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America first – und was jetzt?

Die USA gehören zu den wichtigsten Handelspartnern der Unternehmen in NRW und bieten auch unter Donald Trump vielfältige Möglichkeiten für gute Geschäfte.

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von Regiomanager 01.03.2017
(Foto: © Lukas Gojda – stock.adobe.com)

„From this day forward a new vision will govern our land. From this day forward it’s going to be only America first, America first“ – mit diesen Worten beschrieb der neue US-amerikanische Präsident Donald Trump bei seiner Einführungsrede die politische Agenda der kommenden Jahre. Eine Agenda, die Trump bereits im Wahlkampf definiert hatte und die im Ausland und bei der hiesigen Wirtschaft für Irritierung sorgte. „Dass ausgerechnet im Geschäft mit einem der wichtigsten deutschen Auslandsmärkte, den USA, so viele Unsicherheiten bestehen, ist angesichts der zahlreichen internationalen Krisenherde besonders schlimm“, äußerte sich Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, zur Amtseinführung Trumps.

America-First Trade Policy

Nun mag möchte an dieser Stelle gerne die Keule auspacken und des Präsidenten Worte mit Satire Marke Böhmermann begegnen, doch sinnvoller ist eine kritische Betrachtung der wirtschaftlichen Situation, zumal nichts so heiß gegessen wird wie gekocht. Aber zunächst zum Kern des Problems und Ausgangspunkt der Trumpschen Rhetorik. In den vergangenen Jahren haben sich breite Teile der US-amerikanischen Industrie – vorneweg die Automobilindustrie in Chicago, Detroit oder Pittsburgh – desaströs entwickelt, der Manufacturing Belt wurde zum Rust Belt. Damit verbunden: die Abwanderung von Arbeitsplätzen ins Ausland, die verstärkt wurde durch das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) zwischen den USA, Kanada und Mexiko. An dieser Stelle setzt Trump an mit seinem „7 Point Plan to Rebuild the American Economy by Fighting for Free Trade“. Auch wenn sich der Text protektionistisch liest (und vielfach auch so interpretiert wird), spricht sich Trump darin in erster Linie dafür aus, die Handelsverträge neu zu verhandeln, um Lösungen zu finden, die Arbeitsplätze schaffen, für höhere Löhne sorgen und das große Handelsdefizit von rekordverdächtigen 803 Milliarden US-Dollar bereinigen sollen. Besonders die amerikanisch-chinesischen Handelsbeziehungen mit einem Defizit von 367,4 Milliarden US-Dollar sind der US-Regierung ein Dorn im Auge. Von daher möchte diese zukünftig die Interessen Amerikas im Rahmen der Handels- und Wirtschaftspolitik in den Vordergrund stellen – ganz im Sinne einer „America-First Trade Policy“. Ohne die Protektionismus-Frage an dieser Stelle beantworten zu wollen – betrachten wir doch einfach die grundlegende Frage, was die neue amerikanische Wirtschaftspolitik für uns in Nordrhein-Westfalen bereithält und welche Möglichkeiten sich in Zukunft für Unternehmen bieten.

Die USA und Nordrhein-Westfalen – eine erfolgreiche Wirtschaftsgeschichte

 „Die nordrhein-westfälische Wirtschaft ist traditionell eng mit den Vereinigten Staaten verbunden. Mit einem Handelsvolumen von über 20 Milliarden Euro stehen die USA auf Platz sechs der Handelspartner“, erklärt NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin. „Mehr als 1.600 amerikanische Unternehmen sind hierzulande angesiedelt“, das sind 20,4 Prozent aller US-Unternehmen in Deutschland, „und unter den ausländischen Investoren stellen die US-Unternehmen die meisten Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen“, so Duin weiter. Der wertmäßige Bestand aller Direktinvestitionen aus den USA addierte sich in 2014 auf 11,4 Milliarden Euro. Im Gegenzug haben Unternehmen aus NRW im gleichen Zeitraum 25,2 Milliarden Euro Direktinvestitionen getätigt. Das klingt so weit ganz gut.
Weniger erfreulich, zumindest für die USA, stellt sich die Lage beim Handelsvolumen dar. Hier exportierten Unternehmen aus NRW in 2015 Waren im Wert von rund 12,1 Milliarden Euro, während nur Waren im Wert von 8,3 Milliarden Euro importierten. Diese negative Bilanz findet sich auch im deutsch-amerikanischen Handel; diese lag 2016 bei minus 49 Milliarden US-Dollar. Doch trotz dieser negativen Zahlen setzen die USA und ihre Unternehmen auf deutsches Know-how und Produkte aus NRW. „Wenn Amerika seine Wirtschaft modernisieren will, wird das nicht ohne deutsche Maschinen und Anlagen gehen“, ist sich IHK-Chef Berghausen sicher.

Von Trumps Wirtschaftspolitik profitieren

Von daher ist und bleibt der US-amerikanische Markt eine attraktive Absatzregion für Maschinenbauer aus NRW. Auch bietet der Wirtschaftsplan Trumps mit seinen Investitionsprogrammen in die Infrastruktur und zugunsten US-amerikanischer Unternehmen bzw. Arbeitnehmer vielfältige Möglichkeiten für den hiesigen Mittelstand und hiesige Global Player. Nicht ohne Grund engagieren sich Unternehmen wie ThyssenKrupp oder Evonik in den USA. So hat allein ThyssenKrupp in 2016 rund sieben Milliarden Euro Umsatz mit seinem US-amerikanischen Geschäft erwirtschaftet, während Evonik in den USA auf Shoppingtour war. Die Essener übernahmen dabei für 630 Millionen US-Dollar die Kieselsäure-Sparte Silica von J.M. Huber und für 3,8 Milliarden US-Dollar das Spezialadditiv-Geschäft von Air Products. Einen weiteren Ansatz für gute Geschäfte bietet das Feld der erneuerbaren Energien. Zwar gibt es hier in den USA bislang keine einheitliche Politik im Umgang mit sauberer Energie, doch haben sich bereits 29 der 50 Bundesstaaten anspruchsvolle Ziele gesetzt. So möchte Vermont bis 2032 drei Viertel seiner Energie aus erneuerbaren Quellen gewinnen; Kalifornien hat sich ein Ziel von 50 Prozent bis 2030 gesetzt. Solche Ziele freuen Unternehmen wie Eon. Die Essener gehören zu den weltweit größten Betreibern von Anlagen und Kraftwerken zur Produktion von erneuerbarer Energie. Eon steht dabei auf dem US-Markt mit rund 3.200 Megawatt Leistung für die Hälfte der erzeugten Leistung und hat jüngst mit dem Bau eines neuen Windparks in Illinois begonnen. Eine dritte Möglichkeit für deutsche Unternehmen bietet der private Konsum. Dieser steht in der größten Volkswirtschaft der Welt für rund 70 Prozent des BIP. Der Konsum war dabei in 2016 erfreulich hoch und profitierte vom fallenden Ölpreis. Deutsche Discounter haben das längst erkannt und drängen den Platzhirsch Walmart immer stärker in die Ecke. So betreibt Aldi bereits 1.600 Filialen in den USA und plant, diese Zahl bis Ende 2018 auf 2000 zu erhöhen. Aldis Marktanteil beträgt derzeit zwar nur 1,5 Prozent, der von Walmart liegt bei gut 22 Prozent liegt. Doch während bei den US-Amerikanern das Wachstum mit zwei Prozent mehr oder weniger stagniert, schließt die Konkurrenz aus Deutschland mit 15 Prozent Wachstum allein in 2016 schnell auf. Auch die Neckarsulmer Schwarz-Gruppe hat den US-Markt für ihre Discountersparte Lidl im Visier. Bereits in diesem Sommer möchte das Unternehmen 20 Filialen in den US-Bundesstaaten North und South Carolina sowie in Virginia eröffnen. Bis zum Sommer 2018 sollen dann noch weitere 100 Filialen an der US-Ostküste dazukommen. Der Konsum steht auch abseits des klassischen LEH-Geschäfts für gute Absatzmöglichkeiten, z.B. für qualitativ hochwertige Produkte made, designed oder invented in Germany. Dabei bieten sich für Mittelständler vom Joint Venture über die 100-prozentige Tochter bis zum klassischen Export in die USA vielzählige Möglichkeiten. Für Unternehmen in NRW bleibt zu hoffen, dass die USA trotz des Umbaus in ihrer Außenwirtschaftspolitik dem Prinzip der freien Märkte folgt. „Wir setzen darauf, dass Trump die Vorzüge des Freihandels und offener Märkte erkennt. Das liegt im gegenseitigen Interesse der USA und seiner Wirtschaftspartner, denn kein Land der Welt profitiert so sehr von der Globalisierung wie die USA“, erklärt Wirtschaftsminister Duin. „Wir werden alles tun, um die guten Wirtschaftsbeziehungen fortzusetzen und weiter auszubauen.“

André Sarin | redaktion@regiomanager.de

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