Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist längst kein grüner Zusatznutzen mehr – er ist zu einem strategischen Erfolgsfaktor geworden. Während sich produzierende Unternehmen bereits seit Jahren mit Umweltstandards, CO²-Bilanzen und Lieferkettenmonitoring auseinandersetzen, steht der Dienstleistungssektor noch am Anfang eines systematischen Wandels. Doch gerade hier schlummern große Potenziale – ökonomisch, ökologisch und reputationsbezogen. Für mittelständische Dienstleister bietet Nachhaltigkeit mehr als nur ein gutes Image: Sie ist ein Zukunftsinvestment.
Dienstleister haben in der Regel eine geringe direkte Materialintensität, heißt, sie verbrauchen wenig Ressourcen. Sind sie damit automatisch nachhaltig und können gar nichts tun? Sicherlich nicht, denn auch IT-Unternehmen, Banken, Versicherungen, Gebäudereinigungen und fast alle anderen Dienstleistungsbranchen haben große Potenziale, denn deren Tätigkeiten haben signifikante ökologische Auswirkungen: Rechenzentren mit hohem Stromverbrauch, Pendlerströme, Geschäftsreisen, Büroflächen mit hohem Energiebedarf – all das verursacht Emissionen, oft im Verborgenen. Der sogenannte „Scope 3“-Fußabdruck – also indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette – ist bei Dienstleistern oft höher als angenommen.
Nachhaltigkeit gehört auch bei Dienstleistern auf die Agenda
Märkte und Kundenwünsche – sowohl beim Endverbraucher als auch im B2B-Sektor – ändern sich permanent und transparente Nachhaltigkeitsstrategien gewinnen an Bedeutung. Besonders in Ausschreibungen öffentlicher Stellen oder bei B2B-Aufträgen wird Nachhaltigkeit zum Wettbewerbsfaktor. Wer hier keine glaubwürdigen Antworten liefert, kann schnell Aufträge und Kunden verlieren.
Und auch der Arbeitsmarkt hat sich schon gewandelt. Besonders junge Fachkräfte legen großen Wert auf Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung. Ein nachhaltiges Unternehmensleitbild wirkt sich direkt auf Recruiting und Mitarbeiterbindung aus – ein wichtiger Punkt in Zeiten von Fachkräftemangel in fast allen Branchen, Unternehmen und Behörden.
Mit dem Lieferkettengesetz und der CSRD-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird auch der Mittelstand künftig stärker in die Pflicht genommen. Auch wenn die Schwellenwerte bislang nur große Unternehmen betreffen, ist klar: Die Berichtspflichten werden sich weiter ausweiten. Wer heute freiwillig beginnt, ist morgen besser vorbereitet und generiert schon jetzt einen zukünftigen Wettbewerbsvorteil.
Hindernisse und Grenzen
Viele mittelständische Dienstleister nennen als Hürde für nachhaltiges Handeln fehlende Ressourcen, personell wie finanziell. Doch Nachhaltigkeit muss nicht teuer sein. Es geht oft um Priorisierung, nicht um Perfektion und Maximierung. Kleine Schritte mit klar messbaren Zielen wirken glaubwürdig und lassen sich besser umsetzen als große Versprechen. Und natürlich haben alle Nachhaltigkeitsbestrebungen auch Grenzen. Um jeden Preis nachhaltig zu wirtschaften und dabei den eigentlichen Zweck jedes Unternehmens – die nachhaltige Gewinnerzielung – zu konterkarieren, ist weder sinnvoll noch zumutbar.
Fazit: Nachhaltigkeit im Dienstleistungssektor ist kein Selbstzweck, kann aber ein strategischer Vorteil werden. Wer frühzeitig handelt, stärkt seine Marktposition, bindet Talente und bereitet sich auf regulatorische Entwicklungen vor. Es ist gut, wenn der Gedanke des nachhaltigen Handelns in allen Köpfen verankert ist, auch wenn man nicht alles auf einmal umsetzen kann.
Nachhaltigkeit im Dienstleistungssektor – Ansätze für den Einstieg
Digitalisierung nutzen
Digitale Prozesse ersetzen papierbasierte Abläufe, ermöglichen Homeoffice und reduzieren damit Verkehrsaufkommen und Büroflächen. Gleichzeitig lässt sich mit modernen Tools der Energieverbrauch effizienter steuern – von smarten Heizsystemen bis hin zur intelligenten Lichtsteuerung.
Mobilität neu denken
Gerade im Außendienst oder bei Vor-Ort-Terminen ist nachhaltige Mobilität entscheidend. Elektroflotten, Fahrradleasing oder ÖPNV-Zuschüsse sind nicht nur klimafreundlich, sondern auch steuerlich attraktive Mitarbeiter-Benefits.
Büroflächen effizient gestalten
Der klassische „9-to-5“-Schreibtisch hat ausgedient. Shared-Desk-Modelle, flexible Arbeitszeitgestaltung und Co-Working-Spaces reduzieren den Platzbedarf und damit Energie und Kosten. Gleichzeitig erhöhen sie die Mitarbeiterzufriedenheit.
Energieversorgung umstellen
Ein Wechsel zu Ökostrom ist ein unkomplizierter erster Schritt. Wer mehr tun will, investiert in eigene Solaranlagen, Energiespeicher oder beteiligt sich an regionalen Energieprojekten.
Lieferketten prüfen
Auch Dienstleister haben Zulieferer: IT-Ausstattung, Cateringfirmen, Reinigungsdienste. Wer bei seinen Lieferanten auf nachhaltige Beschaffung, faire Arbeitsbedingungen und kurze Transportwege schaut, kann schon viel verändern.
Nachhaltigkeit im Mittelstand
01/25 – Nachhaltigkeit im Mittelstand –
Bürokratiemonster oder
Wirtschaftsfaktor?
02/25 – Nachhaltigkeit im Handel
03/25 – Nachhaltigkeit im
Dienstleistungssektor
04/25 – Nachhaltigkeit im Handwerk
05/25 – Nachhaltigkeitschampions
der Region
06/25 – Nachhaltigkeit in Produktions- und Industrieunternehmen
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