Mobilität & Logistik

Mobilität: Die Chancen von MaaS

Mobility as a Service ist branchenübergreifend Thema

Avatar
von Daniel Boss 21.07.2025
Moderne Mobilität birgt ein gewaltiges wirtschaftliches Potenzial (© ­­­svetazi − stock.adobe.com)

Vier Buchstaben stehen für ein gewaltiges Potenzial: MaaS, kurz für Mobility as a Service. Die Zukunftsforscher sehen mehrere globale Trends, die unmittelbar MaaS begünstigen und in den nächsten Jahren weiter gewinnen lassen werden. Das eröffnet neue Geschäftsmodelle und -felder, zum Beispiel durch „MaaS-Abos“ statt Fahrzeugfinanzierung, App-Entwicklungen für Leih-Plattformen oder Wartungsservices für Sharing-Fahrzeuge. Und schon heute ist die Mobilität branchenübergreifend Thema in den Unternehmen. „Digitalisierung, Individualisierung und letztlich die Mobilität als Ganzes sind Herausforderungen, denen sich Arbeitgeber stellen müssen. In fast jedem Bewerbungsgespräch werden Fragen nach E-Bike-Leasing, Bahncard, Deutschland-Ticket, E-Laden und Co. gestellt. Die Erreichbarkeit von Betriebsstandorten wird immer entscheidungsrelevanter für Bewerber.“ Das sagt Stefan Peltzer, stellvertretender verkehrspolitischer Sprecher bei IHK NRW und Leiter von BEMO, dem IHK-Netzwerkbüro Betriebliche Mobilität NRW.

Individueller Bedarf ist entscheidend

Flexibilität ist seiner Aussage nach das richtige Stichwort, wenn es um MaaS geht. „Das Verkehrsmittel von gestern ist heute nicht automatisch wieder die beste Wahl. Wer sich zu fest und pauschal an ein Verkehrsmittel wie den Dienstwagen bindet, trifft als Arbeitgeber häufig nicht mehr den individuellen Bedarf.“ Entsprechende Befragungen können hierbei helfen, auf den neuesten Stand zu kommen: Wie wird die aktuelle Erreichbarkeit eingeschätzt. Wo liegt eigentlich der Bedarf in der Belegschaft? „Obwohl erfahrungsgemäß immer noch mehr als 70 Prozent der Beschäftigten überwiegend den privaten Pkw einsetzen, ist der Umstiegswille meist sehr hoch ausgeprägt. Was noch wichtiger ist: Beschäftigte nehmen die Angebote ihrer Arbeitgeber sehr gerne an. Das schafft eine Bindung.“ BEMO bietet solche Beschäftigtenbefragungen für Unternehmen in NRW kostenlos an. Die Herausforderung besteht darin, mit MaaS flexible Mobilität für komplette Wegeketten „von Tür zu Tür“ abzubilden. „Dabei darf MaaS nicht auf digitale Lösungen reduziert werden. Sie ersetzen nicht die Motivation der Beschäftigten durch den Arbeitgeber und gezielte Kommunikationsmaßnahmen. Betriebliche Mobilität wächst zu einer Managementaufgabe, mit der man bestenfalls einen Mitarbeitenden betraut und qualifiziert“, so Peltzer.
NRW verfügt über ausgeprägte Kompetenzen an den Hochschulen und eine dichte Nutzerlandschaft. „Die Ausgangsvoraussetzungen sind zweifellos gut für Mobilitätslösungen aus NRW, um von hier aus die Welt zu erobern“, meint Peltzer, Allerdings konzentriere sich das Gründungsgeschehen – beispielsweise rund um das Fraunhofer IML, dem weltgrößten Forschungszentrum für Logistik in Dortmund – auf Lösungen für den Güterverkehr. „Es ist zu erwarten, dass sich große Plattformen als MaaS-Lösungsanbieter durchsetzen werden. Das wiederum eröffnet aber auch die Chance für Spezialanbieter aus NRW wie zum Beispiel Car- oder Bike-Sharing, Lastenradlösungen für Unternehmen oder auch eventbezogene temporäre Mobilitätslösungen.“

Plattform für Mobilitätsdaten

Dafür braucht es Daten, Daten, Daten. Sie allein machen zwar noch keine intelligente Mobilität – „aber sie sind die Voraussetzung dafür“, heißt es in einem aktuellen Blogbeitrag von Harald Fletcher, Sprecher von MOBIDROM, der Landesagentur für Mobilitätsdaten in NRW. Mit der neuen MOBIDROM-Datenplattform, Ende Mai offiziell in Betrieb genommen, stehe nun eine zentrale digitale Infrastruktur zur Verfügung, die Mobilitätsdaten systematisch aufbereitet und für die breite Nutzung öffnet – über Verkehrsträger, Akteure und Anwendungsszenarien hinweg.
Die Plattform verarbeitet nicht nur Daten aus dem Straßen-, Schienen- oder Radverkehr, sondern stellt diese auch qualitätsgesichert und rechtssicher zur Verfügung. „Über standardisierte Schnittstellen können Kommunen, Verkehrsunternehmen, Start-ups oder App-Entwickler die Daten in ihre Anwendungen integrieren – kostenlos und transparent“, betont Fletcher. „Dadurch entstehen neue Services, die individuelle Teilhabe, multimodale Reiseplanung oder bedarfsgerechte Fahrzeugbereitstellung unterstützen.“
Durch die Plattform werden unter anderem Routing-Dienste ermöglicht. So können Unternehmen und Kommunen „verkehrsträgerübergreifende Wegeketten“ berechnen. Zudem unterstützt das webbasierte Portal SEVAS die Digitalisierung Lkw-relevanter Informationen und eine stadtverträgliche Steuerung des Wirtschaftsverkehrs.

Herausforderung für Automobilwirtschaft

Gute Aussichten für eine stressfreiere Fortbewegung von A nach B, eher düstere Aussichten für die Automobilwirtschaft und mit ihr verbundene Unternehmen? Stefan Peltzer sieht es nicht so dramatisch: Zwar sei die Shared Mobility offensichtlich auf dem Vormarsch. „Hierbei wird das Auto oft nur für einen Teil der Wegekette genutzt – es bleibt aber ein wichtiger Bestandteil.“ Die Automobilhersteller hätten ja bereits mit ergänzenden Angeboten wie Car-Sharing experimentiert. „Es bleibt aber abzuwarten, wer letztlich die gesamte Mobilitätslösung inkl. des Fahrzeuges anbieten wird.“ Denn: Hier steckt am Ende auch der Zugang zu Kunden, den auch große Wettbewerber aus anderen Branchen besetzen möchten.“
Auch das viel – und lange – diskutierte autonome Fahren erleichtert laut Peltzer die Nutzung von Pkw als reine Servicelösung, entweder als individuelles Taxiangebot oder als On-Demand-Bus im ÖPNV. „Das heißt nicht, dass es weniger Autos geben wird. Allerdings werden die Nutzungs- und Fahrzeugkonzepte sich deutlich von den aktuellen Selbstfahrer-Pkw unterscheiden. Jeder Trend bietet die Chance, Marktpotenziale frühzeitig zu erschließen.“

Teilen:

Fotostrecke

Harald Fletcher, Sprecher der Landesagentur für Mobilitätsdaten in NRW (MOBIDROM) (© MOBIDROM)

Stefan Peltzer, Leiter von BEMO, dem IHK-Netzwerkbüro Betriebliche Mobilität NRW (© BEMO)

(© ­­­Igor Link − stock.adobe.com)

Newsletter abonnieren

Newsletter abonnieren und Brancheninfos erhalten

Datenschutz*