ISO 27001, TISAX und Co. werden für mittelständische Unternehmen zunehmend zur Eintrittskarte in neue Märkte. Doch viele Betriebe unterschätzen den Aufwand, der hinter der Vorbereitung steckt und geraten schnell unter Druck. Ein Gespräch mit Stefan Effenberger, IT-Experte und Spezialist für Auditvorbereitung, zeigt, wie mittelständische Unternehmen Zertifizierungen realistisch, effizient und nachhaltig angehen können.
Regiomanager: Herr Effenberger, warum beschäftigen sich immer mehr Mittelständler mit Zertifizierungen wie ISO 27001 oder TISAX?
Stefan Effenberger: IT-Zertifizierungen sind heute kein freiwilliger Bonus mehr, sondern vielfach Voraussetzung für die Geschäftstätigkeit. Kunden, Partner und auch Regulierungsbehörden erwarten nachvollziehbare Sicherheitsstandards – und das längst nicht mehr nur bei Großkonzernen. Wer als Zulieferer, Dienstleister oder Betreiber kritischer Infrastrukturen agiert, muss belegen können, dass Informationssicherheit im Unternehmen gelebt wird. Ohne einen anerkannten Standard bleiben viele Türen verschlossen.
Regiomanager: Wo liegen Ihrer Erfahrung nach die größten Herausforderungen?
Stefan Effenberger: Die meisten Mittelständler haben keine klare Übersicht über ihre IT-Landschaft. Systeme sind über Jahre gewachsen, Prozesse nie vollständig dokumentiert worden. Oft fehlt es an definierten Zuständigkeiten und strukturierten Abläufen. Viele Informationen existieren nur in Einzeldokumenten oder als Erfahrungswissen einzelner Personen. Wenn dann ein Audit bevorsteht, ist der Aufwand enorm – besonders, weil die geforderten Nachweise detailliert und lückenlos sein müssen. Der manuelle Aufwand, alles zusammenzutragen, ist schlichtweg zu groß.
Ein zentrales Fundament bildet hier eine verlässliche IT-Dokumentation. Nur wenn alle Systeme, Schnittstellen, Berechtigungen und Prozesse vollständig und aktuell dokumentiert sind, lassen sich die Anforderungen von Zertifizierungen wie ISO 27001 oder TISAX erfüllen. Gerade bei Re-Audits, die regelmäßig anstehen, ist Automatisierung essenziell. Manuelle Prozesse stoßen hier schnell an ihre Grenzen.
Regiomanager: Wie viel Zeit sollten Unternehmen für die Vorbereitung einplanen?
Stefan Effenberger: Das hängt natürlich vom Ausgangszustand ab. Wenn gewisse Grundlagen vorhanden sind und ein Tool zur automatisierten IT-Inventarisierung eingesetzt wird, kann man mit etwa sechs Monaten rechnen. Wer bei null anfängt oder auf manuelle Prozesse setzt, muss mit zwölf Monaten oder mehr kalkulieren. Wichtig ist: Die Zertifizierungsvorbereitung ist ein Projekt. Es braucht klare Verantwortlichkeiten, definierte Meilensteine und eine realistische Ressourcenplanung. Gerade im Mittelstand zeigt sich, dass fehlende Struktur oft zu vermeidbaren Digitalisierungsrisiken führt, mit erheblichen Folgen für Zeit- und Kostenpläne.
Regiomanager: Viele Entscheider fragen sich: Lohnt sich der Aufwand einer Zertifizierung überhaupt?
Stefan Effenberger: Diese Frage kommt häufig und sie ist berechtigt. Natürlich ist eine Zertifizierung mit Aufwand verbunden. Aber sie bringt auch einen klaren Return on Investment. Zum einen ermöglicht sie den Zugang zu neuen Märkten und Kunden, zum anderen fördert sie intern eine höhere IT-Transparenz, bessere Prozesse und ein strukturiertes Risikomanagement. All das wirkt sich positiv auf Stabilität, Verfügbarkeit und Sicherheit der IT aus. Und: Heutzutage, wo Cyberangriffe zunehmen und gesetzliche Anforderungen steigen, ist eine fundierte IT-Sicherheitsstrategie kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit.
Regiomanager: Wie können Unternehmen sicherstellen, dass der Aufwand nicht nach dem ersten Audit wieder verpufft?
Stefan Effenberger: Genau da trennt sich die Spreu vom Weizen. Eine Zertifizierung sollte kein Einmalprojekt sein, sondern Teil eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Das gelingt nur, wenn Strukturen dauerhaft etabliert und gepflegt werden. Eine automatisierte IT-Dokumentation ist hier ein zentrales Element – sie sorgt dafür, dass relevante Daten nicht nur punktuell erhoben, sondern auch kontinuierlich aktualisiert werden. Unternehmen, die das verstehen und umsetzen, profitieren langfristig, weil sie Audits nicht nur bestehen, sondern mit minimalem Aufwand wiederholen können.
Regiomanager: Was empfehlen Sie Unternehmen, die 2025 zertifiziert sein möchten?
Stefan Effenberger: Frühzeitig beginnen – das ist der wichtigste Rat. Dann eine strukturierte Bestandsaufnahme machen: Welche Nachweise liegen bereits vor? Wo bestehen Lücken? Danach geht es an die Auswahl geeigneter Tools und Methoden. Eine automatisierte IT-Dokumentation spart nicht nur Zeit, sondern verhindert auch typische Fehlerquellen. Viele Unternehmen profitieren davon, sich extern beraten zu lassen, zumindest in der ersten Phase. Das hilft, gängige Stolperfallen zu vermeiden und den Fokus zu halten.
Regiomanager: Welche Nachweise erwarten Auditoren konkret?
Stefan Effenberger: Auditoren wollen klare, nachvollziehbare Informationen. Das umfasst zum Beispiel Netzpläne, Asset-Listen, Rollen- und Berechtigungskonzepte, Patch-Management-Prozesse, Backup-Dokumentationen sowie Risikobewertungen. Entscheidend ist, dass diese Daten nicht nur vorliegen, sondern aktuell und vollständig sind. Das gelingt nur, wenn sie automatisiert erhoben und zentral gepflegt werden. Hier stoßen Excel-Listen und Insellösungen schnell an ihre Grenzen.
Regiomanager: Worauf sollte man bei der Auswahl eines Dienstleisters oder Audit-Partners achten?
Stefan Effenberger: Ein guter Partner bringt technisches Verständnis und Branchenerfahrung mit und kennt sowohl die Zertifizierungsstandards als auch typische IT-Strukturen im Mittelstand. Ebenso wichtig ist, dass er mit modernen Tools vertraut ist und methodisch arbeitet: mit klarer Projektstruktur, transparenten Zeitplänen und definierten Verantwortlichkeiten. Und ganz wichtig: Der Partner sollte Wissen ins Unternehmen bringen, nicht nur ein Audit „durchziehen“. Nachhaltigkeit ist hier entscheidend.
Regiomanager: Ihr persönliches Fazit?
Stefan Effenberger: Zertifizierungen sind machbar, auch für mittelständische Unternehmen. Entscheidend ist eine gute Vorbereitung, eine saubere Datenbasis und der Mut, in moderne IT-Dokumentation zu investieren. Wer seine IT im Griff hat, reduziert Aufwand, erhöht Sicherheit und verschafft sich echte Wettbewerbsvorteile. Mit der richtigen Strategie und einem passenden Tool wird das Audit vom Risikofaktor zum Erfolgsbeweis.
Interviewpartner: Stefan Effenberger
![]() Stefan Effenberger ist Content Marketing Manager und IT-Content-Experte bei der itelio GmbH sowie der Docusnap GmbH – dem Hersteller der Softwarelösung Docusnap für IT-Dokumentation. Seit über sieben Jahren begleitet er die Weiterentwicklung und Kommunikation des Produkts mit fachlicher Tiefe und großem Praxisbezug. Zuvor war er mehrere Jahre in der zentralen IT eines führenden Automobilherstellers tätig und kennt die Herausforderungen im IT-Alltag daher aus erster Hand. In Fachbeiträgen, Blogartikeln und Video-Tutorials bereitet er komplexe IT-Themen verständlich und anwendungsnah auf – immer mit Blick auf die Anforderungen mittelständischer Unternehmen. |
Teilen:
