz der Mitarbeitenden für eine Beteiligung am Unternehmen mit sich bringe. „Hier im Vorfeld in die Ausarbeitung zu investieren, lohnt sich für den Erfolg des Programms, ganz besonders aber auch für die Entwicklung der Unternehmenskultur”, so Seger. Oft vernachlässigt und ihrer Erfahrung nach am wichtigsten bei der Einführung einer Mitarbeiterbeteiligung ist ferner eine einfache Handhabung und sinnhafte Umsetzung.
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