Management

Was ist mein Unternehmen wert?

Wie viel Geld kann bei einem Verkauf erzielt werden? Welche Möglichkeiten der Bewertung gibt es überhaupt? Infos zu einem heiklen Thema.

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von Regiomanager 01.05.2018
Foto: ©peshkova – stock.adobe.com

Es ist die Gretchenfrage, die sich jeder Unternehmer wohl irgendwann einmal stellt: Was ist meine Firma eigentlich wert? Konkrete Anlässe für die Auseinandersetzung mit diesem Thema – und für eine sich daran anschließende Unternehmensberatung – gibt es einige. „Eine Unternehmensbewertung kann unter anderem durch Gesetz, etwa unter steuerlichen Gesichtspunkten im Erb- oder Schenkungsfall, oder durch Vertrag, zum Beispiel bei Gesellschafterwechsel, veranlasst werden“, sagt Reinhard Feuerherdt, Mitglied der Fachgruppe Unternehmensbewertung im Bundesverband „Die KMU-Berater“. Auch unternehmerische Initiativen wie der Kauf oder Verkauf von Unternehmen sowie neues Eigen- bzw. Fremdkapital könnten Gründe für diesen Schritt sein. „Unternehmer müssen ihn zwangsläufig machen, wenn sie sich mit der Gestaltung der Nachfolge auseinandersetzen.“ 

Wichtig: Lösungen
ohne Zeitdruck

Um sinnvolle Lösungen ohne Zeitdruck für das Thema Nachfolge zu finden, sollten sich Unternehmer möglichst früh damit beschäftigen. „Spätestens ab dem 50. Lebensjahr“, rät Harald Patt, Vizepräsident des Steuerberater-Verbandes Köln. „Zumindest aber sollte ein Notfallplan erarbeitet werden: für Krankheits-, Unfall- und Todesfälle.“ Am Anfang müssten die folgenden Fragen möglichst präzise beantwortet werden: Warum? Was? Wann? Wie? An wen? „Erst die entsprechenden Antworten erlauben es, einen Fall individuell zu analysieren und zu bewerten.“ Als meist enger Vertrauter und langjähriger Begleiter des Unternehmers sei der Steuerberater der erste und richtige Ansprechpartner.

Unternehmensberater Feuerherdt kennt die Herausforderungen für seine Branche bei dem sensiblen Thema des Unternehmenswertes: Seiner Aussage nach bestehen laut Umfragen bei etwa 40 bis 70 Prozent der Verkäufer unrealistische Vorstellungen. „Das Verständnis, dass es nicht nur einen Wert für ein Unternehmen gibt, ist wohl am schwersten zu vermitteln.“ Maßgebend sei der Anlass für die Bewertung. Aus diesem ergäben sich unterschiedliche Werte, die zu ermitteln seien. So habe ein Bewerter in der Funktion eines neutralen Gutachters, etwa bei Gerichtsverfahren, nach herrschender Meinung einen sogenannten objektivierten Wert zu ermitteln. „Dieser Gutachter berechnet einen Wert für das Unternehmen, ohne die Wertvorstellungen der Parteien zu berücksichtigen.“ Ein Bewerter in der Beratungsfunktion, also beispielsweise zur Ermittlung eines Ausgangswertes für Kaufverhandlungen, wird dagegen einen subjektiven Wert ermitteln. „Hierbei können individuelle Vorstellungen der beteiligten Parteien über Preisobergrenze oder Preisuntergrenze berücksichtigt werden.“ Als Grundlage nennt der Berater Vorgehensweisen, die das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. im sogenannten „Standard IDW S1“ empfiehlt. Oftmals würden Bewertungen bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zwar in Anlehnung an das IDW S1 ermittelt, jedoch in stark verkürzter Form bzw. mit Abweichungen bei einzelnen Vorgehensweisen.

Unterschied zwischen
Preis und Wert

Wichtig sei die Unterscheidung zwischen Wert und Preis eines Unternehmens. Reinhard Feuerherdt: „Der Wert eines Unternehmens ist das Ergebnis eines methodisch nachvollziehbaren Vorgehens. Der Preis eines Unternehmens ist das Ergebnis eines taktischen Vorgehens, der Preisverhandlung.“ Die Schwierigkeit sei der in der Regel nicht existierende Markt für die Veräußerung kleiner und mittlerer Unternehmen. „Deshalb ist letztlich der Preis maßgebend, den jemand für ein Unternehmen zu zahlen bereit ist.“

Nach Feuerherdts Erfahrung liegt oft eine Vermischung von Privat- und Betriebsvermögen vor, was im Vorfeld sauber getrennt werden sollte. Ein weiterer wichtiger Faktor sind die im Unternehmen arbeitenden Familienangehörigen. „Werden sie marktgerecht bezahlt? Das betrifft auch den Unternehmer.“ Im Rahmen einer Bewertung sei individuell zu prüfen, was ein angemessener marktüblicher Unternehmerlohn für das Unternehmen wäre. „Letztlich muss der Erfolg eines Unternehmens richtig dargestellt werden. Weiter sollte der Unternehmer realistische Planungsrechnungen erstellen.“ Nach herrschender Meinung sei der zukünftige Erfolg eines Unternehmens maßgebend. Bei dem Ertragswertverfahren wird der Wert eines Unternehmens aus seinen zukünftig den Eigentümern zufließenden finanziellen Überschüssen ermittelt. Diese werden dann im Barwertverfahren auf den Bewertungsstichtag abgezinst. In der Praxis würden oft Vergleichs- bzw. Multiplikator-Verfahren angewendet. „Diese sind bei KMU mit großer Vorsicht zu betrachten. In der Regel handelt es sich um Werte, die nur eingeschränkt auf das Unternehmen übertragen werden können.“ Heißt: Zur Plausibilisierung können sie herangezogen werden, eine Bewertung aber nicht ersetzen. 

Was ist steuerlich
zu beachten?

Harald Patt hebt die steuerlichen Aspekte bei der Unternehmensnachfolge hervor: „Um die Steuerlast des Verkäufers zu reduzieren, sollten insbesondere Veräußerungsgewinn, Anpassungsklauseln und Zahlungsplan untersucht werden. Um eine Steuerminderung für den Käufer zu erzielen, ist die Analyse von Anschaffungskosten, Abschreibungen, Finanzierungskosten und eventuellen Verlustvorträgen notwendig.“ Zu den in dieser Hinsicht relevanten Details gehörten u. a. Grund und Boden, Anforderungen der Bank, Unterbeteiligung, Kaufpreis-Modalitäten und Fördermittel. „Wie gehe ich mit der Steuerwirkung aus der Transaktion um: der Steuerlast des Verkäufers, dem Veräußerungsgewinn, Anpassungsklauseln, Zahlungsplan und der Steuerminderung des Käufers durch Anpassungskosten, Abschreibungen, Finanzierungskosten und Verlustvorträgen?“ Alle diese Fragen seien zu berücksichtigen. 

Umso wichtiger sei es, genügend Zeit zu haben. „Unter Zeitdruck werden selten optimale Lösungen gefunden, und für den gesamten Prozess der Übernahme müssen durchaus einige Jahre eingeplant werden“, betont der Vizepräsident des Steuerberater-Verbandes Köln. Leider seien viele deutsche Unternehmen aus seiner Sicht nicht ausreichend sensibilisiert, was den Themenkomplex Unternehmensbewertung und Nachfolge angeht. „Es wird von den betroffenen Unternehmern nur allzu gerne weggeschoben oder verdrängt. Daher erfordert es von allen Beteiligten ein Höchstmaß an Sensibilität.“ Daniel Boss | redaktion@niederrhein-manager.de

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