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„Strukturwandel von innen heraus“

Ein Interview mit Dr. Heiner Kleinschneider, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Borken mbH

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von Regiomanager 01.01.2018
Dr. Heiner Kleinschneider, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Borken mbH

MLM: Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere am und im Kreis Borken?

Dr. Heiner Kleinschneider: Der Kreis Borken hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Waren hier früher Landwirtschaft und Textilindustrie die strukturprägenden Wirtschaftskräfte, sind dies heute viele kleine und mittlere Unternehmen aus vielfältigen Branchen, darunter auch eine ganze Reihe von Europa- oder Weltmarktführern in Spezialbereichen und Marktnischen. Es gab hier einen großen Strukturwandel, der jedoch im Vergleich zu den Veränderungen im Ruhrgebiet eher im Stillen vor sich ging.

MLM: Woran liegt es, dass dieser Strukturwandel nicht so bekannt ist?

Dr. Heiner Kleinschneider: Das hat viele Ursachen, ein Hauptgrund ist, dass der Strukturwandel in erster Linie von innen heraus kam und nicht durch die Ansiedlung großer Unternehmen erfolgte. Wir haben viele Firmen, die mit ein oder zwei Mitarbeitern angefangen haben und heute mit 20, 30 oder sogar hunderten Beschäftigten auf internationalen Märkten agieren.

MLM: Welchen Anteil hat die Wirtschaftsförderung des Kreises Borken daran?

Dr. Heiner Kleinschneider: Wir können natürlich nur unterstützen, beraten, anstoßen und manchmal auch motivieren, außerdem noch Infrastruktur fördern, aber keine Unternehmen finanzieren oder gründen. In den 50 Jahren unserer Tätigkeit haben wir da einen ganz ordentlichen Job gemacht, denke ich. Und das hat sich herumgesprochen, so haben wir 2012 von der Oskar-Patzelt-Stiftung den Preis für die beste Wirtschaftsförderung bundesweit bekommen.

MLM: Wie sieht Ihre Unterstützung konkret aus?

Dr. Heiner Kleinschneider: Die Arbeit ist vielfältig, wir beraten Gründer, aber auch Betriebe, die sich neu aufstellen müssen oder wollen. Wir waren die erste Wirtschaftsförderung in NRW, die vor 32 Jahren einen Ingenieur für die Förderung und Begleitung innovativer Projekte einstellte. Auch hier beraten und vernetzen wir. Da arbeiten wir mit Hochschulen zusammen, allen voran natürlich mit der Westfälischen Hochschule in Bocholt, aber auch mit anderen Hochschulen und Einrichtungen.

MLM: Sie sprachen davon, die Infrastruktur zu beeinflussen. Haben Sie ein Beispiel dafür?

Dr. Heiner Kleinschneider: Es gibt viele Beispiele, aber eines liegt uns besonders am Herzen und da sind wir auch weit vorn mit unserer Idee. Da der Kreis Borken geprägt ist von großen Entfernungen zwischen den Orten, waren wir beim Ausbau des Glasfasernetzes für die Anbieter der Breitbandtechnik zunächst wenig interessant. Um dies als Standortnachteil zu vermeiden, sind wir als Kreis selbst aktiv geworden und haben auf unsere Kosten Leerrohre verlegt und an die Breitbandanbieter vermietet. Dadurch haben wir heute teilweise eine bessere Netzanbindung als Städte und große Wirtschaftszentren.

MLM: In diesem Jahr wird die Wirtschaftsförderungsgesellschaft 50 Jahre alt. Was hat sich in dieser Zeit getan?

Dr. Heiner Kleinschneider: Die größten Veränderungen betreffen die Struktur des Kreises. Die Wirtschaftsförderung wurde 1968 für den Landkreis Ahaus gegründet, der bei der Kreisreform 1975, wie auch die Stadt Bocholt, mit dem Kreis Borken zusammengelegt wurde. Ein großer Glücksfall für den Kreis als Grenzregion war sicher die Einführung der Europäischen Union und die Öffnung der Grenzen im Schengen-Raum. Durch die Globalisierung finden sich heute Unternehmen aus dem Kreis Borken auf Märkten und Messen in der ganzen Welt. Aus einer Region der Textilindustrie und Landwirtschaft ist eine wirtschaftlich stark aufgestellte zukunftsorientierte Region geworden.

Dr. Birgit Ebbert | redaktion@regiomanager.de

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