Management

Serie – Finanzierung, Teil 2: Niedrigzinsen nutzen: Nimm die Kohle

Die Zeichen für einen Zinsanstieg mehren sich. Daher sollten Mittelständler – sofern sinnvoll – jetzt zugreifen.

Avatar
von Regiomanager 01.03.2018
Foto: ©kentoh – stock.adobe.com

Noch sind sie rosig, die Zeiten für Mittelständler mit Kapitalbedarf. Für den Kauf der neuen Maschine wird ein Kredit benötigt? Kein Problem. Das Firmengebäude kann nur mit Unterstützung der Hausbank erweitert werden? Aber gern. Kaum ein mittelständischer Unternehmer hätte sich im Krisenjahr 2009 träumen lassen, dass es einmal so leicht sein würde, an Finanzierungen zu kommen. Und dass sich, abgesehen vom klassischen Bankdarlehen, so viele neue Quellen bieten könnten. Die Schrimpf & Schöneberg GmbH & Co. KG mit Sitz in Hagen, die Teil der Unternehmensgruppe Springtec Group ist, hat zunächst, den traditionellen Weg gewählt. „Wir produzieren technische Federn sowie Stanz- und Biegeteile in erster Linie für die Automobilindustrie“, sagt Geschäftsführer Knut Schuster. Zudem ist Springtec darum bemüht, sich ständig weitere Branchen wie die Medizintechnik zu erschließen. Das gelingt, weil das Unternehmen vor drei Jahren kräftig erweitert hat. „Wir haben unsere Produktion um eine 2.500 Quadratmeter große Fertigungshalle ergänzt“, sagt Schuster. Einen Teil der Investition hat Springtec über einen klassischen Bankkredit finanziert. Das historisch niedrige Zinsniveau wertet Schuster als echte Chance für Unternehmen, die über ein gutes Rating verfügen und wachsen möchten. „Man sollte das auf jeden Fall mitnehmen“, rät der Unternehmer. „Investieren muss man genau jetzt.“

Gestiegene Kreditnachfrage

Mit seiner Ansicht ist Schuster ganz offensichtlich nicht allein. So zeigt etwa das „KfW Mittelstandspanel 2017“, dass die Nachfrage mittelständischer Unternehmen nach Krediten für Investitionszwecke im Jahr 2016 erneut gestiegen ist: um zwei Milliarden Euro auf 134 Milliarden Euro, was ein Plus von 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Für Unternehmen mit guter Bonität stehen die Chancen, ein Darlehen von der Hausbank zu erhalten, derzeit auch noch gut. Um das Wachstum in der Eurozone zu steigern und die Inflation anzuheizen, fährt die Europäische Zentralbank (EZB) bereits seit einigen Jahren eine Politik extrem niedriger Zinsen. Banken haben viel Geld zur Verfügung, das sie gern ausreichen würden. Wie lange diese Situation allerdings noch halten wird, ist fraglich. Denn allmählich mehren sich die Signale für einen Zinsanstieg. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat gerade erst ihren Kurs der moderaten Zinserhöhungen fortgesetzt. Die EZB spricht zumindest nicht mehr davon, ihre milliardenschweren Anleihekäufe möglicherweise über September 2018 hinaus auszudehnen. Experten werten dies als Zeichen dafür, dass die Notenbank einen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik vorbereitet. Wer also Investitionen plant, sollte diese nicht auf die lange Bank schieben. Zwar werden die Kosten für Unternehmenskredite nicht von heute auf morgen enorm in die Höhe schnellen. Die Zeit, etwa bei Produktentwicklungen oder Wachstum richtig vom Niedrigzins zu profitieren, könnte aber bald vorbei sein. Doch selbst in der aktuell noch günstigen Lage kommen nicht alle Unternehmen mit guter Bonität an Finanzierungen. Einerseits würden die Banken gern mehr Firmendarlehen vergeben, andererseits werden sie durch eine strengere Regulierung, vor allem durch die schärferen Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften von Basel II und Basel III, daran gehindert. Diese drosseln tendenziell die Vergabe von Finanzierungen an Firmen, deren Rating nicht erstklassig ist. Unternehmen, die in Branchen operieren, die sehr konjunkturabhängig sind oder in der Vergangenheit Krisen erlebt haben, stehen damit vor einem Problem: Selbst wenn ihre Bonität für eine Finanzierung völlig ausreichend wäre, werden sie sozusagen in „Sippenhaft“ genommen. Denn: Banken sind gehalten, die Branche in die Beurteilung der Bonität einfließen zu lassen – was den Zugang zu Krediten erschwert.

Neue Wege beschreiten

Da kommt es gelegen, dass sich seit der Finanzkrise verschiedene Varianten zum klassischen Bankkredit entwickelt haben. Eine Möglichkeit, Fremdkapital aufzunehmen, ist das sogenannte Crowdlending. Dabei stellen Unternehmen auf spezialisierten Online-Plattformen wie Auxmoney, Lendico oder Funding Circle ihre Projekte und ihren Finanzbedarf vor. Können sie genügend Kapitalgeber überzeugen, bildet sich ein „Schwarm“ von Finanzierern – die Crowd, die den Kredit gemeinsam stemmt. „Das Modell gewinnt an Bedeutung und ist auch bei immer mehr Mittelständlern ein Bestandteil des Finanzierungsmixes“, sagt Dirk Schiereck, Professor für Unternehmensfinanzierung an der Technischen Universität Darmstadt. Zwar liegen die Zinsen, die die Crowd sich vorstellt, meist um einiges höher als die Kosten für eine Bankfinanzierung. Dafür sind die Plattformen aber weniger streng reguliert und haben nicht die Pflicht, Rating und Sicherheiten genauestens zu prüfen. Mittelständler mit interessanten Plänen haben daher gute Chancen, schnell und unbürokratisch an Kredite zu kommen. Gerade wenn zusätzlich zu noch laufenden Finanzierungen weiteres Kapital benötigt wird, kann Crowdlending ein guter Weg sein. Die Springtec Group etwa hat so 250.000 Euro eingeworben, um eine vollautomatische Federschleifmaschine  anzuschaffen. Und es gibt weitere Alternativen. Aufgrund gut gefüllter Kassen und in Zeiten extrem niedriger Zinsen sind etwa Family Offices und Private-Equity-Gesellschaften auf der Suche nach guten Anlagezielen. Dabei stehen deutsche Mittelständler schon seit geraumer Zeit im Fokus der Investoren. Wer allerdings keine neuen Gesellschafter in die Firma aufnehmen möchte und daher ausschließlich auf Fremdkapital setzt, kann ebenfalls neue Wege beschreiten. Seit einiger Zeit sind auch in Deutschland sogenannte Private-Debt-Fonds am Markt. Anders als Private-Equity-Häuser vergeben sie über einen Fonds Kredite direkt an Unternehmen. Geldgeber sind meist Pensionskassen oder Versicherungen. Ob Crowdlending, Private Equity oder Kredite über Fonds – eines sollten Mittelständler mit Investitionsplänen nicht außer Acht lassen: Auch die Kosten für die Finanzierungsvarianten zur klassischen Bankfinanzierung werden steigen, sobald die EZB den Leitzins nach oben schraubt. Daher gilt es jetzt, die Niedrigzinsphase noch clever zu nutzen. Andrea Martens | redaktion@regiomanager.de

 

INFO

Kosten drücken, Finanzierung optimieren

Auch wenn sich die Zinsen auf einem historisch niedrigen Niveau bewegen, haben Unternehmen die Möglichkeit, die Kosten für Kredite noch weiter zu senken. Oder aber doch noch an eine Finanzierung zu kommen, die das Rating zunächst nicht hergibt. So geht es:

Gesellschafterdarlehen umwandeln
Zuweilen gewähren Gesellschafter ihren Unternehmen Darlehen, denken jedoch nicht darüber nach, dass diese die Fremdkapitalquote erhöhen und das Rating schwächen. Bevor Firmenchefs mit ihrer Bank über einen Kredit verhandeln, sollten sie überlegen, ob solche Gesellschafter-Finanzierungen nicht in Eigenkapital umgewandelt werden können. Wer die Darlehen beispielsweise geschickt in stille Beteiligungen überführt, stärkt das wirtschaftliche Eigenkapital. Ein Bankkredit wird damit oft günstiger, in manchen Fällen überhaupt erst möglich. Weiterer Pluspunkt: Die Finanzierungskosten können
steuerlich geltend gemacht werden.

Fixen Zins lange festschreiben
Unternehmer sollten sich einen sehr günstigen Zins, den sie von ihrer Bank bekommen, möglichst lange festschreiben lassen. Da die Institute derzeit geradezu einen Run auf stabile Firmenkunden starten, lassen sie über Kreditkonditionen meist gut
mit sich reden.

Sicherheiten zurücknehmen
Wer für einen Kredit Sicherheiten gestellt hat, sollte nach einer gewissen Zeit überprüfen, ob diese nicht bereits wieder frei sind. Immerhin ist nach einigen Jahren ein Teil der Finanzierung getilgt.

Teilen:

Weitere Inhalte der Serie
Newsletter abonnieren

Newsletter abonnieren und Brancheninfos erhalten

Datenschutz*